
Staate hergeben muss zu einem von ihm willkürlich bestimmten Preise,
einem Preise den er zahlt, wenn die immer schwierige und bedrängte Lage
des Schatzes es gestattet. Häufig fehlt es an Nahrungsmitteln, da ihr A n - '
bau verboten ist. Die unglückliche Bevölkerung, die keine andere Mittel
b esitzt, um ihre dringendsten Bedürfnisse zu befriedigen, ist gezwungen
mit ungeheuren Verlusten die Schuldverschreibungen eines Schuldners zu
veräussern, welcher ihm die Frucht der Zwangsarbeit zwar abkauft, aber
nicht bezahlt. Wegen eines so geringfügigen Nutzens (D/3 Million) wird
die Bevölkerung der reichsten Provinzen in furchtbares Elend gestürzt,
tiefgehender Hass zwischen Regierten und Regierenden erzeugt, ununterbrochener
Krieg zwischen Behörden und Unterthanen. Es wird eine höchst
gefährliche Klasse von Schmugglern erzogen, die sich schon jetzt nicht
auf blosses Schmuggeln beschränken, und um die sich bei der ersten Gelegenheit
die übrigen Unzufriedenen wie um einen festen Kern schaaren
werden. Die Regiebeamten werden grober Bestechungen und Betrügereien
beschuldigt, die wahr oder unwahr grosses Aergerniss geben und zunehmende
Missachtung der Kolonialverwaltung sowohl, als des gesammten
spanischen Volks erzeugen. [156j
Dass obige Denkschrift nicht nur geschrieben, sondern auch gedruckt
worden, scheint anzudeuten, dass man sich in Spanien allmälig auch in
weiteren Kreisen von der Unhaltbarkeit des Tabakmonopols überzeugt.
Trotz der vernichtenden Kritik von kompetentester Stelle ist es aber dennoch
fraglich, ob es aufgehoben werden wird, so lange es auch nur Scheinerträge
giebt. Im Kolonialministerium sind die gerügten Schäden längst
bekannt, aber wegen der häufigen Ministerwechsel und der zunehmenden
Geldnoth, welche die Regierenden, so lange sie im Amte sind, zur rücksichtslosen
Ausbeutung aller greifbaren Mittel zwingt, unterbleiben selbst die
dringendsten Reformen, wenn dadurch augenblickliche Ausfälle entstehn.
In Bezug auf das Tabakmonopol pflegt man sich überdies mit der Hoffnung
zu trösten, dass zunehmende Nachfrage die Preise fortwährend steigern,
einige besonders gute Ernten und günstige Konjunkturen die Kolonialkas&e
von ihren Verlegenheiten befreien würden, dann wolle man gern die T a bakregie
aufgeben.
156) . . . Der in diese Lage gebrachte Bauer findet es schwer seine Familie zu erhalten, ist
gezwungen Geld zu übertriebenen Zinsen zu borgen und geräth immer tiefer in Schulden und
Elend . . die Furcht vor Geld- und Körperstrafen, mehr als die Aussicht auf hohe Preise, ist die
Haupttriebfeder ? durch welche die Lieferungen aufrecht erhalten werden können . . (Bericht
(les engl. Konsuls.)
EinUmstand der in haushälterisch verwalteten Staaten zur Beseitigung,
des Monopols treiben würde, in Spanien aber vielleicht gerade umgekehrt
wirkt, ist das zahlreiche Beamtenheer, welches die Tabakregie erforde * t.
Der Unzahl von Stellenjägern gegenüber muss es den jeweiligen Mim
stern sehr willkommen sein, Gelegenheit zu haben, ihren Kreaturen ein
trägliche Posten zu verschaffen, oder unbequeme Persbnen auf eine ehren
volle für das Mutterland kostenfreie A r t zu den Antipoden senden zu
können. (Die Kolonie muss nicht nur die Besoldung, sondern auch die
Kosten für die Hin- und Rückreise tragen.) Jedenfalls machen sie so
reichlichen Gebrauch davon, dass zuweilen in Manila neue Aemter erfunden
werden müssen, um die Ankömmlinge unterzubringen. [■«]
Zur Zeit meiner Anwesenheit konnten die k. Fabriken nicht so vie
Zigarren liefern als der Handel verlangte und es trat der sonderbare
Fall ein, dass die Grosshändler, welche die Zigarren in bedeutenden Posten
auf den Regierungs-Auktionen kauften, mehr dafür zahlten, als die.elben
Zigarren, einzeln g ek au ft, im Estanco kosteten. Um nun zu verhindern,
dass die Kaufleute ihren Bedarf den Estancos entnahmen, war für diese ein
Maximum festgesetzt, das kein Käufer überschreiten durfte und eine kom-
plizirte Kontrole mit Spionage hatte darüber zu wachen, dass Niemand
durch verschiedene Boten in verschiedenen Estancos grössere Mengen zusammenkaufte.
Im Fall der Entdeckung konfiszirte man dem Uebertreter
den ganzen Vorrath. Jedem stand frei Zigarren im Estanco zu kaufen, Nie
mand aber durfte einem Bekannten eine Kiste Zigarren zum Kostenpreise
Mehrere Spanier, mit denen ich über diese auffallende Maassregel
sprach, billigten sie ganz entschieden, da ihnen sonst die Fremden a e
Zigarren fortholen würden, und sie nicht einmal in ihrer eignen K olonie eine
preiswürdige Zigarre rauchen könnten. E s war aber, wie ich spater erfuhr,
noch ein zweiter, triftigerer Grund für diese Verordnung vorhanden. Da
U ) Von Dezember ,853 bis November .854 hatte die Kolonie 4 General-Kapitäne (z
effektive und » provisorische). 1850 soll ein neu ernannter Oidor, (Mitgheddes o b e r s t e -
richtshofes) mit seiner Familie den Weg nach Manila um das Kap genommen und_be,^seiner
Ankunft bereits seinen inzwischen über Suez gereisten Nachfolger rm Amte getroffen haben
Solche Zustände werden nicht befremden, wenn man damit vergleicht, wie es m Spanien selbst
S S t Nach einem Aufsatz in der Revue nationale April t 867 hatSpamen von >834 b-s x86z,
d h seitdem Regierungsantritt Isabella's 4 Konstitutionen, z8 Parlamente, 47 Premiermin,
ster, Sz9 Minister mit Portefeuilles, darunter 68 Minister des Innern gehabt, so d^s jeder der
letztem durchschnittlich nur 6 Monate im Amte war. Die Finanzminister soUen sed ro jah-
ren nicht länger als z Monate .geblieben sein. Seitdem und namentlich seit 1868 erfolgen d,e
Wechsel viel schneller.