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 So   wurden  die  Philippinen  zum  grossen  Theil  durch  Conquista  pacifica 
 (Pacifacion,  Poblacion)  gewonnen. 
 Die  den  Eingeborenen  aufgelegten  Abgaben  waren  so  gering ,  dass  
 sie  nicht  entfernt  für  den Kolonialhaushalt  genügten.  Der  Ausfall wurde  
 durch  jährliche  Zuschüsse  aus  Mexico  gedeckt.  A n   Erpressungen  gewissenloser  
 Beamten  hat  es  freilich  nicht  gefehlt.  Grausamkeiten,  wie  in  
 den  amerikanischen  Bergwerksdistrikten  oder  in  den  Fabriken  von  Quito  
 werden  aber von  den  Philippinen  nicht  gemeldet. 
 Das  unbebaute  Land  ist  frei,  gehört  Jedem,  der  es  urbar  machen  
 will,  fällt  aber,  wenn  es  zwei  Jahre  unbenutzt  bleibt,  wieder  an  die Krone  
 zurück. [30]  Die  einzige Ab gab e,  die  der  Indier  zahlt,  ist  eine Kopfsteuer,  
 Tributo  genannt,  die ursprünglich  vor  drei  Jahrhunderten  einen Dollar  für  
 je   zwei  Erwachsene betrug,  was  in  einem  Lande,  wo  Alle  früh  heirathen  
 und  die Geschlechter  gleich  vertheilt  sind,  fast  gleichbedeutend mit  Familie  
 ist.  Allmälig  ist  der  volle  Tribut  auf  z'/is  Doll,  erhöht  worden.  E in   
 Erwachsener  zahlt  also  D / 3 2   Doll,  und  zwar  vom  löten  bis  zum  6osten  
 Lebensjahre,  gleichviel  ob  Mann  oder  Frau.  Ausserdem  hat  der  Mann  
 40 T a g e   Arbeit  für  öffentliche  Zwecke  zu  leisten.  Diese Frohnden  (Pölos  
 y   Servicios)  zerfallen  in  ordentliche  und  ausserordentliche;  jene  bestehn  
 in W a ch t-  und  Botendienst,  Reinhalten  des  Tribunals  und  anderen  le ich ten  
 Diensten,  diese  in  Strassenbau  und  ähnlichen  zum Besten  des Dorfes  
 oder  der  Provinz.  Wie  wenig  aber  diese  Leistungen  ausgenutzt  werden,  
 geht wohl  am  besten  daraus  hervor,  dass  Jedermann  sich  davon  loskaufen  
 kann  für  eine  Summe,  die  im  höchsten  Falle  nicht  über  3  Doll,  beträgt.  
 Frauen  sind  von  persönlichen  Leistungen  frei.  Die  wichtigsten  Einzelheiten  
 über  den  Tribut  sind  weiter  unten  in  einem  besonderen  Kapitel,  
 vorzüglich  nach  amtlichen  Quellen,  die  mir  im Ultramar-Ministenum  zugänglich  
 waren,  kurz  zusammengestellt. 
 In  ändern  Ländern,  wo  das Klima  ebenso  milde,  der Boden  ebenso 
 ergiebig,  wird  der Eingeborene  von  einheimischen  Fürsten  fast  erdrückt,  
 von  Ausländem  rücksichtslos  ausgebeutet  oder  vertilgt,  wenn  er  nicht  
 schon  eine  höhere  Zivilisationsstufe  einnimmt.  In  diesen  abgelegenen,  von  
 der  Natur  so  reich  ausgestatteten  Inseln,  wo  der Druck  von  oben,  der  
 innere  Trieb  und  jede  äussere  Anregung  fehlte,  hat  sich  das  behagliche  
 Leben  bei  geringen  Bedürfnissen  in  voller Breite  entfalten  können.  Von 
 SO)  Thatsächlich  ist  urbares  Land  freilich  immer  in  festen  Händen  und  an  manchen  
 Orten  hoch  im Preise.  Bei  Manila  und  in Bulacän  ist  der  Morgen  schon  vor  Jahren  über  
