Die Carretera de Manacor.
Nach Aglaida und Montuiri.
Um diese Fahrstrasse kennen zu lernen, wollen wir unsere Wanderung in Palma beginnen. Am
Anfang des Weges sehen wir unweit von Palma die uns schon bekannte Kirche der Mare de Deu
de la Soledad. Der Blick schweift über die fruchtbare Huerta mit ihren Maispflanzungen, Maulbeerbäumen
und verstreut liegenden Häusern und Häusergruppen. Man gelangt an dem Häuschen
des Peon Caminero vorüber; unweit davon ist ein Garten und weiterhin S ’Hortet d’en Cerols.
Man sieht einzelne Strandkiefern, Feigen-, Johannisbrod-, Oel- und Mandelbäume, von denen die
letzteren auch regelmäfsige Pflanzungen bilden, und zur Rechten den prächtigen Garroveral del
Rey, welches die grösste Johannisbrodbaumpflanzung der Insel ist. Hierauf kommt der Aujub d’en
Lbtes und der Pia de ses Bruxes; auf beiden Seiten sieht man Strandkiefernwald und dann Felder.
Man steigt leicht hinab in eine morastige, mit Binsen bewachsene Fläche. Es folgt der Moli d’en
Ferragut, eine in arabischem Styl gehaltene Wasserhebemühle, man gelangt durch den Pia de Sn Jordi,
passirt den Hostal des Plä und beginnt dann allmählich hinaufzusteigen. Links sieht man das offene,
zum Theil unbewohnte Xorrigo des Marquez d’Ariany und erreicht bald darauf nach starker
Steigung die Creu d’Algaida. Grossartig ist von hier der Rückblick auf Palma mit der tiefblauen
Bucht der grünenden Huerta und der ernsten Sierra. Die Grundstücke sind mit hohen Mauern
umzäunt. Man überschreitet ein Bachbett und einen kleinen Einschnitt und erreicht die Häusergruppe
der Hostals de Algaida, die von Feigen- und Johannisbrodbäumen, sowie kleinen Opuntiengärten
umgeben ist. Es giebt vier Hostals; das Dach des grössten ist von Mares-Säulen unterstützt.
Unweit davon trifft man auf dem alten Wege nach Sineu das Häuschen von Son Falconer; links
davon entspringt eine wasserreiche, .30 Canas tiefe Quelle, und nahebei befindet sich eine Höhle in
der Richtung von Conseil; das Wasser läuft zum Pou d’en Tries gegen den Prat de S n Jordi zu.
Wirft man einen Strohhalm oder was immer für einen schwimmenden Gegenstand hinein, so sieht
man ihn gleich in dieser Richtung verschwinden, so dass viele Leute der Meinung sind, dass dieses
Wasser einem unterirdischen Bache angehöre. Das Wasser ist sehr warm und eignet sich besonders
zum Kochen von Saubohnen. An einem steinernen Kreuz vorbei kommt man auf den Weg
nach Algaida durch eine Art Gasse mit Häusern, welche die eigentliche Ortschaft mit der Carre-
tera de Manacor verbindet. Zahlreiche Windmühlen umgeben Algaida, welches 1946 Einwohner
und 604 Häuser zählt. Einen hübschen Hintergrund für die Ortschaft bildet der doppelgipfelige Puig
de Randa. Die meist einstöckigen Häuser zeigen in der Regel Rundbogenthüren und schöne
Rebenlauben vor den Eingängen. Die Calle Mayor führt auf ein Plätzchen mit grösser Tränke,
das von einer schmalen Bogenhalle und neueren Häusern umgeben ist. Die Kirche ist ziemlich
alt, nämlich so alt, wie die Ortschaft selbst, die ungefähr im Jahre 1300 unter der Regierung von
Dn Jaime II. gegründet wurde. Die günstige Lage von Algaida brachte es damals mit sich, dass
viele der neuen Einwohner dorthin übersiedelten, und bald wurde der Bau einer Kirche nothwendig,
welche, wie erwähnt, im Anfänge des 14. Jahrhunderts errichtet wurde. Die Vorderseite des ziemlich
grossen Gebäudes ist in drei Stockwerke eingetheilt und bildet mit dem Thurme ein Ganzes.
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Im ersten Stockwerke ist das gothische Hauptportal mit Darstellung der sitzenden Madonna mit
Kind, im dritten die gothische Fensterrose, überragt von einem zopfigen ausgeschweiften Giebelaufsatz.
üeber diesem Stockwerke erhebt sich zur Rechten der noch zwei Stockwerke höhere
Thurm mit kleiner Terrasse, die sich 216 m über das Meer erhebt, mit schwerfälligen Tragsteinen,
welche das Gesims stützen, und mit einem kuppelartigen Aufsatz. Auf den Seiten der
Kirche treten Strebepfeiler hervor, zwischen denen Segmentbogen mit Wasserspeiern sichtbar
werden. Auf jeder Seite befinden sich fünf gothische Kapellen mit sich einfach kreuzenden Rippen
in den Wölbungen. Die Eckkapelle ist grösser als die übrigen. Der Hochaltar in tonnenförmiger
Apsis ist reich verziert. Eine Empore befindet sich über dem Eingänge. Bei der Calle del Colomer,
dem oberen Ausgange der Ortschaft, steht ein schönes Kreuz aus der Renaissancezeit.
