gerichtet, und zieht die Streifen so oft unter der Klinge durch, bis sie von
den innern, weniger zähen Theilen befreit und hinreichend fein sind, eine
viel Geduld und Geschick erfordernde Arbeit. Geflochten wird über eine
zwei Fuss lange zylindrische, nach unten spitz zulaufende
Holzform. In der Mitte der geraden Endfläche
steckt ein Stift um welchen das Geflecht beginnt; ist
der dem Durchmesser der Walze entsprechende Boden
der Tasche vollendet, so wird mittelst eines
Stiftes eine kleine Holzscheibe auf den Boden der
Tasche gepresst, die ihn während des Flechtens der
Seitenwand festhält.
Meine erste Ausfahrt war zur Kirchweih nach Legäspi, wo die Indier
Abends Theater spielten. Ein aus politischen Gründen verbannter Spanier
hatte die Anordnung übernommen. Zu beiden Seiten der mit Palmenblättern
überdachten Bühne befanden sich erhöhte bedeckte Gallerien für
die Honoratioren; der dem grossen Publikum bestimmte mittlere Raum
war oben offen. Es wurde ein grosses Schauspiel aus der Persergeschichte
g e g e b en , in spanischer S prach e , mit Fantasiekostümen. Da das Theater
an einer lebhaften Strasse lag, die selbst einen Theil des Zuschauerraumes
bildete, so war der' Lärm so gross, dass man nur hin und wieder ein Wort
vernehmen konnte. Die Schauspieler marschirten bei dem Hersagen ihrer
R o llen , deren Sinn sie nicht einmal sprachlich verstanden, von einer Seite
zur ändern, indem sie die Arme auf und abbewegten; am Rande der Bühne
angekommen machten sie Kehrt und setzten ihren Marsch in entgegengesetzter
Richtung fo r t, wie Sch iffe, die gegen den Wind kreuzen: sie
verzogen dabei keine Miene, und sprachen, wie Automaten. Hätte man
wenigstens den T e x t verstehn können, so wäre der Konstrast desselben
mit den maschinenartigen Bewegungen gewiss drollig gewesen; Lärm,
Hitze und Qualm waren aber so gross, dass wir nur kurze Zeit blieben.
Das Schauspiel sowohl als das ganze Fest trug das Gepräge der
Schlaffheit und Gleichgültigkeit, des unverstanden Nachgeahmten. V e r gleicht
man die ausgelassene Fröhlichkeit bei den Kirchweihen in Europa
mit den ausdruckslosen starren Gesichtern der Indier, so begreift man kaum
warum dergleichen Feste mit so grossem Aufwande von Zeit und Geld gefeiert
werden.
Derselbe Mangel an Fröhlichkeit wird von vielen Reisenden in noch
höherem Grade bei den Indianern Amerika’s bemerkt und von einigen aus
einer geringeren Entwicklung des Nervensystems erklärt, daher auch der
wunderbare Gleichmuth jener beim Ertragen von Schmerz. Das Gesicht
des Indianers ist nach Tylor*) so verschieden von dem unsrigen, dass der
Europäer erst nach Jahre langer Uebung seinen Ausdruck deuten lernt.
Beide Ursachen mögen Zusammenwirken. Wenn aber auch lebhafte A eusse-
rungen der Freude nicht wahrzunehmen waren, so findet doch der Indier
grosses Vergnügen schon an den wochenlang dauernden Vorbereitungen
zur Ausschmückung des Dorfes, noch grösseres bei dem Feste selbst an
den Prozessionen, bei denen jeder in seinem besten Putz oder den Abzeichen
seiner Würde erscheint. Der Kampf um den Vortritt, um die Ehre eine
Fahne zu tragen, erfüllt den also Begünstigten mit dem höchsten Stolz und
erregt den Neid der U ebrigen. Aus allen nahegelegenen Ortschaften kommt
Besuch, ganze Triumphbogen von Bambus und Laubwerk werden von benachbarten
Gemeinden, mit der Inschrift Obsequio del puöblo de . . . mitgebracht
und aufgerichtet. Zuweilen wird auch stark gezecht. Die Filipinos
haben Vorliebe für geistige Getränke; selbst junge Mädchen berauschen
sich gelegentlich gern. Für die Nacht finden die fremden Gäste die entgegenkommendste
Aufnahme in den Häusern des Pueblo. Ueberhaupt
strahlt die Gastfreundschaft bei solchen Gelegenheiten in hellem Licht.
Jedes Haus steht Jedem offen. In den grösseren Ortschaften fehlt es auch
nicht an Bällen, es tanzen aber gewöhnlich nur Spanier und Mestizen mit
Mestizinnen; blos ausnahmsweise wird eine begünstigte Indierin aufgefordert.
Unter sich pflegen die Eingeborenen selten zu tanzen; in Samar sah
ich aber einmal einen nicht ungraziösen, angeblich einheimischen Tanz auffuhren,
zu dem »improvisirte« Strophen gesungen wurden: der Tänzer
verglich seine Dame mit einer R o s e , und sie erwiderte, er möge sich
hüten sie zu berühren, da sie auch Domen h a b e ; was im Munde einer
Andalusierin reizend geklungen hätte, bei der Indierin aber nur den Ursprung
der Improvisation verrieth.
Das müssige Leben in Daraga gefiel meinen Dienern und ihren
zahlreichen Freunden so gu t, dass sie es gern so lange als möglich g e messen
wollten. Sie wählten dazu oft sinnreiche Mittel. Zwe ima l, als alles
zum Aufbruch für den nächsten Morgen gerüstet war, wurden Nachts meine
Schuhe gestohlen. Ein andermal stahl man mir mein Pferd. Hat ein Indier
eine schwere Last zu befördern, oder einen anstrengenden Ritt zu machen,
so benutzt er dazu gern den wohlgenährten Gaul eines C a s t i l a , und lässt
ihn dann ungefüttert laufen, bis ihn jemand auffängt und in das nächste
Tribunal liefert. Dort wird er angebunden und muss so lange hungern bis
ihn sein Herr reklamirt und den angerichteten Schaden ersetzt. Ich hatte
Anahuac p. 24.