Hiervon giebt es freilich bei einzelnen Familien
Ausnahmen. Das Gehirn der Delphine kömmt nächst
dem der Affen mit dem menschlichen mehr als das
Gehirn eines der übrigen Thiere, sowohl in der Gestalt
als im Verhältnifs der Theile überein.*) Und
doch sind bei diesen Seethieren die Organe der will-
kührlichen Bewegung überhaupt, und besonders auch
die der Sprache, höchst unvollkommen gebildet. Sie
haben überdies nur Rudimente von Riechnerven. Dagegen
besitzen die übrigen Säugthiere und selbst die,
bei welchen das Gehirn am wenigsten ausgebildet ist,
ähnliche Sprachorgane wie der Mensch, ohne sich
dieser Werkzeuge zu etwas mehr als zur Hervorbringung
einfacher Töne bedienen zu können. Wie hier
grofse Mittel zu einem kleinen Zweck vorhanden zu
seyn scheinen, so könnte auch im Bau des Gehirns
Manches als Folge gewisser allgemeiner Bildungsgesetze
erzeugt seyn, ohne bei jedem Thier, wobei
sich dasselbe findet, eine wichtige Beziehung zu haben,
und dafs dies wirklich sich so verhalte, Hesse sich aus
dem Beispiel der Delphine folgern. Wäre dies aber
der Fall, so würden alle Schlüsse von der Structur
des Gehirns auf dessen Verrichtung dadurch sehr unsicher
gemacht. Indefs, es kann sich damit nicht so
verhalten. Wo ein Thier gewisse Theile nur in Folge
von Bildungsgesetzen hat, ohne sie als wirkliche Organe
benutzen zu können, da sind diese immer nur als Rudimente
vorhanden. Von solcher Art sind nicht die
Sprachwerkzeuge der Affen und der vierfüfsigen Thiere.
*) Tiedemann in der Zeitschrift für Physiol. ß. 3. S. 351.
Diese bedienen sich derselben zu wichtigen Zwecken,
zur Hervorbringung gewisser, ihren Gefühlen und Affecten
entsprechender Töne, die in andern Thieren,
besonders ihrer Art, ähnliche oder entgegengesetzte Gefühle
und Gemüthsbewegungen unmittelbar bewirken.*)
Dafs sie nicht vermittelst jener Organe sprechen können,
liegt zunächst mit an der unvollkommmenen Organisation
ihres Gehirns. Wenn bei den Delphinen dieses Eingeweide
vollkommener organisirt ist als bei vielen von
ihnen, und doch denselben die Sprachwerkzeuge fehlen,
so läfst sich der Grund darin suchen, weil das Delphingehirn
nur von denen Seiten, die mit dem Vermögen,
Töne und Laute hervorzubringen, nichts gemein haben,
nicht aber von denen, auf welchen dieses Vermögen
beruhet, eine höhere Bildung hat.
In derselben Folge, worin die relative Gröfse des
Gehirns bei den Wirbelthieren wächst, mehrt sich
auch die Zahl der innern ungleichartigen Theile desselben,
und zugleich treten diese mit einander in immer
engere Verbindung. Im Gehirn der Knorpelfische lassen
sich kaum erst Spuren von Kernorganen unterscheiden.
Bei den Gräthenfischen und den Amphibien sind diese
vorhanden. Aber die der vordem Hemisphären stehen
in keiner Verbindung mit denen der hintern als blos
durch den Hirnstamm. Bei den Vögeln rücken die
Kernorgane näher zusammen. Sie liegen aber noch
nicht unter einer einzigen, ungetheilten Haube, von
*) Erfahrungen zum Beweise dieser Einwirkungen finden sich
in einem Aufsatze Du reau de la M a lle ’s über die Entwickelung
der Geisteskräfte der Thiere. Annales des sq. natur. T. XXII. p; 415.
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