Lesepult stehen, denn während des Essens liest einer der Einsiedler eine Episode aus dem Leben
eines Heiligen vor. Wenn sie Verlangen nach Wasser oder Brod haben, sprechen sie nicht etwa,
sondern geben dies durch einen oder mehrere Schläge des Messergriffes auf den Tisch kund!
Neben dem Speisezimmer befinden sich ein Rebost und in einem kleinen anstossenden Felsengehöft
die Küche mit Lavadero und Backofen. An der Hinterseite der Kirche ist ein Gang mit Tonnengewölbe
und sechs Zellen angebracht. Letztere sind sämmtlich klein und äusserst einfach. Auch befindet
sich hier eine kleine Bibliothek mit asketischen Schriften. Rechts vom Haupteingange findet
man die alte Ermita mit zwei Betten. Diese wird jetzt als Hospedería zum Uebernachten benutzt.
Weiter rechts folgen ein altes Kapellchen, dann das Stallgebäude und die Werkstätten, in welchen
die Einsiedler Handarbeiten verrichten. Durch den Stall gelangt man zu einem Hortet mit einer
unbedeutenden Quelle und Sefareix. In diesem Garten wird Safran und Gemüse gebaut. Rund
um die Ermita herum giebt es Terrassen, die von Weinlaub umrankt sind. Vor dem Garten-Eingange
steht die alte knorrige Murta de sa Beata, der Ueberlieferung nach aus der Zeit der seligen
Catalina Tomás stammend. Von diesem Baume pflücken sich die Leute Blätter ab und bewahren
sie als Andenken. Am Ende desselben ist ein Mirador mit Aussicht auf den Vorsprung der Mola
de Plänicia und einen Theil eines Hauses aus den Weinbergen der Estaca. In diesen Weinbergen
steht auch ein Häuschen für bestrafte Geistliche.
Drei Wege führen von der Ermita durch Eichenwald hinab. Der eine leitet an der
etwas tiefer gelegenen Cella Veya, einer etwas unregelmäfsig umzäunten, unbewohnten Einsiedelei,
vorüber zur Hospedería; der andere Weg ist steiler, aber kürzer; auf diesem gelangt man nach
Son Galceran. Der Dritte ist der Hauptweg und führt, etwas bergab gehend, bis oberhalb von
Can Costa.
Lohnend ist ein Besuch des Hochgebirges von Miramar, der Atalaya Vella. Von Felsenkamm
zu Felsenkamm, in der Nähe des Penal Blanc oberhalb der alten Einsiedelei, ist-wohl ein
Pfad dorthin vorhanden, der jedoch selbst für Ziegenhirten sehr gefährlich ist. Wir wollen daher
lieber den guten Reitweg von Son Moragues benutzen.
Je weiter man hinaufsteigt, um so entzückender wird die Aussicht auf das Thal von Valldemosa
und Umgegend, dann auf die nur durch einige Hügel unterbrochene Fläche mit der Erweiterung
gegen Son Ferrandell und Son Oleza in der Mitte, vom Barranc des Port durchfurcht.
Vor dieser Erweiterung, gegenüber dem Hause von Son Bauzá, verengt sich das Thal etwas. Durch
den Comellar oberhalb Son Gual führt, an der Font de s’Abenrada vorüber, der Weg zur Montaña
und zur Ermita hinauf. Dort oben biegt man links ein, und nun führt uns der Camí de na Torta
zu den beiden weit vorspringenden Spitzen der Montana de Son Moragues gegen das Thal zu,
von w o man einerseits gegen den Estret, andererseits gegen Son Oleza und das Meer zu prächtige
Aussicht hat.
