
Hafen von Tacloban.
EINUNDZWANZIGSTES KAPITEL
INSEL LEYTE. — HEUSCHRECKEN. — SOLFATARA. — SCHWEFELGEWINNUNG.
— BITOSEE. — KROKODILE.
T ^ v ie Insel L eyte, zwischen g ° 49' und i i ° 34' N., und 124° 7' und 1250
- L ' 9' O. Gr., ist über 25 Meilen lang, fast 12 Meilen breit und hat 170
□ M. Flächeninhalt. Von Samar ist sie, wie mehrfach erwähnt, nur durch
die schmale San Juanico-Strasse getrennt. Die Hauptstadt Taclöban oder
Taclöbang liegt am östlichen Eingang dieser Strasse, hat einen sehr guten
Hafen und ununterbrochenen Verkehr mit Manila; daher ist sie zum Stapelplatz
für L eyte, Biliran, S ü d - und Ost-Samar geworden. [120]
A uch der hiesige Guvernör erwies mir viel liebenswürdige Aufmerksamkeit.
Fast ausnahmlos sind mir von meinem Verkehr mit den spanischen
Beamten die angenehmsten Erinnerungen geblieben. Um so unbefangener
konnte ich, wo es mir am Platz schien, über die Missstände
der Verwaltung sprechen.
Am T a g e nach meiner Ankunft in Taclöban entstand Nachmittags ein
Geräusch, wie das Brausen eines Wild ba chs; die Luft verfinsterte sich, es
120) Auf Pigafetta’s Karte ist Leyte in zwei Theile getheilt, der nördliche heisst Baibay,
der südliche Ceylon. Als Magellan in Massana (Limasana) nach den bedeutendsten Handelsplätzen
der Gegend fragt, nennt man ihm Ceylon (d.h. Leyte), Calagan (Caraga) und Zubu
(Cebu). Pigaf. 70.
schwebte eine grosse Heuschreckenwolke über den Ort. Ich will die
oft beschriebene in allen Erdtheilen sich wesentlich gleichbleibende Erscheinung
nicht noch einmal erzählen und bemerke nur, dass der über 500
Schritt breite, gegen 50' tiefe Schwarm, dessen Ende sich im Walde verlor,
für nicht sehr bedeutend galt. E r brachte Munterkeit statt Bestürzung
hervor. A lt und Jung war eifrig bemüht mit Laken, Netzen, Fahnen möglichst
viele der leckeren Thiere zu fangen, um sie wie Dampier erzählt »in
einer irdenen Pfanne über Feuer zu rösten, bis ihre Beine und Flügel a b -
fallen, und ihre Köpfe und Rücken die Farbe gesottener Krebse annehmen«,
in welcher Zubereitung sie ihm geschmeckt haben. In Birmah gelten sie
noch heut bei Ho f als Leckerbissen. [122]
Die Heuschrecken sind eine der grössten Plagen der Philippinen und
vernichten zuweilen die Ernte ganzer Provinzen. Die Legislación ultramarina
IV . 604 enthält ein besonderes Gesetz über die Vertilgung dieser
verheerenden Kerfe. Sobald sie erscheinen, soll die Bevölkerung der betroffenen
Ortschaften in grösster Anzahl unter Leitung der Behörden zu
ihrer Vernichtung ausziehn. Die erprobtesten Mittel zur Erreichung dieses
Zwecks sind in einer amtlichen Vorschrift enthalten und in der Verordnung,
betreffend ausserordentliche Leistungen bei öffentlichen Nothständen,
stehn die Heuschrecken zwischen den Seeräubern und Feuersbrünsten in
der Mitte. Von allen ersonnenen Mitteln, die sich aber gegen die zuweilen
in unglaublicher Menge erscheinenden verderblichen Thiere in den Philippinen
ebenso unzureichend wie anderwärts erweisen, sei nur eines hier
erwähnt: Am 27. April 1824 beschloss die Sociedad económica den V o g e l
Martin (Gracula sp.) einzuführen, »der aus Instinkt Heuschrecken frisst«.
Im Herbst des folgenden Jahres traf die erste Sendung derselben aus China
ein, 1829 eine zweite, 1852 findet sich abermals ein Posten von 1311 Dollar
für Martinvögel verausgabt.
Am folgenden T a g e führ ich mit dem Pater von Dagámi (in L e y te
giebt es Strassen} von Taclöban südlich nach Pálos und Tanáuan, zwei
blühenden Orten an der Ostküste. Kaum 1/2 L egu a von letzterem ragt un-
121) Nach Dr. Gerstäcker: Oedipoda subfasciata de Haan, Acridium manilense Meyen.
Meyen’s Name, den die Systematiker übersehn haben müssen, hat die Priorität vor dem de
Haan’s, müsste aber in Oedipoda manilensis umgeändert werden, da die Art nicht zur Gattung
Acridium im modernen Sinne gehört. Sie kommt auch in Luzon und in Timor vor und ist
nahe verwandt mit unserer europäischen Wanderheuschrecke, Oedipoda migratoria.
122) Nachdem sich der König zurückgezogen, . . » wurde Zuckerwerk und Kuchen m Fülle
gebracht, auch gebratene Heuschrecken, die den Gästen als grossé Delikatessen aufgenöthigt
wurden«. (Col. Fytche Mission to Mandalay Parlament. Papers June 1869.)