
Llano’s Vierspänner den bedeutenden Ort B a liv a g , dessen Gewerbfleiss
weit über die Grenzen der Provinz hinaus berühmt ist.
Ich besuchte mehrere Familien und fand überall freundliche Aufnahme.
Die Häuser waren von Brettern (casas de tabla), ruheten auf Pfählen, fünf
Fuss über dem Boden, und bestanden aus einem geräumigen Wohnzimmer,
an welches auf einer Seite die Küche, auf der ändern ein offner Raum, die
Azotea (s. 'S. 20) stösst; ein hohes luftiges Dach von Palmenblättern erhob
sich darüber, der Eingang war von der Azotea, die fast zur Hälfte
vom Dach überragt wird. Der Fussboden bestand aus zollbreiten Holzlatten
mit halb so breiten Zwischenräumen. Stühle, Tische und Bänke, ein
Schrank und verschiedene kleine Luxusgegenstände, Spiegel, eingerahmte
getuschte Lithographien waren vorhanden. Die Sauberkeit der Häuser sowohl
als der Zustand der Möbel zeugten von Ordnung und Wohlstand.
Fast in jedem Hause fand ich Frauen mit Weben von T ä p i s beschäftigt,
die auf dem Markt von Manila den besten R u f haben. Es sind
schmale; sehr dicht gewebte 6 Varas lange Seidenzeuge in dunkelbraunen
Farben mit schrägen weissen Streifen. Sie werden über dem Sarong getragen.
(Vergl. S . 24}.
Besonders berühmt ist Balivag aber wegen seiner Zigarrentaschen P e -
tü c a , [32] die alle ändern an Feinheit übertreffen. Sie bestehen nicht aus
Stroh, sondern aus feinen Streifen spanischen Rohres, und zwar aus dem
untern Ende der Blattstiele einer Cälamusart, die angeblich nur in der Provinz
Neu-Ecija wächst. Ein Bündel von hundert ausgesuchten 2 Fuss langen
fingerdicken Stöcken kostet bis 6 r. Nachdem diese Stöcke vier bis
fünf mal der L änge nach gespalten, entfernt man das innere Holz, so dass
nur die äussere Haut übrig b le ib t; die so erhaltenen dünnen Streifen werden
dann aus freier Hand zwischen einem convexen Porzellanscherben und
einem schräg dagegen gestellten Messer durchgezogen, und schliesslich
noch durch zwei schräg gegen einander stehende Stahlklingen. Die Arbeit
32) Nach Tylor (Anahuac 227) p e t l a t l (mexikan.) eine Matte, in den Philippinen: p e -
t a t e ; petla-calli mexikanisch. Mattenhaus, davon p e t a c a , geflochtene Zigarrentasche.
verlangt viel Geduld und Uebung; bei der ersten Handhabung zerbricht
durchschnittlich die Hälfte der Fäden, bei der zweiten gewöhnlich
mehr als die Hälfte, so dass kaum 20% übrig bleiben. Für sehr feine Geflechte
ist das Verhältniss noch weit ungünstiger. Das Flechten geschieht
über hölzerne Walzen. Eine Tasche von mittlerer Feinheit, die an Ort
und Stelle 2 Doll, kostet, kann b,ei ununterbrochener Arbeit in sechs
Tagen vollendet werden. Ausnahmsweise feine, auf besondere Bestellung
für Kenner angefertigt, werden mit 50 Doll, und mehr bezahlt.
Von Balivag den Quingoa aufwärts verfolgend, kommt man an vielen
Steinbrüchen vorbei, wo in Bänke gesonderter vulkanischer T u ff zu Bausteinen
ausgebeutet wird. Die mit hohen stacheligen Bambusen besetzten
Ufer waren 10 bis 12 Fuss hoch. In der Regenzeit tritt der Fluss aus und
überschwemmt weithin die Ebene, daher die vielen Klappen grösser Süsswassermuscheln
(Corbicula sp.) in der den T u ff überlagernden Dammerde.
Bei T o b ö g , einer V is ita , halbwegs zwischen Balivag und Angat,
zeigen sich die ersten Hügel. Ihre flachen Abhänge sind wie in Java
terrassenförmig als Rieselfelder zum Reisbau eingerichtet. Ausser bei L u c -
ban habe ich dergleichen S aw a s in den Philippinen nicht wahrgenommen.
Viele kleine Zuckerfelder, deren Produkt aber von den Eigenthümern noch
recht ungeschickt verwerthet wird, zeigen, dass die Vorbedingungen zum
schwunghaften Betriebe des Ackerbaus vorhanden sind. Streckenweis sind
Schattendächer über die Strasse gebaut mit Bänken zum Ra sten; ich habe
sie nur in dieser Provinz gefunden. Man könnte sich in einem der dichtbevölkerten,
ertragreichsten Bezirke Java’s glauben.
Die Nacht brachte ich in einem Convento zu (so heissen in den Philippinen
die Wohnhäuser der Pfarrer). E s war äussert schmutzig, der Geistliche,
ein Augustiner, voll Bekehrungsgelüste. Ich hatte ein langes
; geographisches Verhör zu bestehn über den Unterschied zwischen Prusia
I und Rusia, ob das grosse Norimbergo die Hauptstadt des Granducado oder
I des Imperio de Rusia sei? erfuhr dass die Engländer auf dem Punkte stünden
; in den Schooss der christlichen Kirche zurückzukehren, die »Ändern «dann
I auch wohl bald nachfolgen würden, und wurde trotz angelegentlicher E m -
■ pfehlung des Pfarrers Llanos recht schlecht aufgenommen. Später bin ich
I noch einmal zwei jungen Kapuzinern in die Hände gefallen, die Bekehrungs-
■ Übungen an mir Vornahmen, mich a b e r , abgesehn von dieser kleinen Z u -
I dringlichkeit, au fs beste behandelten und verpflegten. E s gab sogar in
I Wasser gesottene Gänseleberpastete, die ich an den fettumflossenen T rü f-
I fein schnell erkannte. Zur Strafe für ihre Zudringlichkeit enthüllte ich
I meinen Wirthen nicht die richtige Gebrauchsanweisung, kaufte ihnen die
Jago r , Philippinen. \ 4