
Einfluss des Cura würde eine missliebige Wahl verhindern. A u f dieselbe
Weise findet die Wahl der übrigen Beamten statt, nachdem zuvor der neue
Gobernadorcillo in den Saal gerufen, damit er etwaige triftige Einwendungen
gegen seine aus der Wahl hervorgehende künftige Beamten machen
könne. Die ganze Handlung ging mit grösser Ruhe und Würde vor sich. [104]
Am folgenden Morgen fuhr ich in Gesellschaft des gefälligen Pfarrers,
dem sich fast alle Knaben des Dorfes anschlossen, in einem grossen Boot
nach Samar über. Von elf kräftigen Gepäckträgern, die der Vertreter des
Guvernörs für mich ausgewählt hatte, bemächtigten sich vier einiger Kleinigkeiten
und eilten damit voraus, drei andere verbargen sich im Gebüsch,
vier waren schon in Läuang davongelaufen. Das Gepäck wurde auseman-
dergenommen, unter die zurückgeholten vier Träger und die zum Vergnügen
mitgegangenen kleinen Jungen vertheilt. Wir folgten dem Seestrand
in westlicher Richtung und erreichten sehr verspätet die nächsten
Visitas, wo es dem Cura nach vieler Mühe gelang, die fehlenden Träger zu
ersetzen. Westlich von der Mündung des Pambujan springt eine Landzunge
in’s Meer, ein Lieblingsaufenthalt der Seeräuber, da sie dort im
Walde verborgen, den Strand übersehen können, der sich zu beiden Seiten
in weiten Bogen ausdehnt und die einzige Strasse zwischen Läuang und
Catärman bildet. Schon viele'Menschen sind hier geraubt worden und nur
mit genauer N°th war der mich bis hierher begleitende Pater vor einigen
Wochen dieser Gefahr entgangen.
Der letzte Theil der Tagereise verlief sehr munter. Ein vorausgesandter
Bote hatte an allen Flussmündungen Kähne stellen lassen; da man
in diesem Gebiet kaum andre Europäer kennt, als Geistliche, so wurde ich
in der Dunkelheit für einen Kapuziner im Reiseanzug gehalten, die Männer
leuchteten mir mit Fackeln bei derTJeberfahrt, die Frauen drängten sich
■ heran um mir die Hand zu küssen. Ich übernachtete unterwegs und gelangte
am folgenden T a g e nach Catärman (Caladman auf Coellos Karte),
einem reinlichen, geräumigen Ort von 63 58 Seelen, an der Mündung des
gleichnamigen Flusses. Sechs Pontins aus Catbalögan lagen dort um Reis
für A lb ä y zu laden. Die Bewohner der Nordküste sind zu schlechte See104)
Es wurden noch gewählt ein Temente mayör (Stellvertreter des Gobernadorcillo),, ein
Jufo mayör (Oberrichter) für die Felder, immer ein Excapitan, ein zweiter Richter für die Polizei
ein dritter Richter für Streitigkeiten, die das Vieh betreffen, ein zweiter und dritter Teniente
und erster und zweiter Polizeidiener; endlich noch für jede Visita ein Temente ein
Richter, ein Polizeidiener. Alle drei Richter können Excapitano’s sein, kein Excapitan kann
Teniente werden. Der ersteTeniente muss aus der Principalia sein; die übrigen können dieser
oder der Plebe angehören; die Polizeidiener (Alguacils) sind immer aus letzterer.
fahrer, um ihre Produkte selbst auszuführen; sie überlassen es den Leuten
aus Catbalögan, die, weil es ihnen an Reisfeldern mängelt, gezwungen sind,
ihre Thätigkeit auf anderen Gebieten zu entfalten.
Früher mündete der Fluss von Catärman weiter östlich und war sehr
verschlämmt. Im Jahre 1.851 bahnte er sich in dem lockeren, aus Quarzsand
und Muscheltrümmern bestehenden Boden nach anhaltendem, heftigen
Regen einen neuen, kürzeren Ausgang zum Meer, den jetzigen Hafen,
in welchem Schiffe von 200 Tonnen unmittelbar am Lande laden können,
zerstörte aber dabei den grössten Theil des Dorfes, auch die steinerne Kirche
und Priesterwohnung. In dem neuen Convento sind zwei Säle, der eine von
16,2X8,8, der andre von 9 X 7 , 6 Schritt Inhalt, mit Brettern aus einem
einzigen A s t eines Dipterocarpus (guiso) gedielt. Den Schritt = 30 Zoll,
die Dicke der Bretter mit Inbegriff der Abfälle zu einem Zoll angenommen,
entspricht dies einem festen Holzblock, so hoch wie ein Tisch ' (2^2'),
ebenso breit und 18' lang, etwa 110 Cubikfuss. [105] Die Häuser sind von
Gärten umgeben, zum Theil auch nur von Einzäunungen, in denen Unkraut
wuchert. Bei dem Neubau des Dorfes nach der grossen Wasserfluth
wurde die Anlage von Gärten befohlen; es fehlt aber oft der Fleiss, sie
zu erhalten. Südlich vom D o r f dehnen sich Weideplätze aus, mit feinem
kurzem Grase bewachsen, doch ist mit Ausnahme einiger dem Cura gehörenden
Rinder und Schafe, kein Vieh vorhanden.
Immer noch ohne Diener, fuhr ich mit meinem Gepäck in zwei kleinen
Kähnen den Fluss hinauf, an dessen beiden Seiten sich Reisfelder und
Kokoshaine ausbreiten, die aber, durch einen dichten Saum von Nipapal-
men und hohem Rohr verborgen, nur durch gelegentliche Lücken sichtbar
sind. Die zuerst flachen, sandigen Ufer wdrden allmälig steiler, bald
zeigt sich anstehendes Gestein, feste Bänke von sandigem Thon, mit seltenen
Spuren undeutlicher Versteinerungen. Eine kleine Muschel[10(i] hat
an der Wassergrenze so zahlreiche Löcher in die Thonbänke gebohrt, dass
diese wie Honigwaben aussehn. Um 12 kochten wir ■ unsern Reis in einer
einzeln stehenden Hütte bei freundlichen Leuten. Die Frauen, die wir in
zerlumpten, schwarzen Guinäragewändern überraschten, zogen sich beschämt
zurück und erschienen bald darauf in sauberen bunten Sayas,
105) G. Squier (States of Central Amerika 192) erwähnt einen Mahagonyblock, 17 Fuss
lang, der im unteren Queerschnitt 5 Fuss 6 Zoll im Geviert, im Ganzen 550 Cubikfuss maass.
106) Nach Dr. v. Martens: Modiola striatula Hanley, der denselben Zweischaler auch zu
Singapore in Brackwasser bedeutend grösser fand. Reeve bildet die von Cumming in den
Philippinen, ohne nähere Ortsangabe gesammelte Art auch grösser ab (38mm), die vom
Catarman hat 17mm.