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 weder das Band  Einer Sprache,  noch  das  gemeinsamer  Interessen  verbindet  
 die  verschiedenen  Stämme,  die  staatliche  Gemeinschaft  reicht  bei  ihnen  '  
 kaum  über  die  Grenzen  des Dorfes  und  seiner  Filiale. 
 Ein  für  die  ferne Metropole viel bedenklicheres Element als  die  gleichgültigen, 
   der  augenblicklichen  Eingebung  folgenden,  politisch  zerrissenen,  
 ziellosen  Indier  sind  die  Mestizen  und Kreolen,  deren  Unzufriedenheit mit  
 ihrer  Zahl,  ihrem Wohlstände  und  ihrem Selbstgefühl zunimmt.  Schon die  
 1823  ausgebrochene Militärrevolte,  deren Hauptanstifter  zwei  Kreolen  waren, 
   hätte  leicht  verhängnissvoll  für  Spanien  enden  können.  Viel  gefährlicher  
 nicht  nur  für  die  spanische  Herrschaft,  sondern  für  die  gesammte  
 europäische  Bevölkerung  scheint  der  jüngste  von  Mestizen  ausgegangene  
 Aufstand  gewesen  zu  sein:  Am   20.  Januar  1872  zwischen  8  und  9  Uhr  
 Abends  empörten  sich  in  C a v ite ,  dem  Kriegshafen  der  Philippinen,  die  
 Artillerie,  die Marine-Soldaten  und  die  Zeughauswache  und machten  ihre  
 Offiziere nieder.  Ein Lieutenant,  der die Kunde nach Manila bringen wollte,  
 fiel  einem  Haufen  von  Eingeborenen  in  die Hände;  erst  am  nächsten Morgen  
 gelangte  die  Nachricht nach  der  Hauptstadt.  Sofort wurden  die  verfügbaren  
 Truppen  abgesandt,  aber  erst  nach  heftigem  Kampfe  glückte  es  
 am  folgenden  T a g e   die  Zitadelle  zu  erstürmen.  Ein  furchtbares  Blutbad  
 folgte,  alles wurde  nieder  gemacht,  niemand  verschont.  In Manila wurden  
 zahlreiche  Verhaftungen  vorgenommen. 
 Nicht Ein  Europäer war unter den Verschworenen,  aber viele Mestizen,  
 darunter eine Anzahl Geistlicher  und  Advokaten.  Wenn die unter  dem Eindruck  
 des Schreckens geschriebenen  ersten Berichte vielleicht  auch manches  
 übertreiben,  so  stimmen  doch  amtliche  sowohl  als  Privatbriefe  überein,  das  
 Komplot  als  lange  geplant,  weitverzweigt  und wohl  angelegt  zu  schildern.  
 Die  gesammte  Flotte und  ein  zahlreiches Truppenkorps  befand  sich  damals  
 auf dem Feldzuge gegen  Solo  abwesend  (s.  S.  181),  ein Theil der Garnison  
 von Manila sollte  sich gleichzeitig mit der von Cavite erheben,  und Tausende  
 von  Eingeborenen waren bereit  sich  auf die  caras  blancas  (die  weissen Gesichter) 
   zu  stürzen  und  alle  zu  ermorden.  Das  Scheitern  des  Komplots  
 war, wie es scheint, nur  einem glücklichen Zufall  zu danken,  dem Umstande  
 nämlich,  dass  ein  Theil  der  Verschworenen  einige  bei  Gelegenheit  eines  
 Kirchenfestes  abgebrannte  Raketen  für  das  verabredete^ Signal  hielt  und  zu  
 früh  losbrach. 
 Zum Schluss  sei es gestattet,  einige meist schon  im  T e x t  zerstreut  vorkommende  
 Bemerkungen  über  das  Verhältniss  der Philippinen  zuip  Aus lande  
 zusammenzustellen  und  kurze Betrachtungen  daran  zu  knüpfen. 
 Spanien gebührt der Ruhm,  die auf niederer Kulturstufe  Vorgefundene,  
 von  kleinen  Kriegen  zerfleischte,  der Willkür  preisgegebene Bevölkerung  
 in  verhältnissmässig  hohem  Grade  zivilisirt,  ihre  Lag e  erheblich verbessert  
 zu haben.  Wohl mögen die  gegen  äussere Feinde  geschützten,  von milden  
 Gesetzen  regierten Bewohner jener  herrlichen  Inseln  in>  Ganzen  genommen  
 während  der  letzten  Jahrhunderte  behaglicher  gelebt  haben  als  die  irgend  
 eines  ändern tropischen Landes unter einheimischer oder europäischer Herrschaft. 
   Die Ursache  lag  zum  Theil  an  den mehrfach erörterten eigenthüm-  
 lichen  Verhältnissen,  welche  die  Eingeborenen  vor  rücksichtsloser Ausbeutung  
 schützten.  Einen  wesentlichen  Antheil  an  dem  Erfolge  hatten  
 aber  auch  die Mönche.  Au s   dem  niederen  Volke  heryorgegangen,  an  A r -   
 muth  und  Entbehrungen  gewöhnt,  waren  sie  auf  den  nahen Verkehr mit  
 den  Eingeborenen  angewiesen  und  daher  besonders  geeignet  ihnen  die  
 fremde Religion  und Sitte für  den  praktischen Gebrauch  anzupassen.  Auch  
 als  sie  später  reiche  Pfarren  besassen  und  ihr  frommer Eifer  in  dem Maasse  
 nachliess  als  ihre Einkünfte  Zunahmen,  hatten  sie  den wesentlichsten  A n theil  
 an  der  Gestaltung  der  geschilderten  Zustände  mit  ihren  L ich t-u n d   
 Schattenseiten;  denn  ohne  eigene  Familie  und  ohne  feinere  Bildung blieb  
 ihnen der  intime Umgang mit  den Landeskindern Bedürfniss,  und  selbst  ihr  
 hochmüthiger  Widerstand  gegen  die weltlichen  Behörden  kam  in  der Regel  
 den Eingeborenen  zu  Statten. 
 Die  alten  Zustände  sind  aber  unter  den  veränderten  Bedingungen  der  
 Gegenwart  nicht  mehr  haltbar.  Die  Kolonie  kann  nicht  länger  gegen  
 Aussen  abgeschlossen  werden.  Jede  Verkehrserleichterung  ist  ein Riss  in  
 das  alte  System  und  führt  nothwendig  zu  weiteren  freisinnigen Reformen.  
 Je  mehr  fremdes  Kapital  und  fremde  Ideen  eindringen,  Wohlstand,  Aufklärung  
 und  Selbstgefühl  zunehmen,  um  so  ungeduldiger werden  die  vorhandenen  
 Misstände  ertragen. 
 England  mag  seine  Besitzungen  unbekümmert  dem  Auslande  öffnen,  
 Fremde  den  Nationalen  gleichstellen;  die  britischen  Kolonien  sind  durch  
 das Band gegenseitiger Vortheile,  Erzeugung vonRohstoffen mit englischem  
 Kapital,  Austausch  derselben gegen  englische  Fabrikate  an  das Mutterland  
 gebunden,  Englands Reichthum  ist  so  gross,  seine Einrichtungen  zum  Betriebe  
 des Welthandels so vollkommen,  dass die Ausländer in den britischen  
 Besitzungen  zumeist  Agenten  des  englischen Handels werden,  dessen  altgewohnte  
 Geleise  selbst  ein  Aufhören  des  politischen  Verbandes  kaum