Ciudadela.
Ciudadela, die Hauptstadt des gleichnamigen Distriktes, welcher 8200 Einwohner zählt
und die einstige Hauptstadt der Insel, welche an Mahon in Folge der Wichtigkeit seines Hafens,’
zur Zeit der Engländer den Vorrang abtreten musste, hat noch etwas von seiner alten Stellung
bewahrt, um so mehr, als daselbst der Clerus und der Adel verblieben sind. Der Bischof mit dem
Domcapitel, die grossen Behausungen einiger Adeligen geben der, wenn auch kleinen Ortschaft
noch ein städtisches Aussehen. Im Gegensätze zu Mahon, wo kaum eine Strasse eben ist, liegt
Ciudadela mit seinen 1645 Häusern fast ganz flach, und darauf bilden sich ihre Bewohner, welche
stets die Vorzüge vor Mahon hervorzuheben bestrebt sind, viel ein und loben ihre Vaterstadt mit
den Worten: „so schön flach wie die Hand, überall kann man gehen, ohne sich zu ermüden“ .
Was aber zum Gehen bequem sein mag, ist hinderlich für den Ablauf der Gewässer, welche in
V1.e. e,nr'9 aSSf “ ’ .dle kaum V« Procent Neigung haben, an Regentagen gar nicht abfliessen wollen;
glücklicher Weise herrscht indessen eine grosse Reinlichkeit auf den Strassen, und ein Jeder kehrt
sorgfältig sein Stückchen vor dem eigenen Hause. Zur Pflasterung wird zumeist harter, weisslicher
Kalkstein verwendet, der in der Nähe gebrochen wird; ein anderes schlechteres, röthliches
Pflasterungsmatenal kommt von der Nordküste. Der Bau der Häuser ist wohl bei den alten und
neuen verschieden; von den ersteren sind mehrere, namentlich in der Hauptstrasse, mit Bogenhallen
mlt Spitzbogen, theils mit Rundbogen, versehen, die neueren dagegen einfach und glatt, aber
sauber und häufig gelblich oder in irgend einem leichten Farbenton gehalten. Die Jalousien
sind allgemein gelblich, d. h. holzfarbig gemalt; sie werden mit Schiebern nach unten, wie in Mahon
einige wenige auch mit hölzernen Wellen befestigt. Viele Häuser haben dasselbe englische Fenstersystem,
wie in Mahon, viele aber bis nach unten aufzumachende Fenster, einige wenige neuere
dagegen Fenster, die sich seitwärts in die Wand schieben lassen
Ciudadela hat seit der Abtragung der Festungsmauern, die es einst umgaben, einen grossen
Aufschwung zu verzeichnen. Man kann wohl sagen, dass die neuen Häuser wie Pilze aufgeschossen
sind und der Wiederaufbau, die Erwartung Aller übertreffend, überraschend schnell erfolgte, was
wohl der Billigkeit der verkauften Baugründe zu verdanken ist.
, K Wahrscheinlich war Ciudadela schon zur Zeit der Römer und Araber befestigt, und es
besteht noch ein Stück der alten Mauer, das römischen Ursprunges sein dürfte. Kurz nach
der Eroberung Menorca’s durch Alplions III., welcher im Jahre 1286 durch die Puerta de Mahon
seinen feierlichen Einzug hielt, begann man an den Befestigungen zu arbeiten. Wiewohl also ganz
Menorca zu dem Bau bejtrug, ging dieser doch so langsam von statten, dass er im Jahre 1365 noch
immer nicht vollendet war und durch königliche Verordnung angeordnet werden musste, dass der
ganze Umkreis von Ciudadela mit entsprechenden Mauern eingefasst werde, und zwar derart, dass
auf ihnen die Reiter verkehren könnten, ohne vom Feinde belästigt zu werden. In Folge der
Belagerung von 1558 wurden die Befestigungen sehr beschädigt, und letztere mussten eine Ausbesserung
erfahren, die im Laufe des 17. Jahrhunderts in gründlicher Weise vorgenommen wurde. Im Jahre
1869 wurden die Mauern abgetragen, was damals bereits seit einigen Jahren angeordnet war, aber
auf Bitten der Einwohner hingezogen wurde, die den Wunsch hatten, die alten Befestigungen zu
ei halten, gleichsam ein Zeugniss der wackeren Vertheidigung der Stadt im Jahre 1558.
