REISE AN DIE SÜDKÜSTE
immer auf [88] ; aber das Verhältniss der frisch und vor längerer Zeit angeschnittenen
bleibt dasselbe, mithin auch der Durchschnittsertrag. Der Saft
von 37 Palmen liefert bei jedem Einsammeln, nachdem er in einer eisernen
Pfanne abgedampft, eine, täglich also vier, wöchentlich 28 gantas oder
2 Vs tinäjas Zucker, der an Ort und Stelle 2*/2 Doll, die tinäja gilt. Diese,
von den Leuten selbst herrührenden Angaben stellen das Verhältniss vielleicht
etwas ungünstiger dar , als in der Wirklichkeit; doch kann, nach der
Ansicht eines kundigen Mestizen der Unterschied nicht sehr bedeütend
sein. Lässt man obige Zahlen gelten, so würde ein jeder dieser herrlichen
Bäume etwa i 2/3 D o l l ., und nach Abrechnung des Arbeiterlohns (1 r. per
Tag) etwa i 2/3 Thaler geben, freilich nicht vie l, doch mag es zum Tröste
dienen, dass er ohne die Dazwischenkunft des Menschen bald der Brandung
anheim fiele. und selbst gegen alle äussern Feinde geschützt, nach
einmaligem Fruchttragen verdorren muss.
Cabusäo liegt im Südwinkel der Bucht von S. Miguel, die fast rings
von hohen Bergen umgeben, den Schiffen einen sichern Ankerplatz gewährt.
— Von hier begab ich mich über Naga an die Südküste. Vier
Leguas von N a g a , im Busen von Ragay, am Südrande Luzons, liegt der'
k le ine , aber tiefe Hafen von Pasacao. In zwei Stunden erreicht man zu
Wasser die halbwegs liegende Visita Pamplona, von wo der W e g zu Lande
fortgesetzt wird. D e r noch vorhandene Rest der früheren Strasse befand
sich in erbärmlichem Zustande, selbst in der damals trocknen Jahreszeit
kaum passirbar; die Brücken über die vielen kleinen Gräben waren eingestürzt,
an manchen Stellen lagen grosse Steine und Baumstämme queer
über den Weg , die, vor Jahren zum Ausbessern der Brücken herbeigeschafft,
unbenutzt liegen blieben und seitdem die Strasse sperrten.
In Q uitang, zwischen Pamplona und Pasacao, wo sich zwei Bäche zu
einem, bei letztem Orte mündenden Flüsschen vereinigen, hatte ein junger
Franzose eine Hacienda gegründet. E r war zufrieden und hoffnungsvoll,
und lobte namentlich den Fleiss und guten Willen seiner Leute. Ausländer
scheinen in der Regel mit den Eingeborenen besser auszukommen,
als Spanier, wohl weil sie .veniger Ansprüche machen. Unter letzteren
sind namentlich solche aus den untern Klassen sehr geneigt ungerechtfertigte
Anforderungen zu stellen und bitter zu klagen, wenn sie nicht
für jede Arbeit sofort die nöthigen Hände finden, zu Lohnsätzen, die dem
gesteigerten Werthe der Produkte durchaus nicht entsprechen. Ginge es
88) Seitlich blühende Palmen können.eine lange Reihe von Jahren ununterbrochen oder
indem man sie zeitweis Früchte tragen lässt, abgezapft werden.
VON CAMARINES. 157
nach ihnen, so müssten die Eingeborenen von Amtswegen gezwungen werden
für sie zu arbeiten. [89j
Freilich ist der Indier unabhängiger als der europäische Arbeiter, weil
er bedürfnissloser, und als geborener Grundbesitzer nicht gezwungen ist,
sich als Tagelöhner eines Anderen sein Brod zu erwerben, dennoch ist
es fraglich, o b , in Bezug auf L ö h n e , irgend eine Kolonie dem Pflanzer
günstigere Verhältnisse darbietet, als die Philippinen. In Holländisch Indien,
wo Privatindustrie durch das Regierungsmonopol fast ausgeschlossen,
erhalten freie Arbeiter Vs Gulden, etwas mehr als 1 r . , den üblichen Lohn
in den wohlhabenden Provinzen der Philippinen (in den ärmeren beträgt er
nur die Hälfte) und die Javanen kommen den Filipinos weder an Kraft, noch
an Intelligenz und Geschick gleich. Wie hoch der Tagelohn in allen ehemaligen
Sklavenstaaten, ist bekannt. Mauritius und Ceylon müssen um
Zucker und Kaffee zu bauen, fremde Arbeiter mit grossen Unkosten einführen
und theuer bezahlen, und stehn sich dennoch gut dabei.
Von Quitang bis Pasacao ist der W e g noch schlechter als vorher und
doch ist dies die wichtigste Strasse der Provinz! Bevor man Pasacao erreicht,
sieht man an den Entblössungen der Kalkwände deutliche Zeichen,
dass sie früher vom Meer bespült wurden. Pasacao liegt malerisch am
Ende des vom Itulän durchflossenen T h a ie s , welches sich von Pamplona
zwischen bewaldeten Kalkbergen bis an’s Meer erstreckt. Die Ebben sind
hier höchst unregelmässig. Von Mittag bis Abend war kein Unterschied
wahrzunehmen, und als die Abnahme eben sichtbar wurde, stieg die Fluth
schon wieder. Unmittelbar südlich vor der Ortschaft war eine von den
Wellen unterwaschene Bergwand von 2000' Höhe und über 1000' Breite
zwei Jahre vorher herabgerutscht. Der Fels besteht aus einer zähen K a lk -
breccie voll Muschel- und Korallenbruchstücken; ich konnte es aber ohne
Schuhe auf dem scharfen Gestein nicht lange genug aushalten, um es näher
zu untersuchen.
A u s demselben Grunde musste auch von dieser Seite die schon von
Libmänan vergeblich versuchte Besteigung des Yamtik unterbleiben. Statt
dessen fuhr ich in Begleitung des gefälligen französischen Pflanzers im Boot
nordwestlich die Küste entlang. Unser Nachen schwebte über Korallen-
89) N. Loney versichert in einem seiner trefflichen Berichte, dass es bei angemessener
Bezahlung nie an Arbeitern fehle. Als beispielsweise zum Ausladen von Schiffen in Yloilo
viele Leute auf einmal gebraucht wurden, lockte die geringe Lohnerhöhung von 1 auf i>/4 r.
deren mehr herbei als beschäftigt werden konnten. Der belgische Konsul berichtet.seinerseits,
dass in den Provinzen, wo das Abaca wächst, die gesammte männliche Bevölkerung bei
dieser Kultur betheiligt ist in Folge einer geringen Lohnerhöhung.