
 
        
         
		Morga s Beschreibung passt weder auf das Gefäss von Libmänan noch auf den  
 Krug  des  British  Museum,  eher  noch  auf  ein  unserem  ethnographischen  Museum  
 vor  Kurzem aus  Japan  zugegangenes  Gefäss.  Dieses ist  aus braunem Thon,  
 unansehnlich,  doch  von  gefälliger  Form ,  aus  vielen  Bruchstücken  zusammengekittet, 
   die  Fugen  sind  vergoldet  und  bilden  auf  dem  dunklen  Grunde  eine  Art  
 Netzwerk.  Wie hoch dergleichen alte Töpfe,  selbst einheimischen Ursprungs noch  
 heut  in  Japan  geschätzt werden,  zeigt das  von  einem Dolmetscher  des  deutschen  
 Konsulats verfasste Begleitschreiben:  »Dieses  irdene Gefäss wurde in dem Porzellanfabrikorte  
 Tschisuka in  der Landschaft  Odori,  im  südlichen  Idzumi  gefunden,  
 und  ist  ein  zu  den  tausend  Gräbern  gehöriger  Gegenstand  .  .  .  dasselbe  ist  von  
 Giogiboosat (berühmtem  Buddhisten-Priester)  angefertigt,  und  nachdem  es  dem  
 Himmel  verehrt,  von  ihm  begraben  worden.  Nach  den  Ueberlieferungen  des  
 Volkes  wurde  dieser  Platz  von  Grabhügeln  mit  einem  Gedenksteine  versehn,  
 das  ist jetzt  tausend  und mehr  Jahre  her  .  .  .  Ich  hielt mich  zum  Zweck meiner  
 Studien  lange  Jahre  in  dem  Tempel  Sookuk  jenes Dorfes  auf und  fand  das  Gefäss. 
   Ich  brachte  dasselbe  dem Oberpriester  Shakudjo,  der  sehr  erfreut  darüber  
 war,  und  es  immer  wie  ein  Kleinod  bei  sich  trug.  Als  er  starb,  fiel  es mir  zu,  
 doch  konnte  ich  es  nicht  finden.  Neulich  nun  als  Honkai  Oberpriester wurde,  
 sah  ich  es  wieder,  und  es war mir,  als  wäre  ich  dem  Geiste  Shokudjos  wieder  
 begegnet.  Gross war meine Erregung  und  staunend  klatschte  ich  in  die Hände,  
 und  so  oft  ich  das  Kleinod  betrachte,  gedenke  ich.  dass  es  ein  Zeichen  ist,  dass-  
 der Geist  Shokudjos  in Honkai wieder  auflebt.  Deshalb  habe  ich  die Geschichte  
 dieses  Kleinods  aufgeschrieben  und  gut  gewahrt.  Fudji  Kuz Dodjin  «.  • 
 Freiherr  Alexander  von  Siebold  macht  mir  noch  folgende  Mittheilung:  
 Der Werth,  den  die  Japaner  auf derartige Gefässe  legen,  beruht  auf  deren  Verwendung  
 bei  den  geheimnissvollen  Theegesellschaften  »Cha -no - yu«,   Ueb,er  
 den Ursprung dieser,  den Europäern fast  noch gar nicht bekannten Verbindungen  
 bestehen  verschiedene  Legenden,  ihre Hauptblüthezeit  aber  war  unter  der  Regierung  
 des Kaisers Taikosama,  der im Jahre  1588  die Gesellschaft der Cha-no-yu  
 zu Kitano bei Myako,  mit neuen Statuten versehn,  wieder einführte.  Seine Zwecke  
 waren  sowohl  moralische  als  politische.  In  Folge  der  verheerenden Religionsund  
 Bürgerkriege  war  das  ganze  Volk  entartet  und  verwildert,  aller  Sinn  für  
 Künste  und  Wissenschaft  untergegangen  nur  die  rohe  Kraft  geachtet,  an  Stelle  
 der  Gesetze  herrschte  das  Faustrecht.  Der  tiefdenkende  Taikosama  begriff,  
 dass  er  die  rohen  Gemüther  besänftigen,  sie wieder  an  die  Künste  des  Friedens  
 gewöhnen  müsse,  um  seinem  Lande  den  Wohlstand,  sich  und  seinen  Nachkommen  
 die  Herrschaft  zu  sichern.  In  dieser  Absicht  rief  er  die  Gesellschaft  
 Cha-no-yu  auf’s Neue  in’s  Leben,  versammelte  die  Meister  derselben  und  die  
 Kenner  ihrer  Gebräuche  um  sich. 
 Der  Zweck  der  Cha-no-yu  ist,  den  Menschen  den  Einflüssen  des  ihn  umgebenden  
 irdischen  Treibens  zu  entziehn,  in  seinem  Innern  das  Gefühl  vollkommener  
 Ruhe  herzustellen,  ihn  zur  Selbstbetrachtung zu stimmen;  sämmtliche Gebräuche  
 des  Cha-no-yu  sind  auf dieses  Ziel  gerichtet. 
