freilich diese auch auf den Eintritt des natürlichen
Todes, wie auf die Art der Entwickelung des Lebens,
mittelbar Einflufs. Bei vielen Pflanzen und niedern
Thieren steht jener mit der Ausübung des Zeugungsgeschäfts
in naher Beziehung. Im Allgemeinen gilt
der Satz: Dafs bei Gleichheit der Constitution alle
intensive Erhöhung der Lebensthätigkeit die Extension
des Lebens verkürzt. Hierbei ist aber die Constitution
immer zu berücksichtigen. Bei einer starkem Constitution
kann ein sehr reges Leben länger dauern, als
bei einer schwächern ein weniger bewegtes.
Man hat gesagt: „Die Thatsache des nothwen-
„digen Todes sey eine Widerlegung der spiritualisti-
„ sehen Ansicht des Lebens; das Geistige sey seinem
„Wesen nach einig und innerlich, mithin sich selbst
„bestimmend, frei und unbedingt; wenn nun das Leben
„die Wirkung des Geistigen wäre, so könne es nicht
„den Grund seines Endes enthalten, denn das Freie
„könne nur sich selbst setzen, nicht sich vernichten,
„und wenn die Selbsterhaltung auf einem unbedingten
„Grund beruhe, so müsse sie auch ewig seyn.” *)
Aber wie kann man ein einzelnes geistiges Wesen,
das in irgend einer Form des irdischen Lebens wirkt,
für absolut frei und unbedingt ansehen ? Ist nicht jedes
Wort überflüssig, das zur Widerlegung einer solchen
Annahme ausgesprochen wird?
Der zufällige Tod ist aber auch nur zufällig für
das Individuum, nicht für die ganze Natur. Es läfst
sich dieser Satz zwar direct nur von dem mensch*)
Burdach’ s Physiologie als Erfahrungswissenschaft. B. 3.
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liehen Geschlechte, und auch von diesem bisjetzt nur
aus den.Sterbelisten einiger der civilisirtesten Gegenden
Europa’s beweisen, aus welchen sich ergiebt, dafs für
gröfsere Länder dié Zahl der Todesfälle sich gegen
die der Geburten im Ganzen immer gleich bleibt, was
auch für zufällige Ereignisse auf die Menschen wirken
mögen. Ständen aber nicht alle übrige lebende Wesen
ebenfalls unter.diesem Gesetz, so würde sich bald ein
Verschwinden ganzer Arten zeigen müssen. Es giebt
nun freilich ein Steigen und Sinken in der jährlichen
Zahl der Individuen jeder Art. Allein es hat entweder
das eine gegen das andere ein solches Verhältnifs,
dafs beide in einer Reihe von mehrern Jahren einander
ansgleichen, oder es tritt ein ungewöhnlich hohes
Steigen nur auf kurze Zeit, unter sehr selten wiederkehrenden
Umständen und ohne Folgen für die Zukunft
ein. So wurden die Kieferwaldungen der Gegenden um
Nürnberg im Jahr 1725, und dann erst wieder 1783
vom Raupenfrafs verheert. In der Zwischenzeit von
58 Jahren bemerkte man nicht eine Spur des verwüstenden
Insects. *) Hiermit ist indefs nicht ein für
alle Zeiten unveränderliches Bestehen eines und desselben
Grades der Sterblichkeit in jeder Art behauptet.
Die Tausende von Thier- und Pflanzenarten der Vorwelt,
deren Ueberbleibsel in den verschiedenen Erdschichten
begraben liegen, verschwanden schwerlich
alle plötzlich. Selbst noch in neuern Zeiten ging
eine Vogelart, der Dronte (Didus ineptus) durch all-
mähliges Aussterben unter. So werden vielleicht noch
manche Arten der jetzigen lebenden Wesen nach Jahr-
lio sc lig e im Naturforscher. St. 31. S. 37.