Verfolgt man dagegen den Hauptweg weiter, so gelangt man hinter einer Barrera an einen
breiten Bergkessel, der von vier Höhen umgeben ist; links erheben sich Es Plá des Pouet und
S ’Atalaya Vella, rechts Es Puig de s’Ermita und Es part d’en Miguel. Hier befindet sich ein kleiner
Brunnen mit einer Bassa für die Schweine. In der Mitte ist ein Eichenwald und das Häuschen des
Pouet mit einer danebenstehenden alten Tenne. An der Bassa und Comellar de sa Teulada
vorübergehend, streift man eine abgeflachte Thalsohle, deren Vorhandensein man, von unten
kommend, gar nicht ahnt. Steigt man aber zur Rechten hinauf, so kommt man zum Puig de s’Ermita,
die sich innerhalb des kleinen Corral für die Schafe befindet. Hier überschaut man die ganze
Insel gegen Westen zu, vom Thale von Valldemosa bis zur Bahia de Palma. Man hat die
Stadt, Bellver, die Sierra de la Burguesa, die Mola de Son Noguera, das Cap del Llamp von
Andraitx, den Puig d’en Galatzö, die Mola de Planicia, Son Burlóla und die Punta de s’Aliga vor
Augen. Vor der kleinen, theilweise natürlichen Höhle der Ermita steht ein steinerner Tisch, be-
chattet von einem kleinen Eichenbaum. Das durch drei Fenster erleuchtete Innere zeigt niedrige
Stalaktithöhlen und ist durch eine Wand in zwei Abtheilungen getrennt, von denen die hintere
zwei steinerne Ruhestätten für die Einsiedler und einen kleinen Pfeiler enthält. Vor dem Eingänge
stehen zwei kleine Bassins zur Aufnahme des Wassers aus einer Quelle. Von der Doppel-Erhöhung
der Atalaya Vella, wovon die bedeutendere 868 m über dem Meere liegt, hat man Fernsicht auf
der einen Seite auf den Pld de sa Romaguera de Son Moragues, auf die Ebene, S “ Salvador, auf
den Puig de Randa, Cabrera, Cap Blanc, die Bahia de Palma, das Thal von Valldemosa, die Mola
de Planicia, hinter welcher ein Stück der Mola de s’Escrop emporragt, den Puig de Galatzö, die
Punta de la Vangelica und ein Stück der Dragonera, auf der anderen Seite aber auf Deyä, auf das
unten liegende Miramar, Son Marroix, Lluchalcari, das Cap Gros de Soller, den Cavall Bernat,
die Höhen von Balitx, den Puig Mayor und die steinige Felseneinöde des Teix.
Um nun nicht zurückzukehren, kann man dort, wo eine Scheidewand Son Gallard und Son
Moragues trennt, durch das Thal des Estret de Son Gallard hinabgehen und hat dann einen Rundweg
um das Gebirge gemacht, Durch Wald führt der Pfad zwischen steilen Felsenwänden des Estret.
Man sieht hier in der Mitte, gleichsam als Thalsperre, einen Felsen, der eine kleine Höhle enthält.
Sa Cova de s’ Ermita de Son Moragues.
^Venige Schritte weiter steht das Haus von Son Gallard. Dieses, in alter Zeit zu Miramar gehörig,
wurde von Gallard angekauft und war eine Zeitlang Wohnstätte seiner Nichte, der seligen
Catalina Tomás. Noch vor wenigen Jahren zeigte man hier einen Orangenbaum, unter welchem
sich die Selige stets ihr Haar gekämmt haben soll. Der Stamm des eingegangenen Baumes wird
noch im Hause aufbewahrt. An der rechten Seite dieses Hauses mit Rundbogeneingang ist eine
kleine Kapelle. Dem Style nach zu urtheilen, ist dieselbe neueren Datums. Das jetzt D» Fausto
Gual de Torrelia gehörige Haus hat einen kleinen Hof, welcher his zur Fahrstrasse hin mit Opuntien
bewachsen ist. Hinter diesem, etwas vernachlässigten Hause sind zwei kleine Wasserquellen. Sehr
schön sind die Oelbaumpflanzungen unterhalb Son Gallard, zu beiden Seiten der von uns einzuschlagenden
Fahrstrasse gegen Deyá. In einem Thalgrunde liegt das neue Haus der Casas Novas,
o erhalb des Thaies der Barranc, von Felsenabstürzen umgeben, mit prächtigen hohen Pappeln im
runde, dessen Torrent Son Gallard von Son Marroix trennt. In einer Höhle der Felsenwände
seitwärts von Son Gallard, Sa Cova des Morts genannt, sieht man noch in Kalk aufbewahrte
6*