 In  luftige  reine  Gewänder  gekleidet,  ohne  Waffen,  versammeln  sich  die  
 Mitglieder  der  Cha-no-yu  um  den  Hausherrn  und  werden  von  ihm,  nachdem  
 sie  einige  Zeit im  Vorsaale  ausgeruht,  in  einen  eigens  für  diese  Versammlungen  
 hergerichteten Pavillon geführt.  Dieser besteht aus den kostbarsten Holzarten,  ist  
 aber  ohne jeden Schmuck,  der  die  Gedanken  abziehn  könnte,  ohne Farbe,  ohne  
 Fimiss,  durch  kleine mit  Pflanzen  dichtbewachsene Fenster nur spärlich beleuchtet, 
   und  so niedrig,  dass man  darin  nicht  aufrecht  stehn  kann.  Die Gäste betreten  
 das  Gemach mit feierlich  gemessenen Schritten,  werden vom Hausherrn  nach  
 den  vorgeschriebenen  Formeln  empfangen,  und  setzen  sich  dann  im  Halbkreise  
 zu  seinen  beiden  Seiten.  Jeder Unterschied  des  (Ranges  hört  auf.  Nun werden  
 die  alten  Gefässe  unter  feierlichen  Zeremonien  aus ihren  kostbaren Umhüllungen  
 hervorgeholt,  begrüsst  und  bewundert ;  mit  eben  so  feierlichen  genau  vorgeschriebenen  
 Formeln  wird  das  Wasser  auf  dem  dazu  bestimmten  Heerde  gekocht, 
   der Thee  den Gefässen  enthommen,  und  in Tassen zubereitet.  Der Thee  
 besteht  aus  den  grünen  zu Staub  zerriebenen  jungen Blättern  des Theestrauchs,  
 und  wirkt  sehr  aufregend.  Unter  tiefem  Schweigen wird  der  Trank  genossen,  
 während  Weihrauch  auf  dem  erhabenen  Ehrenplatz  »toko«  brennt.  Nachdem  
 sich  der  Geist  gesammelt,  beginnt  die Unterhaltung,  die  sich  aber  nur  auf abstrakte  
 Gegenstände  erstrecken  darf  (Politik  soll  indessen  nicht  immer  ausgeschlossen  
 bleiben).  Der  Preis  der  bei  diesen  Versammlungen  verwendeten  
 Gefässe  ist  sehr  bedeutend,  und  stehn  letztere  im  Werthe  unseren  theuersten  
 Gemälden  nicht  nach.  Taikosama belohnte  seine  Feldherren  oftmals mit  dergleichen  
 alten  Gefässen,  statt mit Ländereien,  wie  sonst  üblich.  Auch  nach  der  
 jüngsten Revolution wurden  einige  der  hervorragendsten Damnos  (Fürsten)  vom  
 Mikado  däfür,  dass  sie  ihm  zum  Thron  seiner Ahnen  verholfen,  mit  solchen  
 Cha-no-yu-Gefässen  belohnt.  Die  besten,  die  ich  gesehn,  waren  nicht  schön,  es  
 waren  alte,  verwitterte,  schwarze  oder  dunkelbraune  Krüge mit  ziemlich  breitem  
 Halse zum Aufbewahren  des  Thees,  hohe Tassen  aus Craquelé —   Porzellan  oder  
 Steingut  zum Trinken  des Aufgusses,  tiefe  breite  Wasserbehälter,  und  alte  verrostete  
 eiserne Kessel  mit Ringen  zum Wasserkochen,  alles  höchst  einfach von  
 Ansehn,  aber  in  die  kostbarsten  Seidenstoffe  eingewickelt  und  in  vergoldeten  
 Lackkasten  aufbewahrt.  Unter  den  Schätzen  des  Mikado  und  des  Taikun s,  
 auch  in  einigen  Tempeln werden  unter  den  höchsten  Kostbarkeiten  dergleichen  
 alte  Gefässe mit Dokumenten  über  ihre Herkunft  aufbewahrt. 
 *  * 
 * 
 Von  Libmänan  besuchte  ich den SW .  gelegenen Berg Yämtik  (Amtik,  
 Hantu)  P f a d e r   aus K a lk   besteht  und  viele Höhlen  enthält.  Flussaufwärts  
 6  Stunden W.  und  eine  Stunde  S SW .  zu  F u ss,  bringen  uns  zu  der  kleinen  
 von  1000' hohen Kalkbergen  umgebenen  Visita  Bfcal,  von wo  man  im  
 Bett eines Baches auf einer Sintertreppe zu einer kleinen Höhle  emporsteigt,  
 in  welcher  Schaaren  von Fledermäusen  und  grosse langarmige Spinnen  von  
 der  als  giftig  verrufenen  Gattung  Phrynus  hausen.  [79] 
 Ein  dicker,  queer  über  den W e g   liegender  Baumstamm war von  einer  
 kleinen  Ameise  seiner ganzen Ausdehnung  nach  in Zellen  zerfressen.  Mehrere  
 Eingeborene  wagten  gar  nicht,  die  ändern  nur  schüchtern  die Höhle  
 zu  betreten,  nachdem  sie  einander  die  gegen C a l a p n i t a n   zu beobachten- 
 78)  Nach  Pater  Camel  (Philos.  transact.  London vol.  XXVI.  pg.  146)  :  hantu  schwarze  
 Ameise  von der Grösse  einer Wespe,  amtig  kleinere  schwarze,  hantic  rothe Ameise. 
 79)  Nach Dr.  Gerstäcker wahrscheinlich Phrynus Grayi Walck Gerv.,  lebendiggebärend.  
 S.  Sitzungsb.  Ges.  Naturf.  Freunde  Beri.  18.  März  1862  und  Abbildung  und  Beschreibung  
 in G.  H.  Bronn Ord.  Class.  Bd.  V.  184.