
des Daumes darunter, hebt sie auf, zieht sie in einem zusammenhängenden
Streifen ab und schabt abermals bis eine zweite feine Faserschicht b lo s-
g e le g f is t ; dann dreht sie das Blatt um , schabt etwa eine Handbreit vom
untern Ende der jetzt oben liegenden Rückseite des Blattes bis zur Faserschicht
ab, fasst diese mit der Hand und zieht sie der ganzen L änge nach
auf einmal vom Blattrücken ab. Nachdem die Fasern gewaschen, um sie
von dem noch daran haftenden Parenchym zu reinigen, trocknet man sie
an der Sonne. Später werden sie mit einem gewöhnlichen Kamm wie
Frauenhaar gekämmt, nach ihrer Feinheit in vier Klassen sortirt, an einander
geknüpft und ebenso behandelt wie Lupifasern.*) A u f diese rohe Weise
gewinnt man die Fäden für die berühmten Gewebe, N i p i s d e P i n a , die
von Kennern für die feinsten der Welt gehalten werden. Zwei Hemden
aus diesem S to ff sind im Berliner ethnographischen Museum (unter 291 und
292), feinere Gewebe im Gewerbe-Museum ausgestellt. In den Philippinen,
wo man die Feinheit der Arbeit am besten zu würdigen versteht, sind reich
gestickte Pinakleider mit mehr als 2000 Thaler das Stück bezahlt worden. [6S]
In B u h i, das nicht hinreichend gegen den NO. gedeckt ist, regnete es
fast so viel wie in Daraga. Ich hatte mit den Ygorroten ausgemacht, dass
sie einen Pfad durch das hohe Rohr bis zum Gipfel durchschlagen sollten,
es unterblieb aber wegen des anhaltenden Regens, und ich entschloss
mich über den Malinao zu steigen, längs der Küste in mein Standquartier
zurückzukehren und neu ausgerüstet den Bicolfluss bis Naga hinabzufahren.
Bevor wir uns trennten bereiteten die Ygorroten noch Pfeilgift für mich,
aus zwei Baumrinden, von denen sich Proben unter B. 103 und B. 104 in
der botanischen Sammlung der Berl. Universität befinden. Ich bekam nur
die Rinden zu sehn, weder Blätter noch Blüthen. Die Bastschicht der Rinde
B. 103 wurde zerklopft, ausgedrückt, angefeuchtet und noch einmal ausgedrückt.
Dies geschah mit der blossen Han d , die aber nicht verletzt sein
darf. D e r Saft sieht wie dünne Erbsensuppe aus, er wird in einem Topfscherben
über schwachem Feuer eingedampft, wobei er an den Rändern
gerinnt. Das Coagulum löst sich durch Umrühren wieder in der kochenden
Flüssigkeit. Ist diese zu Syrupsdicke eingedampft, so wird von der innem
Oberfläche der Bastschicht B. 104 eine geringe Menge, etwa Y10 so v'e^ a^s
* Siehe weiter unten bei Abacä.
68, Im Fort William, Calcutta, angestellte Versuche haben die ausserordentliche Festigkeit
der Ananasfaser dargethan. Ein Kabel von 8 Cm. Umfang zerriss erst bei einem Gewicht
von 2850 Kilogr. (Rappt. Exp. Lond. ü . 62.)
B. 103, abgeschabt und über dem T o p f ausgedrückt; dieser Saft ist dunkelbraun.
Wenn das Gemenge die Konsistenz einer zähen Salbe h a t , so
wird es mit einem Span aus dem Scherben herausgekratzt und in einem mit
Asche bestreuten Blatt aufbewahrt. Zum Vergiften eines Pfeils verwendet
man ein Stück von der Grösse einer Haselnuss, das durch Erwärmen
gleichmässig über die breite eiserne Spitze vertheilt wird. Ein vergifteter
Pfeil dient viele Male.
Ende November verliess ich den schönen Buhi-See und fuhr , von
seinem östlichsten Winkel a u s , eine kurze Strecke den kleinen Sapafluss
hinauf*), dessen Anschwemmungen einen beträchtlichen Vorsprung im
Umriss des Sees bilden. Ueber eine feuchte Wiese gelangt man an den
Abhang des Malinao oder Buhi, der schlüpfrige Thon des untern Abhanges
geht weiter oben in vulkanischen Sand über. In dem sehr feuchten Wald
wimmelte es von kleinen Blutegeln; ich hatte sie nie zuvor in solcher Menge
angetroffen. Die Thierchen, ausgestreckt nicht dicker als Zwirnsfäden,
sind ausserordentlich behende, setzen sich an alle Stellen des Körpers fest,
dringen selbst in die N a s e , in die O h ren , in die Augenlider und saugen
sich, wenn man sie nicht bemerkt, so voll, dass sie kugelrund werden und
wie kleine Kirschen aussehn. Während sie saugen empfindet man keinen
Schmerz, aber später jucken die angegriffenen Stellen oft noch tagelang. [6!J]
A n einer Stelle bestand der Wald überwiegend aus Feigenbäumen mit
sechs Fuss langen, an dem Stamm und den dickeren Aesten hängenden
Fruchttrauben. Die Früchte von Kirschengrösse sassen vereinzelt an den
sparrigen holzigen Stielen. Zwischen den Bäumen wucherten kletternde
Farne, Aroideen, Orchideen. Nach fast sechs Stunden erreichten wir um
i 2'Yj Uhr die Passhöhe (841 Meter) und stiegen am östlichen Abhang hinab.
Der Wald ist auf der Ostseite des Berges noch prächtiger als auf der
westlichen. Von einer Lichtung hatten wir eine Aussicht auf das Meer, die
Insel Catanduanes und die Ebene von Tabaco. Mit Sonnenuntergang langten
wir in Tibi an , wo ich mich in dem säubern, von starken Bambusen
eingefassten Gefängniss einquartierte, dem wohnlichsten Raum eines langen
Schuppens, der die Stelle des vor zwei Jahren durch Sturm zerstörten T r i-
*) Sapa heisst flach.
69) Hooker (Himalayan Joum. I, 167) schreibt der ausserordentlichen Häufigkeit dieser
Annulaten in Sikkim den Tod vieler Thiere zu, auch das für Rinderpest geltende Viehsterben,
wenn es nach einer sehr nassen Jahreszeit eintritt, in deren Folge die Blutegel in unglaublichen
Mengen erscheinen . . . Es ist eine bekannte Thatsache, dass diese Würmer Tage lang
in den Nasenlöchern, im Schlund und Magen von Menschen gelebt, unsägliche Schmerzen
und den Tod veranlasst haben.
Ja g o r , Philippinen. _ 8