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schnitten werden k an n ;[14a] nach einigen Jahren wird die Pflanzung so
dicht, dass es kaum möglich is t, durchzudringen. Am besten ist der Bast
zur Zeit, wo die Blüthe ansetzt, doch wird, wenn die Faser hoch im Preise
steht, dieser Zeitpunkt nicht immer abgewartet.
Pflanzen, die geblüht haben, werden gar nicht ausgebeutet, angeblich
weil ihre Faser zu schwach ist. Eine so zartfühlende Rücksicht für den
unbekannten Konsumenten jenseits des Weltmeers trotz dringender Nachfrage
und mangelnder Aufsicht wäre befremdend. Auch ist kein Grund
ersichtlich, weshalb die Faser schwächer werden sollte durch den Vorgang
der Fruchtbildung, der doch nur zu den Gefässzellen in Beziehung steht,
die Umwandlung ihres Inhalts in lösliche Stoffe und ihre allmälige Entleerung
zur Folge h a t , während die Faserzellen dadurch nicht beeinflusst
werden. Diese nehmen im Gegentheil mit dem Alter der Pflanze an
Festigkeit z u , haften a b e r , weil die entleerten Z e llen , durch Ablagerung
harziger Stoffe an einander kleben, so fest zusammen, dass es nicht möglich
sein würde, sie' ohne sehr vermehrten Kraftaufwand und unzerrissen zu gewinnen.
So mag die irrige Meinung entstanden sein. Durch vorheriges
Rösten, wie beim Hanf, Hessen sich vielleicht auch die alten Pflanzen v e r -
werthen, jedoch nicht ohne beträchtliche Erhöhung des Arbeitslohns, der
schon jetzt den grössten Xheil der Darstellungskosten ausmacht. [441]
Um den Bast zu erhalten, wird der Stamm dicht über dem Boden
abgeschnitten und von den Blättern und äussern Hüllen befreit; dann löst
man die einzelnen Blattstiele in Streifen ab, macht auf der innern, konkaven
Seite einen Querschnitt durch die Haut und reisst sie sammt dem daran
haftenden fleischigen Xheil (dem Parenchym) a b , so dass nur die äussere
Haut möglichst rein zurückbleibt. Oder man löst den Bast von dem un-
zertheilten Stamm. Zu dem Zweck macht der Arbeiter einen schrägen
Einschnitt in die Haut am untern Ende des Stammes, fährt mit dem Messer
unter den Zipfel, zieht einen möglichst breiten Streifen der ganzen Länge
nach a b , und wiederholt dies so lange es lohnt. Dies Verfahren, ausgiebiger,
aber zeitraubender als das zuerst beschriebene und daher nur
selten angewendet, heisst: j a g o t , jenes: luni . Die Baststreifen werden
dann unter einem drei Zoll hohen, sechs Zoll langen Messer durchgezogen,
140) Eine Pflanzung im vollen Betriebe liefert jährlich 30 Zentner Bandäla vom Preuss.
Morgen. Vom Morgen Lein gewinnt man nur 2 bis 4 Ztr. reinen Flachs, 2 bis 8 Ztr. Samen.
Lein kann aber, da er den Boden erschöpft, nicht alle Jahre gebaut werden.
141) Wie mir Dr. Wittmack mittheilt, kann man auch vom Hanf nur Fasern oder Samen
gewinnen, da der reife Hanf zu spröde, grobe Fasem besitzt. Beim Flachsbau wird freilich
häufig Same und Faser verwerthet, doch sind dann beide von geringer Güte.
BASTGEWINNUNG. 249
das mit einem Ende an einem elastischen Stock so befestigt is t , dass die
Klinge senkrecht über einem geglätteten Block schwebt, und am ändern
Ende, dem Griff, mittelst einer an einem Xrittbrett angebrachten Schnur fest
aufgedrückt werden kann. Der Arbeiter zieht die mehr oder weniger gereinigten
Bastreifen zwischen Block und Messer durch, von der Mitte anfangend
erst nach der einen, dann nach der ändern Seite. Das Messer darf
nicht schartig oder gar sägenförmig gezähnt sein , wie Padre Blanco
angiebt.*)
In Lohn arbeitend liefern 3 Mann gewöhnlich 25 Pfd. per Xag. Einer
haut den Stamm um , löst die Blätter ab und trägt z u ; ein Zweiter, häufig
ein K n ab e , bereitet die Streifen, der Dritte zieht sie unter dem Messer
durch. E s kommt v o r , dass einzelne Pflanzen bis 2 Pfund Fasern liefern;
der günstigste Durchschnitt beträgt wohl nur selten ein Pfund, auf schlechtem
Boden kaum den sechsten Xheil. Der Besitzer beutet die Pflanzung
entweder selbst aus, oder durch "Tagelöhner oder, bei sehr niedrigen Marktpreisen,
indem er den Arbeitern die Hälfte des Ertrages überlässt. In diesem
Fall soll ein tüchtiger Arbeiter einen Pico in der Woche liefern können.
L e g t man den bei meiner Anwesenheit ausnahmsweise niedrigen Preis,
1 6 , 5 r. für den Pico zu Grunde, so gewinnt der Arbeiter in 6 T a g e n den
halben Betrag = 8,25 r., täglich i , 378 r. Der Xagelohn war damals o ,5 r.
und Beköstigung = o ,28 r-, zusammen o ,75 r.
im Tagelohn: auf halben Antheil:
Der Arbeiter verdiente also täglich o ,75 r. 1,375 r-
Der Arbeitslohn per Pico betrug 12, 6 r. 8 , 25 r.
Der Nutzen des Pflanzers nach A b zug
des Arbeiterlohns 3, 9 r. 25 r-
Die Ränder der Blattstiele, die viel feinere Fasern enthalten als die
Mitte, werden in zollbreiten Streifen besonders abgelöst und mit starkem
Druck mehrere Male unter dem Messer durchgezogen. Ihr Produkt heisst
L u p i s , steht hoch im Preise und wird zu feinen inländischen Geweben
benutzt, während die Bandäla hauptsächlich zu Xauwerk dient.[142] Das
Lupis wird nach der Feinheit der Fasern in vier Klassen sortirt (i° B i-
' nani, 20 Xotogna, 30 S o g o tan , 40 Cadaclan) indem man ein Bündel davon
in die linke Hand nimmt, und mit der rechten die drei ersten Sorten in die
*) Flora de Filipinas.'
142) Lupis wurde 1868 inLondon 100 £ per Tonne bezahlt, jedoch nur in geringer Menge,
etwa 5 Tons jährlich, eingeführt und angeblich in Frankreich zu einer besonderen Art von
Unterröcken verwendet; die Mode soll bald wieder aufgehört haben. Q u i t o l , eine geringe
Sorte Lupis, soll 75 £ bezahlt worden sein.