
Wohlstandes. E s war zu fürchten, dass die Junken ihre Frachten den Holländern
bringen würden, wenn man ihnen in Manila Hindernisse in den Weg
le g te ; auch konnte die Kolonie nicht ohne die Sangleyes bestehn, [,60] die
alljährlich in grösser Zahl in den Junken aus China kamen und sich als
Krämer, Handwerker, Gärtner, Fischer über Stadt und Land verbreiteten,
denn sie waren die einzigen geschickten und fleissigCn Arbeiter; da die
Indier unter spanischem Priesterregiment sogar manche Gewerbe verlernten,
die sie früher betrieben hatten (Morga).
Trotzdem sind die Spanier von Anfang an bemüht, die Zahl der Chinesen
auf das äusserste Maass zu beschränken; denn damals wie heut wurden
letztere von den Indiern beneidet und gehasst wegen ihrer grossen
Betriebsamkeit, Sparsamkeit, Schlauheit, wodurch sie schnell reich wurden;
den Geistlichen waren sie ein Gräuel als verstockte Heiden »deren Umgang
die Eingeborenen hinderte, Fortschritte im Christenthum zu machen«; die
Regierung aber fürchtete sie wegen ihres festen Zusammenhaltens und als
Angehörige des grossen Re iche s, dessen bedenkliche Nähe dem kleinen
Häuflein Spanier Verderben drohte, f101] Zum Glück für letztere dachte
die damals dem Untergange entgegeneilende Mingdynastie nicht an Eroberungen
, aber selbst die bei ihrem Stürze frei werdenden bösen Mächte
brachten die Kolonie in äusserste Gefahr.
Bei dem An griff des grossen Seeräubers Limahong 15 74 entging sie
nur wie durch ein Wunder der Vernichtung; neues Verderben drohte ihr
bald darauf: 1603 kamen einige Mandarine nach Manila, unter dem V o r -
wande sehn zu wollen, ob der Boden bei Cavite wirklich von Gold sei?
Man hielt sie für Spione und schloss aus ihrer sonderbaren Mission, dass
die Chinesen einen Angriff auf die Kolonie beabsichtigten. Der Erzbischof
und die Priester schürten das Misstrauen gegen die zahlreichen in Manila
ängesiedelten Chinesen; Hass und Verdacht wuchsen auf beiden Seiten,
beide Theile fürchteten sich vor einander und rüsteten sich. Die Chinesen
griffen zuerst a n , unterlagen aber den vereinten Spaniern, Japanern und
Indiern; 23,000, nach ändern 25,000 Chinesen wurden erschlagen oder in
die Wildniss getrieben. Wie diese Metzelei in China aufgenommen worden,
160) In den Philippinen werden die Chinesen gewöhnlich Sängleyes genannt. Nach-Professor
Schott: sang-lüi (im Süden szang-löi auch senng-löi) mercatorum ordo \ sang heissen
besonders die ambulanten Händler, im Gegensatz zu den Kü, tabernarii,
161) . . Es ist ein schlechtes lasterhaftes Volk, . . und da ihrer so viele, und sie grosse
Esser sind, so vertheuem sie die Lebensmittel und verzehren sie. . . es ist wahr, dass die
Stadt ohne die Chinesen nicht bestehn kann, denn sie sind die Arbeiter in allen Beschäftigungen,
sie sind sehr fleissig und schaffen um geringenLohn, aber dafür würde eine geringere
Anzahl ausreichen. (Morga f. 349.)
geht aus dem Brief des kaiserlichen Kommissars an den Guvernör von
Manila hervor. Das merkwürdige Dokument zeigt in so überraschender
W e ise , wie hohl das' grosse Reich damals war, dass ich es am Schlüsse des
Kapitels in wörtlicher Uebersetzung mittheile.
Nach der Vertilgung der Chinesen fehlte es in Manila wegen der Unbetriebsamkeit
der Indier an Nahrungsmitteln und allen ändern Lebensbedürfnissen,
aber schon 1605 hat die Zahl der Chinesen wieder so zugenommen,
dass ein Gesetz*) sie auf 6000 beschränkt, »denn diese reichen aus
für die Bebauung des Bodens«; zugleich wird als Grund ihrer schnellen
Zunahme der Eigennutz des G eneral-Kapitäns gerügt, der für die Erlaubniss
zum Verbleib von jedem Chinesen 8 Dollar erhebt. 1639 ist die chinesische
Bevölkerung auf 30,000 (nach Ändern auf 40,000) gestiegen, sie revoltiren
und werden bis auf 7000 niedergemacht. »Die sonst so gleichgültigen
Eingeborenen zeigten den grössten Eifer beim Todtschlagen der Chinesen,
mehr aus Hass gegen dies betriebsame V o lk als aus Liebe zu den Spaniern.
«**) ,
Schnell füllt die chinesische Einwanderung die entstandene Lücke
wieder aus. 1662 droht der Kolonie aufs neue grosse Gefahr durch den
chinesischen Seeräuber K o g - s en g , der über 80 bis 100,000 Mann gebot
und Formosa bereits den Holländern entrissen hatte. Er forderte die Philippinen
zur Unterwerfung auf; sein plötzlicher T o d rettete die Kolonie und
gab zugleich das Zeichen zu einem neuen Wuthausbruch gegen die in Manila
angesiedelten Chinesen; eine grosse Zahl wird in ihrem Ghetto niedergemetzelt***)
, andre vertrieben, einige stürzen sich vor Schreck in s Wasser,
oder erhängen- sich; eine grosse Zahl flüchtet in kleinen Booten nach For—
mosa fj. 1709 hat der Neid gegen die Chinesen abermals solche Höhe erreicht
, dass sie < der Empörung und besonders des Monopolisirens beschuldigt,
mit Ausnahme der nothwendigsten Handwerker und solcher, die
im Dienste der Regierung stehn, vertrieben werden. Spanische Schriftsteller
preisen die Heilsamkeit dieser Maassregel: »denn unter dem Vorwande
des Ackerbaues treiben die Chinesen Handel, sie sind schlau und rücksichtslos,
werden reich, und Schicken ihr Geld nach C hina ; so betrügen sie
die Philippinen jährlich um ungeheure Summen.« Sonnerat klagt aber, dass
Künste und Gewerbe sich nie von diesem Schlage erholt hätten; zum Glück,
*) Recopilacion Lib. IV. Tit. XVIII. ley i.
**) Informe I, III. 73*
***) Die Chinesen durften nicht in der Stadt, sondern nur in einem besondern Bezirk P a -
r i an wohnen.
t) Velarde 274.
J a g o r , Philippinen. 4 8