
22 HAHNENKAMPFE.
Nationallaster gewordene Opiumrauchen durch die Engländer. Wahrscheinlicher
ist es wohl, dass die Malayen die Sitte in’s Land brachten.
Im östlichen Theil der Philippinen müssen zu Pigafetta’s Zeiten Hahnenkämpfe
unbekannt gewesen sein. Er sah die ersten Kampfhähne in
Paläuan: »Sie haben grosse Hähne, die sie aus einer A r t von Ab erglauben
nicht essen, sie halten sie aber, um sie kämpfen zu lassen; es
werden dabei Wetten gemacht, deren Ertrag der Eigenthümer des Siegers
erhält.« *) [2S]
Für Europäer ist das Schauspiel in hohem Grade widerwärtig: Der
einen Ring um den Kampfplatz bildende Zuschauerraum ist mit Eingeborenen
überfüllt, die aus allen Poren schwitzen, während ihre Gesichter
von hässlichen Leidenschaften au fs Höchste erregt sind. Die Hähne sind
je mit einem sehr scharfen, sichelförmigen, 3 Zoll langen Messer bewaffnet
, das tiefe Wunden reisst und immer den T od des einen oder
beider Hähne durch grausame Verletzungen herbeiführt. Ein Hahn, der
aus Feigheit davonläuft, wird lebendig gerupft. Im Verhältniss zu den
Mitteln der Spieler werden unglaublich hohe Summen verwettet.
Dass diese Hahnenkämpfe für ein so sehr zu Müssiggang und Liederlichkeit
geneigtes, nur den Regungen des Augenblicks folgendes V o lk im
höchsten Grade entsittlichend wirken, liegt auf der Hand. Der Lockung,
ohne Arbeit Geld zu gewinnen, vermögen sie schwer zu widerstehn; Viele
werden durch die Leidenschaft des Spieles zu Wucherschulden, Unterschlagungen
und Diebstahl verleitet, auch zu Strassenraub: die Land-
und Seeräuberbanden, von denen weiter unten, sollen zum grossen Theil
aus ruinirten Spielern bestehn. [26]
*) Pigafetta 111.
25) ln den Ordenanzas de Buen Gobiemo von Hurtado Corcuero, Mitte des I7ten Jahrhunderts,
werden Kampfhähne nicht erwähnt. 1779 wurden sie zuerst als Steuerquelle ausgebeutet;
1781 verpachtete die Regierung das Recht, Eintrittsgelder zu den Galleras (von
Gallo, Hahn) zu erheben für 14,798 Doll, jährlich. 1863 ist der Ertrag der Galleras mit
106,000 Doll, im Budget ausgeworfen.
26) Es giebt eine besondere Verordnung von 100 §§. über die Hahnenkämpfe (Madrid,
21. März 1861). § 1 bestimmt, dass die Kämpfe, da sie eine Staatseinnahme bilden, nur auf
öffentlichen Schauplätzen stattfinden dürfen; § 6. sie sind an Sonn- und Festtagen zu gestatten;
§ 7. von Schluss der Hauptmesse bis Sonnenuntergang; § 12. mehr als 30 Doll, dürfen nicht
auf einmal gewettet werden. § 38. Jeder Hahn darf nur e i n Messer und zwar am linken Sporn
tragen. § 32. Der Kampf ist beendet, wenn beide Hähne oder einer derselben stirbt, oder
wenn einer von beiden aus Feigheit davonläuft. In Daily News vom 30. Juni 1869 findet sich
die Notiz, dass in Leeds, fünf Männer jeder zu 2 Monaten Gefängniss verurtheilt wurden, weil sie
sechs, mit metallenen Sporen bewaffnete Kampfhähne gegen einander hatten kämpfen lassen.
Danach scheint in England das früher sehr beliebte Schauspiel nicht mehr gestattet zu sein.
Alle Städte Hinterindiens übertrifft Manila durch angenehme Frauen-
Igestalten, die seine Strassen beleben. Herr Mallat schildert sie in glühen-
Iden Worten. Ein hübsches, phantasiereiches, in der Lokalfarbe gehaltenes
■Bild des Strassenlebens findet man auch in den sehr unterhaltenden
■Aventures d’un gentil’homme Breton.*)
W ie v ie le der hübschesten »India’s« von ganz reinem Blute sind, ist
■freilich nicht zu ermitteln. Manche sind sehr weiss, nähern sich dem
■europäischen Typus und unterscheiden sich dadurch merklich von ihren
■Stammesgenossen in den abgelegeneren Provinzen.
Der unmittelbaren Umgebung Manila’s fehlt es nicht an schönen
■Punkten, ihr Besuch gehört aber nicht zum Ton, da Toilettenschau, nicht
■ Naturgenuss, Zweck des Spazierengehns ist. In der trockenen Jahreszeit
■fahren Abends Alle, die es bezahlen können, auf staubigen Strassen nach
■einem kürzlich angelegten Platz am Meer, von 1000 Fuss Breite, 200 Fuss
■ Länge, wo mehrere Mal in der Woche die recht gute Musik inländischer.
■Regimenter spielt, und gehen steif auf und ab. Die Spanier stecken alle in
■Uniformen oder schwarzen Fracks. Wenn die Glocken zum Abendgebet
■ (Angelus) läuten, stehn W a g en , Reiter und Fussgänger plötzlich still,
■jedermann entblösst sein Haupt und scheint zu beten.
Derselbe Guvernör, der die Promenade an g e leg t,. hatte auch einen
■ botanischen Garten geschaffen. Zwar waren die wenigen von ihm dahin
■versetzten Pflanzen, auf dem morastigen Boden der vollen Sonnengluth
■ preisgegeben, schnell wieder zu Gründe gegangen, aber der Platz war ein-
■ gezäunt, in Felder getheilt, mit Unkraut bewachsen und hatte wenigstens
■ einen Namen erhalten, gegenwärtig soll er besser im Stande sein.[27]
In der Umgegend von Manila sind die Kirchenfeste wohl des Besuchs
■föer Fremden werth, schon wegen der zahlreichen hübschen Indierinnen
■ und Mestizinnen, die sich Abends dort einfinden und in ihrem besten Putz
*) Der Pflanzer de la Gironiere hat den Rohstoff, Al. Dumas angeblich die Aus-
| Ischmückung dazu geliefert.
27) Botanische Gärten scheinen unter Spaniern nicht zu gedeihen. Chamisso (S. 71) klagt,
I Idass zu seiner Zeit von dem vom gelehrten Cuellar bei Cavite angelegten botanischen Garten
I Ikeine Spur mehr vorhanden war. Der Madrider Garten ist in einem traurigen Zustande, die
I iGlashäuser stehn meist leer. Auch der von einem reichen Patrioten in Orotava (Teneriffa) mit
I Igrossen Kosten geschaffene, der als Akklimatisations-Station wichtige Dienste leisten könnte,
I igeht schnell zu Grunde. Es soll alljährlich eine nicht unbeträchtliche Summe dafür im Budget
I lausgeworfen werden, von der aber nur selten Spuren bis Orotava gelangen. Bei meiner An-
I Iwesenheit 1867 hatte der Gärtner seit 22 Monaten keinen Gehalt bekommen, alle Arbeiter
I | waren entlassen, sogar der unumgänglich nöthige Zufluss des Wassers war eingestellt worden.