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 nur  verlängert  zu  denken,  so  bekommt  man  die  nach  vorn  zusammengehende  
 Stellung  der Druckbretter,  welche  noch, heute  bei  gewissen wilden  Stämmen  der  
 nordamerikanischen Westküste  im  Gebrauch  ist. 
 Die  Sache  hat  gegenwärtig  eine  ganz  besondere  Bedeutung,  weil  die Zahl  
 der Fundstellen  solcher  verunstalteter  Schädel  im Laufe  der  letzten  Jahre  immer  
 grösser  geworden  ist,  und  zwar  auch  in Europa.  Was  insbesondere Deutschland  
 anbetrifft,  so  sind  am  meisten  bekannt  die  in  der  Nähe von  Wien  gefundenen  
 difformen  Schädel,  über  welche  lange  und  gelehrte  Streitigkeiten  stattgefunden  
 haben,  indem  die  eine  Partei  meinte,  es  handele  sich  um Awarenschädel, möglicher  
 Weise  um  direkte  Ueberreste  der  alten Hunnen,  während  auf der  anderen  
 Seite  sogar  die  Frage  auftauchte,  ob  nicht  bei  der  grossen Aehnlichkeit,  welche  
 diese  Schädel  mit  gewissen  Peruaner-Schädeln  zeigen,  anzunehmen  sei,  dass  
 durch  die  Beziehungen  der  alten  Habsburger  zu  Peru  Schädel  von  da  nach  
 Deutschland  gekommen  und  hier  verloren  gegangen  sein  könnten. 
 Diese  letzte  Frage,  die  immerhin  discussionsfähig  war,  hat  ihren  Boden  
 gänzlich  verloren,  seitdem  in  den  letzten Zeiten  ähnliche Funde  auch  an  anderen  
 Orten  Europas  gemacht worden  sind.  Nachdem  schon B lume n b a c h   in  seiner  
 berühmten  Schnft  De  generis  humani  varietate  nativa,  1776,  p.  63  eines  derartigen  
 Schädels  aus  einem  Göttinger  Grabe  gedacht  hat,  ist  neulich  von Hm.  
 E c k e r   in  Freiburg  im  ersten  Bande  des  Archives  für  Anthropologie  S.  75  
 ein  solcher  Fund  aus  Rheinhessen  genauer  beschrieben  worden.  Der  Schädel  
 wurde gefunden  in  der Nähe  von Niederolm,  zwischen Mainz  und Alzey,  innerhalb  
 einer grösseren Gräberreihe,  welche  dort  aufgedeckt worden  ist.  Diese Beschreibung  
 hat  Hm.  B a r n a r d   D a v i s   Veranlassung  gegeben,  auf einen  schon  
 f r ü h e r   von  ihm  in  seinen  Crania  britannica  bezeichneter^  Schädel  aufmerksam  zu  
 machen  (Archiv  f.  Anthropologie  H.  S.  17),  welcher  auf  einem  seiner Meinung  
 nach  angelsächsischen Kirchhofe  zu Hamham  bei Salisbury,  Wiltshire,  aufgefunden  
 worden  ist. 
 Es  wird  daher  wohl  kaum  noch  zweifelhaft  sein  können,  dass  in  der That  
 auch  in  Europa  einheimische  Stämme  ähnliche  Gebräuche  gehabt  haben,  und  
 wenn  wir  nun  auf  der  anderen  Seite  das  Gebiet  dieser Difformitäten  sich weit  
 über  die  bisher  gekannten  Grenzen  auf  die  Inseln  Ostasiens  ausdehnen  sehen,  
 —  bisher  war  Tahiti  der  von  Osten  her  am meisten vorspringende. Punkt,  von  
 welchem  derartige  Schädel bekannt waren, —  wenn wir  sehen, dass dasselbe Verfahren  
 auf den  Philippinen  geübt worden ist,  so wird man  sich wohl  darein  finden  
 müssen,  anzunehmen,  dass  durch  eine  gewisse  Uebereinstimmung  des menschlichen  
 Geistes, wie  sie  uns  auch  sonst  oft  genug  überrascht,  derartige  Gebräuche  
 sich  an  den  verschiedensten Orten  festgestellt haben,  ohne  dass man  daraus Folgerungen  
 auf einen  direkten Zusammenhang  der  Völker  ziehen  darf,  und  ohne  
 dass man,  was meiner Meinung  nach  das  Wichtigste ist,  von  dem Vorkommen  
 gewisser  Schädel-Difformitäten  berechtigt ist  auf die  Abstammung  der  Völkerschaften  
 und  auf  prähistorische  Wanderung  derselben  zurückzuschliessen.  Ich  
 betone  dies  namentlich  gegenüber  den  Ausführungen  des Herrn G o s s e   (Mem.  
 de  la soc.  d’anthrop.  de Paris.  1861  T.  H. p. 567),  welcher  aus  gewissen  übereinstimmenden  
 Verunstaltungen  der Schädelform  darthun will,  dass  von Florida  
 eine  alte Bevölkerung  in Mexiko  eingewandfcrt  sei  und  sich  später bis  nach  Peru  
 ausgebreitet habe. 
 Von  besonderem  Interesse  sind  die  sehr  ähnlichen  Schädel,  welche  in  der  
 Krim  gefunden worden  sind,  und  die Herr  v.  B a e r   zum Gegenstände  einer  be