Ich habe schon im 6ten Bande der Biologie (S. 245)
die Vermuthung geäussert, beim Schellfisch seyen die
Geschmackswerkzeuge zwei sehr weiche und blutreiche
Theile am Eingänge des Schlundes, worin ich zwar
keine Nervenwärzchen, doch auch keinen drüsigen Bau
fand, und zu welchem Zweige des Nerven gehen, der
bei den Fischen die Stelle des Glossopharyngäus vertritt.
Aehnliche Organe finden sich bei den Karpfen, und
E. H. Weber’s Untersuchungen derselben führen ebenfalls
auf den Schlufs, dafs diese nicht nur wegen ihres
Baus, sondern auch wegen ihres Vermögens, gleich den
Zungenwärzchen zu turgesciren, Geschmackswerkzeuge
sind.*) Als Tastorgane würden sie am Eingänge des
Schlundes ohne Zweck seyn. Zum Schmecken können
sie aber an dieser Stelle dienen, zu welcher die Speisen
zerrieben durch die Schlundknochen gelangen.
Was kein Fisch mit den höhern Thieren gemein hat,
eine bewegliche und der Ausstreckung fähige Zunge,
ist wieder vielen wirbellosen Thieren eigen. Für diese
gilt aber die nehmliche Regel, die für die Amphibien
gültig ist: dafs nur eine Zunge, die nicht hervorgestreckt
werden und zum Ergreifen oder Sondiren
dienen kann, für den Geschmack organisirt ist. Alle
auf dem Bauch kriechende Mollusken haben eine Zunge,
die manche weit aus dem Munde hervorstrecken, die
aber steif und hart ist. Dagegen ist die Zunge der
Hymenopteren zwar auch beweglich, aber weder zum
Ausstrecl^en, noch zum Ergreifen der Nahrungsmittel
gebildet, dabei weich, gleich vor dem Eingang des
M e c k e l’s Archiv für Anat. und Physiol. 1837. 8. 809.
Schlundes liegend, und feucht von vielem Speichel, so
oft sich dieser aus dem grofsen Apparat von speichelabsondernden
Gefäfsen jener Insecten ergiefst. Es ist
möglich, dafs die erwähnten Mollusken den Sinn des
Geschmacks besitzen. Dieser mufs aber, wenn sie damit
versehen sind, in einem andern Theil des Mundes als
der Zunge seinen Sitz haben. Von den Hymenopteren
zeigen viele eine, mit dem Geschmack des Menschen
so übereinstimmende Auswahl in ihren Nahrungsmitteln,
z. B. die Wespen und Hornissen beim Nachgehen nach
den reifsten und süfsesten Früchten, dafs sie wirklich
den Geschmacksinn besitzen müssen. Bei ihnen ist
es überflüssig, ihn in einem andern Organ als der
Zunge anzunehmen. An diesem Theil kann selbst ein
Thier, das von andern Seiten eine sehr niedrige Bildungsstufe
einnimmt, der Erdregenwurm, noch ein
Geschmacksorgan haben. Den Schlund desselben um-
giebt eine körnige Masse, die aus Abfonderungsdriisen
einer speichelartigen Flüssigkeit zu bestehen scheint,
und auf der Rückenseite liegt in einer Vertiefung des
Schlundes eine weiche, fleischige Zunge, die an den
Rändern mit dem Umfang der Vertiefung zusammenhängt,
daher keiner Ausstreckung fähig und nicht zu
einem Tastorgan geeignet ist.
Nach dem bisher Gesagten ist also nur mit gewissen,
nicht mit allen Formen der thierischen Organisation
der Sinn des Geschmacks verbunden. Es läfst
sich nicht dagegen einwenden : die Stillung des Hungers,
wobei doch gewifs allé Thiere ein angenehmes Gefühl
haben, müsse immer von einem Schmecken begleitet seyn.
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