
nicht genügend festgestellt ist. Sie selbst sind überzeugt, dass ihre V o r fahren
immer dort gehaust haben. Sie sind es, die nach dem Urtheil der
Pfarrer von Camarines die Bicolsprache am reinsten sprechen (s., S. 120).
Ihre Sitten und Gebräuche sind in vielen Punkten denen, welche die
Spanier bei ihrer Ankunft vorfanden, sehr ähnlich, andererseits erinnern
sie vielfach an diejenigen, welche noch heut bei den Dayaks in Borneo herrschen.
[92] Diese Umstände lassen vermuthen, dass sie der letzte Rest eines
Stammes seien, der seine Unabhängigkeit gegen die spanische Herrschaft
und wahrscheinlich auch gegen die kleinen Tyrannen behauptet hat, die
vor Ankunft der Europäer in der Ebene herrschten. A ls Juan de Salcedo
seinen Siegeszug um das nördliche Luzon unternahm (s. unten), fand er
überall an den Flussmündungen seefahrende, unter vielen Häuptlingen
lebende Völkerschaften, die nach kurzem K ampf der höhern Mannszucht
und besseren Bewaffnung der Spanier erlagen oder sich freiwillig der überlegneren
Rasse unterwarfen; es gelang ihm aber nicht, die unabhängigen
Stämme im Innern zu besiegen. Noch heut giebt es solche auf allen grösseren
Inseln der Philippinen-Gruppe.
Aehnliche Zustände findet man vieler Orten im indischen A r ch ip e l:
die Handel und Seeraub treibenden Malayen besitzen das Gestade, dort
herrscht auch ihre Sprach e ; die Eingeborenen sind von ihnen unterjocht
oder in die Wälder gedrängt, deren Unzugänglichkeit ihnen ein kümmerliches
aber unabhängiges Leben sichert. [93]
Um den Widerstand der wilden Stämme zu brechen, verbot die spanische
Regierung ihren Unterthanen bei Strafe von 100 Schlägen und zwei
Jahr Zwangsarbeit, »Handel zu treiben und Umgang zu pflegen mit den
Heiden in den Bergen, die seiner katholischen Majestät keinen Tribut zahlen
; denn wenn diese ihr Gold, Wachs u. s. W. gegen andere Bedürfnisse
austauschen können, so werden sie sich nie bekehren.«*) Vielleicht hat
gerade dies Gesetz dazu beigetragen, die Wild en , trotz ihrer geringen
K op fzah l, Jahrhunderte lang vor gänzlicher Ausrottung zu schützen; denn
freier Verkehr zwischen einem V o lk e auf der Stufe des.Acke rb aus und
*) Leg. ult. I. 256 §. 75.
92) Ein von einem erschlagenen Ygorroten herrührender Schädel hat nach Prof. Virchow’s
Untersuchung eine gewisse Aehnlichkeit mit Malayen-Schädeln von den benachbarten Sunda-
inseln, namentlich mit Dayakschädeln.
93) Pigafetta fand Amboina von Mohren (Muhamedanem) und Heiden bewohnt »aber
die ersten sitzen am Seegestäde, die zweiten im Innern«. Im Hafen von Brune (Borneo) sah
er zwei Städte, eine von Mohren, und eine, grösser als jene und ganz in Salzwasser stehend,
von Heiden bewohnt. Wie der Herausgeber bemerkt, fand Sonnerat später (Voy. aux Indes)
dass die Heiden vom Meer verdrängt, sich in die Berge zurückgezogen hatten.
einem, das hauptsächlich von der Jagd lebt, führt häufig zur Vernichtung
des letzteren.
Dennoch hat die Zahl der Ygorroten des Y sarog sehr abgenommen
.durch Todtschlägereien zwischen den einzelnen Ranchos, und durch die
Raubzüge, welche bis vor Kurzem die Steuerbeamten alljährlich im Interesse
des Regierungsmonopols gegen die Tabakfelder der Ygorroten unternahmen.
Einzelne sind auch »pazifizirt« (zu Christenthum und Tribut bekehrt
worden), in welchem Falle sie sich in kleinen Weilern mit zerstreuten Hütten
niederlassen müssen, wo sie gelegentlich vom Geistlichen des nächsten Ortes
besucht werden können. Um ihnen den U ebertritt zu erleichtern, werden
von dergleichen neugewonnenen Unterthanen eine Zeitlang geringere S teu -
,ern erhoben.
Ich hatte die Besteigung des Berges auf den Eintritt der trockenen
Jahreszeit verschoben, erfuhr aber in Naga, dass mein Wunsch dann kaum
ausführbar sein dürfte, weil um diese Zeit die schon erwähnten E xp editionen
gegen die Ranchos des Berges stattzufinden pflegen. D a die Wilden
nicht begreifen konnten, warum sie nicht auf ihrem eigenen Felde eine
ihnen zum Bedürfniss gewordene Pflanze bauen sollten, so sahen sie in den
C u a d r i l l e r o s nicht Beamte eines zivilisirten Staates, sondern Räuber,
gegen welche sie sich nach Kräften wehren mussten, und das Auftreten dieser
trug nicht wenig dazu b e i , jene in ihrem Irrthum zu bestärken; denn
sie begnügten sich nicht die Tabakpflanzungen zu zerstören; die Hütten
wurden niedergebrannt, die Fruchtbäume umgehauen, die Felder verwüstet.
Solche Raubzüge gingen nie ohne Blutvergiessen ab und arteten oft in
einen kleinen K r ieg au s , der dann von den Bergbewohnern noch lange
nachher, auch gegen ganz unbetheiligte Personen, Indier und Europäer,
fortgesetzt wurde. Anfangs April sollte die diesjährige Expedition statt—
finden; die Ygorroten waren daher in grösser Aufregung und hatten einige
T a g e vorher einen jungen wehrlosen Spanier in der Nähe von Mabotoboto,
am Fuss des Berges, ermordet, indem sie ihn mit einem vergifteten Pfeil zu
Boden streckten, und ihm dann noch 21 Wunden mit dem Waldmesser
beibrachten.
Glücklicher Weise traf bald darauf ein Gegenbefehl von Manila ein,
wo man sich allmälig von der Schädlichkeit solcher Gewaltmassregeln überzeugt
zu haben schien. E s war nicht zu zweifeln, dass diese Nachricht sich
schnell unter den Ranchos verbreiten würde und auf den Rath des K ommandanten,
dem sehr gegen seine Neigung die Führung des Zuges zugefallen
sein, würde, zögerte ich nicht, die zu erwartende günstige Stimmung
für meine Zwecke zu benutzen. In der neuesten Zeit hat die Regierung das