
steht. Baares Geld wird dort fast gar nicht geliehen, sondern nur VVaa-
ren zu einem Real per Monat für jeden Dollar des Werthes. Kann der
Schuldner zur festgesetzten Frist nicht zahlen, so wird ihm häufig eines
seiner Kinder genommen, das bis zur T ilgung der Schuld bei dem Darleiher
ohne Lohn für die blosse Beköstigung dienen muss. Ich habe einen jungen
Mann gesehn, der wegen 5 Dollar, die sein Vater, ein ehemaliger Gob er-
nadorcillo von Paranas, einem Mestizen in Catbalögan schuldete, 5 Jahre
lang umsonst gedient hatte, um die Schuld zu tilgen, und an der Ostküste
ein hübsches junges Mädchen, das wegen einer väterlichen Schuld von
3 Dollar schon seit 2 Jahren bei einem Eingeborenen diente, der,im Ruf
eines Wüstlings stand. Man zeigte mir in Borongan eine Kokospflanzung
von 300 Bäumen, die vor etwa 20 Jahren wegen einer Schuld von 10 Dollar
verpfändet, seitdem vom Gläubiger wie sein Eigenthum genutzt worden
war. V o r einigen Jahren starb der Schuldner, und es gelang den Kindern
desselben nur mit vieler Mühe, gegen Zahlung der ursprünglichen Schuld
das Eigenthum zurückzuerhalten. Es kommt vor, dass ein Eingeborener
von einem andren 21/, Dollar borgt, um sich von den 40 Tagen jährlicher
Frohnden loszukaufen, und dann seinem Gläubiger ein ganzes Jahr lang
dient, weil er nicht im Stande ist, das Geld pünktlich zurückzuzahlen. [12‘]
Die Bewohner von Samar und L e y te sind träg er, nicht so reinlich als
die von Luzon, und scheinen hinter den Bicol eben so sehr zurückzustehn,
als diese hinter den Tagalen. Bei T a d ö b a n , wo lebhafter Verkehr mit
Manila stattfindet, sind diese Eigenschaften weniger ausgesprochen: die
Frauen dort sind angenehm und baden viel. Uebrigens sind die Bewohner
beider Inseln freundlich, gutmüthig, folgsam und friedfertig. Schimpfreden
oder Thätlichkeiten kommen fast nie vor; wird Einer beleidigt, so
verklagt er seinen Gegner im Tribunal. A n der No rd- und Westküste
scheint grosse Sittenreinhejt zu herrschen, aber nicht an der Ostküste und
in L ey te . Die äusgerliche Frömmigkeit ist überall sehr g ro s s ; das haben
sie von den Priestern gelernt. Die Familien sind sehr einig, die Frauen
haben grossen Einfluss, verrichten vorzüglich die häuslichen Geschäfte und
sind zum Theil sehr geschickt im Weben, auf dem Felde fallen ihnen nur
127) Wie allgemein derartige Missbrauche, geht aus einem auf dem Papier vorhandenen,
aber nicht in die Praxis gedrungenen Gesetz von 1848 (Leg. ult. I. 144) hervor, welches
wucherische Kontrakte mit Dienern oder Gehülfen verbietet, und diejenigen mit strengen
Strafen bedroht, die unter dem Vorwande, Vorschüsse geleistet, oder Schulden oder die Kopfsteuer,
oder Ablösung von Frohnden gezahlt zu haben, Eingeborene oder ganze Familien
in immerwährender Abhängigkeit bei sieh erhalten, und ihre Schuld fortwährend erhöhen,
jnden) ¡sie ihnen für ihre Leitungen keinen hinreichenden Lohn gewähren.
die leichteren Arbeiten zu. Das Ansehen der Eltern und des ältesten Bruders
ist sehr gross; die jüngeren Geschwister wagen nie, diesem zu widersprechen.
Frauen und Kinder werden sehr gut behandelt.
Die Eingeborenen von L e y te haften eben so sehr an dem heimath-
lichen Boden wie die von Sama r, haben auch keine L ust zur Schifffahrt,
wenn schon die Abneigung dagegen nicht ganz so ausgesprochen ist, wie bei
den Bewohnern von Samar. [m ]
Anstalten der Wohlthätigkeit sind auf keiner der beiden Inseln v o r -
handen. Jede Familie erhält ihre Armen und Krüppel und behandelt sie
gut. In Catbalögan, der Hauptstadt der Insel, mit 5 bis 6000 Einwohnern,
gab es nur 8 Almosenempfänger (in A lb a y fehlte es nicht an Bettlern,. In
Läuang hatte bei einer feierlichen Gelegenheit ein Spanier ausrufen lassen,
dass er Reis unter die Armen vertheilen wolle; es meldete sich Niemand.
Die Ehrlichkeit der Bewohner von Samar wird sehr gepriesen. Schulden
sollen fast immer ohne schriftliche Dokumente kontrahirt und nie abgeleugnet,
wenn auch nicht immer pünktlich bezahlt werden. Räubereien
kommen auf Samar fast nie v o r , Diebstahl höchst selten. Schulen giebt
es auch hier in den Pueblos, sie leisten nicht viel weniger als in Camarines.
Unter den öffentlichen Vergnügungen stehn die Hahnenkämpfe obenan,
werden aber nicht so leidenschaftlich betrieben wie auf Luzon. A n den
Kirchweihfesten wird ein aus dem Spanischen übersetztes Schauspiel, g e wöhnlich
religiösen Inhalts aufgeführt, die Kosten werden durch freiwillige
Beiträge der Principalia g ed e ck t Die Hauptlaster der Bevölkerung
sind Spiel und Trunksucht; auch Weiber, selbst junge Mädchen betrinken
sich gelegentlich. Bei den Heirathen dauern die Festlichkeiten, Gesang und
Tanz oft mehrere T a g e und Nächte hintereinander, so lange Speisen und
Getränke ausreichen. Der Freier muss im Hause der Brauteltem 2,3, selbst
5 Jahre dienen, bevor er die Braut heimführen kann. Durch Geld ist diese
Last nicht abzukaufen. E r speist im Hause der Brauteltem, die den Reis
liefern, hat aber die Zuspeise selbst zu beschaffen. [ ’2'J Zu Ende der Dienst—
12*) Früher scheinen sie anders gewesen zu sein: »Diese Bisayer sind Leute, dem Ackerbau
weniger zugethan, gewandt in der Schifffahrt, lüstern nach Krieg und Seezügen, wegen
der Plünderungen und Prisen, welche sie Mangubas nennen, was dasselbe ist, wie Ansziehn
um zu stehlen.« Morga f . 138*
lag) Der Missbrauch dauert fort, obwohl ein strenges Gesetz ihn verbietet und die Al-
kalden, welche unterlassen es anzuwenden mit 100 Dollar Geldbusse für jeden einzelnen Fall
bedroht werden. In manchen Provinzen zahlt der Bräutigam, ausser der Aussteuer, eine Entschädigung
an die Mutter der Braut für die von letzterer genossene Muttermilch Bigay snsu).
Nach Colin (Labor evangelico S. 129: betrug der Penhimuyat, das Geschenk , welches die
Mutter für die Nachtwachen und Sorgen bei Erziehung der Braut empfing, ein Fünftel der
Aussteuer.