
zu klagen. Häufig sollen auch spanische Beamte sich an jenen Unterschleifen
und ihren Erträgen betheiligen. Sehr allgemein ist die missbräuchliche Verwendung
der Polistas zu Privatdiensten.
Die Gemeindeverfassung der Philippinen *), welche die Spanier bei ihrer
Ankunft schon vorgebildet fanden und geschickt abänderten , indem sie die
erblichen Häuptlinge mehr und mehr durch einen Adel ersetzten, der nur im
Regierungsdienst erworben werden kann, dessen Mitglieder zwar von den Eingeborenen
, aber doch nur nach den Wünschen der Regierung gewählt werden,
ist gewiss im Ganzen als eine glückliche Umgestaltung Vorgefundener Verhältnisse
zu betrachten. Die Regierung verkehrt nur. mittelbar durch diésen unbesoldeten
Adel mit den Eingeborenen ; ihm liegt die Gemeindeverwaltung, die Polizei,
die Eintreibung der Steuern ob. Das von Manchen übermässig gepriesene System
hat aber auch grosse Nachtheile: die von ihren Genossen gewählten inländischen
Beamten, welche von der spanischen Regierung keine Besoldung erhalten,
keine Dienstbeförderung, zu erwarten haben, stehn dieser sehr unabhängig gegenüber
und der Verband ist um so loser, als die spanischen Beamten so schnell
wechseln, dass es ihnen, wenn nicht an den übrigen Eigenschaften, schon an
Zeit mangelt, um das Vertrauen, die Zuneigung und Achtung der Eingeborenen
zu erwerben. Da die unbesoldeten Cabezas überdies mit ihrem Vermögen für
die Kopfsteuer ihrer Barangays haften, so werden sie leicht' verleitet, sich durch
Unterschleife gegen mögliche Ausfälle vorweg reichlich zu decken. Ein noch
grösserer Uebelstand ist e s , dass die Polizei während der Amtsdauer zwar von
Kopfsteuer und Frohnden befreit bleibt, übrigens aber weder von der Gemeinde;
noch von der Regierung besoldet wird, und daher freigebigen Uebertretern des
Gesetzes sehr zugänglich ist.
' Als der Tribut bei Gründung der Kolonie eingeführt wurde, um zur Deckung
der Verwaltungskosten beizutragen, war in den Philippinen kein besteuerbares
Eigenthum vorhanden; seine Beibehaltung unter den gegenwärtigen Verhältnissen
erscheint weder geschickt noch gerecht. Die Steuer nimmt keine Rücksicht auf
die Erwerbsfähigkeit, ja sie trifft nicht einmal den Armen und den Reichen gleich,
sondern lässt Letztem gewöhnlich frei.
Nur diejenigen Europäer, die Ländereien besitzen, zahlen davon eine dem
Zehnten des angeblichen Bruttoertrages entsprechende Abgabe (diezmos prediales).
Der Gesammtertrag dieser Abgabe übersteigt nicht 7000 Dollar jährlich!
Andrerseits berechnet Herr Agius (General-Intendant der Hacienda) die Summe,
welche der Staat den Krüppeln, Altersschwachen und ändern auf die öffentliche
Wohlthätigkeit angewiesenen Individuen abpresst, auf 12,600 Dollar.
Schon lange wünschen die einsichtsvolleren Beamten den Tribut durch eine
Steuer auf Grundbesitz und Gewerbe zu ersetzen, und alle davon Betroffenen vom-
Tribut zu befreien. Die Ausführung einer so heilsamen Maassregel ist aber unmöglich
, so lange die Verhältnisse des Grundbesitzes nicht- geordneter sind.
Auch fehlen nicht nur alle statistischen Daten, sondern auch dié PersonenÍ von
denen das mangelnde Material in irgend zuverlässiger Weise beschafft werden
könnte. Die Schwierigkeit wird noch bedeutend dadurch vermehrt, dass wenige
Spanier die Landessprachen, wenige Eingeborene spanisch verstehn, dass letztere
im höchsten Grade misstrauisch sind und sich der Lüge fast instinktmässig als
einer immer bereiten Schutzwehr gegen Jeden bedienen, der sie ausfragen will.
*) Crawfurd (Dict. 345) verweist auf die Aehnlichkeit der Barangays mit den angelsächsischen
Hundreds and tithings.
Um so schwieriger würde es sein richtige Angaben zu erlangen, wenn es sich um
ihren Geldbeutel handelt. . . .
Ein Hinderniss sonderbarer Art, für eine Volkszählung in den Philippinen
ist das fast gänzliche Fehlen aller Familiennamen und die geringe Manchfaltigkeit
der angenommenen Namen. Früher scheint das Uebel noch grösser gewesen zu
sein, wie aus folgendem Dekret des General-Kapitäns vom Novbr. 1849 (Leg.
ult. I. 449, hervorgeht) :
»Die Indier haben gewöhnlich keine Familiennamen, nehmen beliebige
Namen meist von Heiligen an, wodurch die Polizei - Kontrole und das^ Einsammeln
des Tributes erschwert werden. Es werden daher an die Provinzialbehörden
Verzeichnisse passender Namen geschickt, auch solcher aus dem Mineral,
Pflanzen-und Thierreich damit jeder Familie eines Pueblo ein Name ertheilt
werde, den sie zu führen und zu behalten hat. Die Eingeborenen welche bereits
Familiennamen besitzen, behalten dieselben. Solche, die schon vier Generationen
hindurch einen Heiligennamen geführt haben, können ihn behalten, ausgenommen
sind aber Namen wie Sa. Cruz und los Santos u. s. w., die wegen ihrer grossen
Häufigkeit Anlass zu Verwirrungen geben.«