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Häuser sind mit Rücksicht auf diesen Umstand nur einstöckig, und der
lockere, vulkanische Tuff, aus dem sie gebaut, mag zur Milderung der Stösse
beitragen. Höchst unzweckmässig aber erscheinen unter solchen Verhältnissen
die schweren Ziegeldächer. Auch in den Provinzen sind Erdstösse
sehr häufig, richten ab e r , weil die Häuser nur aus Brettern oder Bambus
und Palmenblättern bestehn, gewöhnlich so wenig Schaden a n , dass sie
gar nicht erwähnt werden.
Herr Alexis Perrey giebt in den Mém. de l’Acad. de Dijon 1860 ein mit
grossem Fleiss aus der ihm zugänglichen Literatur zusammengestelltes Verzeich-
niss von Erdbeben, welche die Philippinen und besonders Manila heimgesucht
haben. Selbst über die bedeutenderen sind die Nachrichten sehr spärlich, die
Daten oft schwankend. Von unerheblicheren sind nur einige wenige angeführt,
die von zufällig anwesenden wissenschaftlichen Männern verzeichnet wurden.
Ein sehr heftiges fand nach Aduarte (I. 141) 1610 statt. Ich lasse die
Uebersetzung der betreffenden Stelle abgekürzt folgen, da ich es sonst nirgends
erwähnt finde :
Ende November dieses Jahres (1610) am St. Andreas-Tage fand in diesen
Inseln, von Manila bis an das äusserste Ende der Provinz Neu-Segövia (das
ganze nördliche Luzon), eine Entfernung von 200 Leguas, ein so furchtbares
Erdbeben statt, wie man es nie erlebt hatte; es that grossen Schaden im ganzen
Lande, in der Provinz Ilocos begrub es Palmbäume und liess nur die Blattkronen
über der Erde, Berge wurden durch die Gewalt des Erdbebens gegen
einander geschoben, viele Gebäude zerstört und Menschen getödtet. Am
meisten aber wüthete es in Neu-Segövia, wo es Berge öffnete, und neue Wasserbecken
aufthat ; die Erde spie grosse Haufen Sand aus und schwankte der Art,
dass die Leute, da sie nicht aufrecht stehen konnten, sich auf die Erde setzten
und am Boden festbanden als wären sie in einem Schiff auf stürmischer See. In
dem von den Mendayas bewohnten Höhenzuge stürzte ein Berg ein, zertrümmerte
dabei ein Dorf und erschlug die Bewohner. Ein grosses Stück Land am
Fluss versank, so dass jetzt da, wo früher Hügel meist von ansehnlicher Höhe
gestanden, die Oberfläche fast dem Wasserspiegel gleich ist. Im Flussbett war
die Bewegung so stark, dass sich Wellen erhoben wie im Meer oder als ob das
Wasser von fürchterlichem Winde gepeitscht würde. Die steinernen Gebäude
litten den meisten Schaden, unsere Kirche und Convento stürzten ein . . . .
Barre als Pasig, Manila.
ZWEITES KAPITEL
RHEDE. ZOLLWESEN. — GESCHICHTE DES HANDELS. — SPANISCHE
KOLONIALPOLITIK. — REISEN DER GALEONEN.
Die Zollvisitation und die vie len , von den einheimischen Subaltern—
beamten ohne alle Rücksichten nach dem Buchstaben gehandhabten
Förmlichkeiten erschienen dem neu Angekommenen um so lästiger, da
er-eben erst in den englischen Freihäfen Ostasiens verkehrt hatte. A u f die
Bürgschaft eines angesehenen Kaufmanns wurde ihm nach 16 Stunden
als eine besondere Gunst die Landung gestattet, jedoch ohne das kleinste
Gepäckstückchen.
Die Rhede ist im S. W. lYlonsun und zur Zeit der von Stürmen begleiteten
Monsunwechsel unsicher; dann suchen grössere Schiffe in dem
7 SM. entfernten C a v i t e Schutz; im N. O. Monsun können sie V2 L-
vom Lande ankern. Fahrzeuge von weniger als 300 Tonnen gelangen über
die Barre in den Fluss P ä s ig , wo sie bis zur Brücke, unmittelbar am Ufer,
und bis in die Mitte des Flusses hinein, in dicht gedrängten Reihen liegen,
und durch ihre Anzahl sowohl, wie durch das zwischen ihnen herrschende
rege Treiben von der Lebhaftigkeit des Binnenhandels zeugen.
In jedem Regenmonsun führt der Pasig der Barre so viel Schlamm
zu, dass dessen Fortschaffung die Thätigkeit der aufgestellten Baggermaschine
wie es scheint vollauf in Anspruch nimmt.
Die geringe Zahl von Schiffen auf der R h ed e , besonders fremder
Flaggen, war um so auffallender, als, ausser Manila, kein Hafen des
Archipels mit dem Auslande verkehrte. Allerdings hatten seit 1855 noch
drei andere Häfen diese Berechtigung erhalten (später kam noch ein vierter