 150 Thaler bezahlt worden. 
 DEN  SPANISCHEN  KOLONIEN. 33 
 ■len  Ländern  der  Welt mögen  die  Philippinen wohl  den  Anforderungen  
 I n   ein  Schlaraffenland  am  meisten  entsprechen.  Wer  das  Dolce  far  
 lien te   nur  von  Neapel  her  kennt,  hat  noch  keinen  B egriff  davon;  es  
 ■edeiht  nur  unter  Palmen.  Die  folgenden  Reiseberichte  werden  Beispiele  
 genug  enthalten,  um  dies  zu  bekräftigen;  aber  schon  eine  Fahrt  auf  
 Hem  Päsig  giebt  einen  Vorgeschmack  des  Lebens  im  Innern.  Niedliche  
 ¡Bretterhäuser  und  Bambushütten,  von  üppigster L a u b -   und  Blüthenfülle  
 im g eb en ,  gruppiren  sich malerisch mit Arecapalmen  und  hohen  gefiederten 
   Bambusen  am Ufer.  Zuweilen  reichen  die  Zäune  in  den  Fluss  und  
 ■renzen  Räume  zur  Entenzucht  ab —   oder  zum Baden.  Der  Saum  des  
 ■Wassers  ist von Kähnen,  Senknetzen,  Flössen,  Fischapparaten  und  dergleichen  
 eingenommen.  Beladene  Boote  ziehen  den  Fluss  entlang  und  
 ■deine  Nachen  schiessen  zwischen  Gruppen  von  Badenden  hindurch  von 
 feinem Ufer  zum  ändern. 
 Am Lebhaftesten  geht  es  bei  den  Tiendas  zu,  grossen,  den  javani-  
 Echen Warongs  entsprechenden  Schuppen,  deren  offene  Seite  aber  dem  
 ■Fluss,  der Hauptverkehrsstrasse,  zugewendet  ist.  Sie  üben  eine mächtige  
 Einziehung  auf  die  vorüberziehenden  Schiffer,  die  dort ausser  Speisen  und  
 In d e rn  Lebensbedürfnissen  gewöhnlich  auch  müssige  Gesellschaft beiderl 
 e i   Geschlechts,  Hazard-Spiel,  Tuba,  Betel  und  Tabak  finden. 
 Zuweilen  sieht  man  einen  Indier  im  Schlafe  auf  einem  grossen  Berg  
 ■von Kokosnüssen  hockend  mit  der E bb e  den Fluss  hinabtreiben.  Strandet  
 I r ,   so  erwacht  der  Schläfer,  macht  sich  mit Hülfe  eines  langen  Bambus  
 ■wieder  frei  und  treibt  im  Halbschlaf  mit  der  Strömung  weiter.  Durch  
 leinen  Schlag  mit  dem Waldmesser  ist  es  leicht,  von  der  Faserhülle  der  
 |Nuss  einen  schmalen  Streifen  so weit  zu  lösen,  als  nöthig  ist,  um  sie mit  
 fein er   ändern  zu  verknüpfen;  so  wird  ein  Kranz  gebildet,  der  die  in  der  
 ■Mitte  lose  aufgethürmten Nüsse  umgürtet  und  zusammenhält. 
 Wir  haben  freilich  vollkommenere  Transportmittel  als  Errungens 
 c h a f t   Jahrtausende  langer mühevoller  A rb e it ,  hier  aber  kann  der  Mensch  
 fftehr Vieles  unmittelbar  aus  den  Händen  der  Natur  für  seine  Zwecke  verwenden  
 und  sich  durch  geringe  Mühe  verhältnissmässig  grosses Behagen  
 Bcha ffen. 
 A u f  der  Insel Talim  im  grossen  See  von  B a y   kauften  meine  Bootleute  
 für  einige  Cuartos  mehrere  Dutzend  fast  fusslanger  Fische;  diejenigen, 
   die  sie  nicht  verzehren mochten,  wurden  gespalten,  gesalzen  und  
 « u f   dem  Dach  des  Bootes  in wenigen  Stunden  an  der  Sonne  getrocknet.  
 ■Als die Fischer ihr beabsichtigtes Frühstück verkauft hatten, bückten sie sich  
 ■ind  füllten  ihre Kochtöpfe mit  Sumpfmuscheln  (Paludina  costata Q. & G.), 
 |  J a go r ,  Philippinen.  3