
ZEHNTES KAPITEL
CACAO. — KAFFEE. — KIRCHWEIHFEST. — LEBEN IN DARAGA.
EK in herabspringender Stein hatte mich auf dem Mayon so erheblich am
> Fusse verletzt, dass ich über einen Monat nicht ausgehn konnte. Unter
solchen Umständen war es sehr angenehm eine geräumige bequeme
Wohnung zu haben. Mein Häuschen lag an einem klaren Bach von einem
Garten umgeben, in welchem Kaffee, Cacao, Orangen, Bananen, Papayas
in üppiger Fülle zwischen hohem Unkraut wuchsen. Viele überreife C acao-
früchte waren unbenutzt abgefallen, ich Hess die reifen sammeln, rösten
und mit gleicher Menge Zucker zu Chocolade verarbeiten, eine Kunst, die
hier in jeder grösseren Haushaltung verstanden wird; denn Chocolade vertritt
bekanntlich bei den Spaniern die Stelle des T hee’s und Kaffee s ; auch
die Mestizen und bemittelten Eingeborenen machen starken Gebrauch
davon.
Der Cacaobaum stammt aus dem zentralen Amerika, reicht dort von
23° N. bis 20° S. (von 30o N. bis 30o S. Rappt. Jury XI, 268), gedeiht
aber nur in den heissesten, feuchtesten Erdstrichen. Nach Karsten setzt
er bei einer mittleren Temperatur von unter 23°.3 C. schon keine Frucht
mehr a n , von allen Kulturfrüchten verlangt er die grösste Wärmemenge.
In die Philippinen wurde er von A capulco aus eingeführt, entweder nach
Camarines 1670 durch einen Steuermann, Pedro Brabo de Lagunas, oder
nach Samar, unter Salcédo’s Regierung (1663-1668) durch die Jesuiten.*)
Seitdem hat er sich über einen grossen Theil der Inseln verbreitet, und,
obgleich wohl nie Gegenstand besonderer Pflege, ist seine Frucht doch von
vorzüglicher Beschaffenheit. Der Cacao von A lb a y steht, wenn man den
im Lande dafür gezahlten Preis als Maassstab gelten lässt, dem Caracas wenigstens
gleich, der in Europa den ersten Rang behauptet und wegen seines
hohen Preises gewöhnlich zu drei Vierteln mit geringeren Sorten gemischt
CACAO. 77
wird.[43] Man findet aber den Strauch meist nur in kleinen Gärten, in unmittelbarer
Nähe der Häuser, und so gross ist die Trägheit der Indier, dass
sie die Früchte häufig verfaulen lassen, ohne die köstlichen Saamen zu
nutzen, obgleich der einheimische Cacao höher im Preise steht als der eingeführte.
A u f Cebü und Negros wird etwas mehr gebaut, aber lange nicht
ausreichend für den Bedarf der Kolonie, die das Fehlende gewöhnlich von
Ternate und Mindanao einführt. Den besten Cacao der Philippinen erzeugt
die kleine Insel Maripipi, NW. von L e y t e ; er ist schwer zu haben, gewöhnlich
schon voraus bestellt, das Liter wird gern mit 1 Dollar bezahlt;
der von Alb ay gilt 2 bis 2'/2 Doll, die Ganta (3 Liter).
Der Indier steckt die zum Keimen bestimmten Kerne gewöhnlich einzeln
mit etwas Erde in dütenförmig gefaltete Blätter und hängt sie unter
seinem Dache auf. Sie wachsen schnell und werden, um die Entwickelung
des Unkrauts zu hemmen, in sehr geringen Entfernungen von einander (6'
bis 7') ausgepflanzt. Diesem Verfahren ist es wohl zuzuschreiben, dass sich
die Pflanzen nur zu Sträuchern von 8 bis 10 Fuss Höhe entwickeln, während
sie in ihrem Vaterlande bis 30', manche Arten selbst 40' hoch werden.
(Nach Angabe des Paters von Borongan freilich kommen auf einer kleinen
Insel bei Guiuan ausserordentlich grosse Cacaobäume vor.) Dennoch
soll ein solcher Strauch, der schon im 3ten oder 4ten Jahre die ersten
Früchte trägt, vom 5ten oder 6ten Jahre an volle Ernten von je einer Ganta
Cacao geben die, (wie oben bemerkt), 2 bis 21/2 Doll, g ilt, und immer
Käufer findet, j44] Der Nutzen einer in vollem Ertrage stehenden Pflanzung
4 3 ) [Der Cacaoverbrauch in Europa beträgt jährlich 36 bis 40 Millionen Pfd. (Humboldt
schätzte ihn 1818 auf 23 Millionen Pfund — H. und Bonpl Reise Hl., 206;, wovon */3 für
Frankreich, dessen Bedarf sich von 1853 6,215,000 Pfd.) bis 1866 ',12,973,534 Pfd., Werth
2,681,000 Thaler; mehr als verdoppelt hat. Venezuela liefert den feinsten Cacao für den europäischen
Markt: Porto Cabello und Caracas; am besten und theuersten ist der Caracas in
4 Sorten: i° Chuao, 2° Ghoroni, 30 O’Cumar, 40 Rio chico; sie werden auf vorzüglich gepflegten
Pflanzuungen von lange dort angesiedelten Basken gewonnen.
England verbraucht den in seinen eigenen Kolonien erzeugten Cacao, obgleich der Zoll
(1 d. per Pfund) für alle gleich ist; Spanien, das bedeutend konsumir:, bezieht seinen Bedarf
besonders aus Cuba, Portorico , auch Ecuadör, Mexico, Trinidad. Sehr beträchtliche neue
Pflanzungen sind neuerdings in Nicaragua von Franzosen angelegt worden: 250,000 Bäume
von denen 60,000 1867 schon trugen. (Rapp, du Jury XI, 268.;
Mehr noch als die feinsten Venezuela-Sorten sind die Bohnen von Soconusco (Zentr.-
Amer.) und Esmeraldas (Ecuadör) geschätzt; sie werden aber im Lande selbst verbraucht,
kommen kaum in den Handel. Deutschland begnügt sich mit geringeren Sorten; Guayaquil,
der im Mittel etwa halb soviel als Caracas kostet, wird bei uns am meisten, mehr als von allen
übrigen Sorten zusammen, eingeführt. (Vergl. A. Mitscherlich S. 3 9 -4 6 , wo reiches Material
über den Cacaohandel in übersichtlicher Kürze zusammengestellt ist.)
44) [Nach C. Scherzer, Central-Amerika p. 554 giebt der Baum 20 Jahre lang je 30 bis
40 Loth Ertrag; 1000 Pflanzen 1250 Pfund Cacao = 250 Doll, (zu 20 Doll, der Zentner) also