Bei einer Wanderung durch die Strassen Ciudadela’s wollen wir die breite Plaza de
Alfonso Hl., auf welche die Haupt-Carretera mündet und die den Anfang des Ensanche bildet, als
Ausgangspunkt nehmen. Aus ihrer Mitte geht die Calle de Mahon ab, die in die eigentliche Stadt
hmeinfuhrt und mit den auf sie folgenden Plätzchen und Strassen, der Plaza nueva, der Calle de
las Verduras, der Plaza vieja, der Calle de la Universidad und der Calle del Borne, die Hauptverkehrsader
der Stadt bildet; sie weist uns als Eckhaus ein hübsches modernes Haus mit Giebel,
mit Akrotenen, steinernem Balcon und Fenstereinfassung auf. Die Calle de Mahon ist ziemlich
eng und mundet auf die Plaza nueva mit mehreren alten Häusern mit Bogenhallen, von der gleich
im Anfänge die kleine Calle de S» Pedro, rechts eine andere Gasse abgeht. Nach einem Schwibbogen
zur Linken fangen die Bogenhallen der Calle de las Verduras mit erhöhten, ziegelgepflasterten
Trottoirs an. Sie mündet auf die Plaza vieja mit dem Gebäude des Banco de Ciudadela; von dieser
gehen die Calle de St» Clara rechts und die Calle nueva links ab; an ihr Ende grenzt das Gebäude
der Domkirche mit dem kleinen Zugang derSacristeian. Man erreicht nun die Calle de la Universidad,
an die das Seitenportal der Domkirche stösst. Die Calle del Rosario geht von hier zur Linken
ab, während sich vor der Frontseite der Hauptkirche die Calle de la Catedral hinzieht. Das Haus
schmiegt sich an das des Conde an, welches neben dem Borne liegt. Die Fortsetzung der Calle de
la Catedral, die vor der Frontseite der Hauptkirche aufhört, ist die Calle del Obispo. Am Ende
des neuen Platzes beginnt seewärts die gut gepflasterte und mit sorgfältigen Trottoirs versehene,
rechts vom Palast des Conde mit einer' langen Reihe von Fenstern, links von dem von Martorell
eingefassten Calle del Borne.
Aussicht gegen Osten vom Puig vermey aus.
Der Borne ist der Hauptplatz von Ciudadela, welcher, wenn man vom Meere kommt, einen
sehr freundlichen Eindruck macht und bei séiner grossartigen Anlage noch mehr von der Stadt
Ciudadela erwarten lässt, als sie wirklich im Innern bietet. Er wird von den schönen Häusern
des Conde, Martorell und Vigo im Osten, d. h. gegen die Stadt zu, flankirt und bildet eine mit
Akazien bepflanzte Promenade. Der bereits erwähnte Palast des Conde, wohl das schönste Haus
Menorca’s, wurde zu Anfang dieses Jahrhunderts erbaut; unsere Abbildung im allgemeinen Theil
wird das Gebäude am besten vergegenwärtigen. Can Martorell hat eine Frontseite mit grossem
Balcon in der Mitte und je zwei an den Seiten; ionische platte Säulen stehen zwischen den
Fenstern und je zwei accolirte über dem Balcon, die den Giebel tragen; oben sind steinerne Vasen.
Can Vigo, röthlich angestrichen, ist ein grosses, aber schlichtes Haus mit weitläufigen, luftigen
Räumen; es hat eine hübsche Treppe mit doppeltem Aufstieg auf jeder Seite. Im Norden des
Borne liegen das Theater und einige kleine, herrlich den Hafen umgebende Häuser, im Süden