welche die zu der Umwandelung erforderliche Veränderung
der chemischen Elemente des Organischen
oft schon blos durch Abänderungen der chemischen
Vorgänge bei dem Athemhohlen und der Hautausdünstung
erreichen kann. Alle Anwendung von Heilmitteln
war indefs von jeher ein unsicherer, oft ein
schädlicher Versuch, und wird immer ein solcher
bleiben, weil auch bei der sichersten Theorie kein
menschlicher Scharfblick in jedem individuellen Fall
die Krankheit gleich anfangs, wo sie oft allein heilbar
ist, ihrem Wesen nach wird erkennen, die Symptome
derselben von denen* die Wirkungen heilsamer Bestrebungen
der Natur sind, genau unterscheiden und
die Gränzen des Thuns und Lassens fest bestimmen
können.
In den verschiedenen organischen Reichep äussert
sich die Heilkraft der Natur auf verschiedene Weise.
Bei den Gewächsen und den niedern Thieren ist sie
mehr örtlichen als allgemeinen Krankheiten gewachsen.
Die Pflanze treibt für Einen beschädigten Ast viele
neue. Sie stirbt aber, wenn nach warmen Tagen ein
scharfer Nachtfrost sie trifft und sie gleich nachher
von der Sonne beschienen wird. Das Reproductions-
vermögen ist eben so stark, nur anders modificirt,
bei den mehresten Zoophyten, den Würmern, den
Mollusken, und selbst noch bei vielen Ihsecten als
bei den Pflanzen. Manchen dieser Thiere kostet es
weniger, ganze Gliedmaafsen als einzelne Theile derselben
zu ersetzen. Die Krebse und Spinnen werfen
beschädigte Beine ganz weg und erzeugen dafür neue. *)
Aber die mehresten dieser Thiere haben dagegen, wie
die meisten Pflanzen, ein weit geringeres Vermögen, sich
den atmosphärischen Einflüssen verschiedener Gegenden
anzuschmiegen, als der Mensch und als viele der
höhern Thiere. Sie sind nur gesund in ihrem, meist
sehr beschränkten Vaterlande und werden nie, sich
selber überlassen, in fremden Climaten einheimisch.
Bei dem Menschen und den höheren Thieren ist das
Reproductionsvermögen von geringerer, hingegen das
Gewöhnungsvermögen von höherer Stärke, und deswegen
überwinden sie äussere, locale Krankheiten
weniger leicht, hingegen innere, allgemeine leichter
als die niedern Thiere und als die Pflanzen.
Diese allgemeinen Sätze erleiden freilich im Einzelnen
manche Einschränkung. Allein wenn man ganze
Classen von organischen Wesen in Beziehung auf
gewisse Puncte mit einander vergleicht, so sind die
Arten auszuwählen, die in Betreff dieser Puncte die
Extreme ausmachen. So giebt es allerdings unter den
niedern Thieren einige Arten, die z. B. eine strengere
Kälte ihrer Gesundheit unbeschadet aushalten, als viele
Säugthiere. Manche Raupen können gefrieren und
wieder aufthauen, ohne darunter zu leiden. Aber diese
Insecten halten doch nicht den langen Winter der Eiszone
aus, in welcher sich der Eisbär bei einer Kälte,
die das Quecksilber gefrieren macht, wohl befindet.
*) C. H e in ek en , Zoolog. Journ. Vol. 4. p. 422.
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