Von Algaida kann man am besten das 4 km abstehende Randa durch das gleichnamige
Querthal erreichen. Randa, ein mit Algaida politisch zusammengehöriges, 412 Einwohner zählendes
Lugar hat mehrere Gassen mit natürlichem Pflaster- Die 53 Häuser sind in der Mehrzahl zweistöckig,
mit Rundbogeneingang und kleinen Gesimsfenstern versehen. Die Kirche stammt erst aus
dem vorigen Jahrhundert, obschon die kleine Ortschaft an Stelle einer Alquería entstand, welche
die Mauren Arrenda nannten. Sie ist Suffragan-Kirche derjenigen von Algaida. Der mit Spifz-
bogenfenstern versehene Thurm trägt ein Kuppelchen und ist mit einer Uhr versehen. Das Innere
der Kirche bildet ein spitzes Tonnengewölbe. In der Hochaltarkapelle befindet sich ein Bild vom
seligen Ramon Lull.
Geht man von Randa am waldigen Abhange des Puig de Randa entlang, so gelangt man
nach Aubeña, einer früheren Alquería, und unweit davon zur grossen Possession von Castellitx.
Man hat von hier einen schönen Blick auf Montuiri, Randa und die benachbarten Posessionshäuser,
sowie auf Sa Mata Escrita, eine ehemals der Familie Ramon Lull’s gehörige Besitzung, so genannt,
weil der Sage gemäss die Mastixsträucher noch die Schriftzüge des mallorquinischen Seligen auf
ihren Blättern tragen. Eine kleine Quelle entspringt unterhalb der Besitzung. Zwischen beiden
Häusern steht das alte interessante Kirchlein von Castellitx, das der Nuestra Señora de la Paz geweiht
ist. Dasselbe bildete früher die Pfarrkirche des Distrikts von Algaida und blieb nach Erbauung
der grösseren Kirche ein öffentliches Oratorium. Das von einem Glockenbogen überragte
Kirchlein hat eine Vorhalle mit Segmentbogen-Eingang und einer hölzernen Kanzel, die durch einen
hohen Pfeiler mit abgefassten Ecken gestützt wird. Erwähnenswerth ist der sehr hübsche Rundbogeneingang
mit kleinen zierlichen sich kreuzenden Verzierungen, die auch an den Capitälen und
den Pfeilern wiederkehren. Im Innern befinden sich Spitzbogen, die durch Wandpfeiler getragen
werden; der eine hat sich kreuzende, der rechts befindliche verschlungene Verzierungen. Die
Altarkapelle stammt aus der Renaissancezeit und besteht aus einem Tonnengewölbe, das von zwei
gewundenen Bögen und Pfeilern getragen wird. Rechts vom Eingänge ist ein altes beachtens-
werthes Weihwasserbecken mit muschelartiger Verzierung und einem Kreuz im Grunde auf einem
abgefassten Pfeilerchen. Sehr hübsch ist der gothische Altar mit zwei Seitenflügeln, der eine reiche
Ausschmückung durch Krabbenverzierungen und Kreuzblumen erhalten hat. Bilder aus dem Leben
des heiligen Petrus und Paulus vervollständigen seine Ausstattung. Das mittlere Stück fehlt.
Man bewahrt in der Kirche auch ein schönes goldgesticktes Messkleid und einen alten schönen
Kelch mit einem Wappen. Hinter dem Altar befindet sich ein Renaissance-Altärchen, wo die
Mare Deu de la Pau, ein kleines Renaissance-Figürchen, aufgestellt ist; ein alter Cosi dient als Taufbecken.
Neben der Kirche ist ein Corral, der einst als Begräbnissplatz diente.
Nach Aglaida zu geht ein guter Weg durch schöne Mandelpflanzungen. Von diesem Orte
aus gelangt man, die einförmige Ebene durchwandernd, auf guter Strasse durch üppige Pflanzungen
und Weinberge nach Montuiri. Die Ortschaft mit 1S61 Einwohnern und 597 Häusern liegt auf
einem langen einförmigen Hügel, der von Windmühlen gekrönt und von der Kirche überragt wird.
Kleine Gärten mit Granatäpfelbäumen umgeben den Ort, an dessen Ende sich ein Lavadero,
sowie ein steinernes Kreuz befinden. Montuiri hat nur einstöckige Häuschen, die meist Rundbogenthüren,
kleine Fenster und ein unteres Gesims zeigen. Es giebt aber auch einzelne moderne Häuser
mit grossen Fenstern und Sommerläden. Alte Wappenschilder und Kielbogenfenster befinden sich
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