Da bei dem Flug dieser Thiere die Luft, die sie vor
sich her treiben, von jedem Körper, dem sie entgegen-
kommen, wider sie zurückgetrieben werden mufs, so
folgt, und mit dieser Folgerung stimmen R e n g g e r’s
Erfahrungen überein,*) dafs jene Organisation ihnen
dient, ihren Flug zu lenken, und so lassen sich hieraus
S p a llan z an i’s Erfahrungen an Fledermäusen erklären,
die geblendet und mit verstopften Ohren beim Fliegen
im Finstern doch den, ihnen entgegenstehenden Gegenständen
auswichen.
Vermittelst der Hautnerven empfinden alle Thiere,
bei welchen diese Nerven nicht unter sehr harten
Bedeckungen liegen, auch jeden andern mechanischen
Eindruck. Die Empfindung ist jedoch nur subjectiv,
wenn nicht die Haut, unter welcher sich die Nerven
verbreiten, einem Theil angehört, wodurch ein willkürliches
Wirken auf den Körper, der den Eindruck
verursacht, möglich ist. Ein so organisirter Theil ist
ein Tastorgan. Er kann aber als solcher auf verschiedene
Art wirken. Die einfachste Weise des Tastens
ist durch Sondiren. Die Fühlfäden vieler Zoophyten,
Anneliden und Mollusken, die Fühlhörner und Palpen
mehrerer Insecten, der nervenreiche Schnabel der Enten
und mancher anderer Wasservögel, die Zunge der
meisten Vögel sind »Sonden. Sie sind als solche bei
*) „Blendet man eine Blattnase, und das nur indem man das
„Zimmer hell beleuchtet oder ihr die Augen mit englischem Taflet
„bedeckt, und schneidet ihr die Hautforcsätze auf der Nase und
„die Ohren ab, so stöfst sie beim Herumfliegen nicht selten gegen
„die Wände oder sonst gegen einen Gegenstand an.u R e n g g e r ’s
Naturgeschichte der Säugthiere von Paraguay. S. 71.
den wirbellosen Thieren irrimer am Kopfe angebracht
und erhalten ihre Nerven unmittelbur vom Hirnringe.
Ihnen ähnliche Organe befinden sich zwar auch an
andern Stellen, bei den Insecten überhaupt besonders
am After, und bei denen Gentrotusarten, die F a b ric iu s
unter die Abtheilung Thorace spinoso gebracht hat,
in der Gestalt von sonderbaren, zum Theil mehrfach
gespaltenen und am Ende mit einer Kugel besetzten
Stielen am Thorax. *) Aber durch diese Theile ist
entweder nur ein beschränktes, oder gar kein wili_
kührliches Betasten möglich. Der Antennen sieht man
vorzüglich die Ichneumoniden sich zum Sondiren bedienen.
Die Pimpla Manifestator F. betastet mit ihren
Fühlhörnern, die immerfort in Bewegung sind, die
Oerter, wo sie Larven wittert, in denen sie ihre Eier
absetzen kann.* **)
Manche Gattungen der obigen Thiere können auch
vermittelst dieser Tastwerkzeuge, indem dieselben der
willkührlichen Ausstreckung und Zurückziehung fähig
sind, die Entfernung der dadurch berührten Gegenstände
von ihrem Körper messen und darnach, beim
Erhaschen ihrer Beute durch einen »Sprung, den hierzu
nöthigen Kraftaufwand einrichten. Die Fühlhörner des
Cerascopus marginatus, einer Wanzenart auf Madera,
sind immer in langsamer Bewegung auf und nieder,
und werden von dem Thier gebraucht, sowohl um
Man vergl. unter andern die Abbildungen dieser Organe von
Centrotus Claviger und globularis in S t o l l ’s Afbeeldingen en Be-
schryvingen der Cicaden en Wantzen. PI. 21. F. 115. PI. 28. F. 163.
**) Marsham, Transact, of the Linn. Society. Vol. III. p. 36.