Nach längerem Weg über eine Ebene treten wir in Caimari ein, welches 847 Einwohner und 213 Häuser
zählt. Der Ort hat ungerade und schlecht gepflasterte Gässchen. An vielen Häusern wachsen Weinstöcke
empor. In dem höher gelegenen, östlichen Theile des Ortes steht auf einem Platze die
kleine Kirche, welche 1807 zur Suffragan-Kirche unter dem Titel der Purisima Concepcion de
Maria erhoben wurde. Sie hat einen dreifachen Glockenbogen, eine Sonnenuhr, eine kleine Fensterrose
und ein einfaches Portal, zu dem einige Stufen führen. Das Innere ist eine Spitzbogenwölbung.
Auf jeder Seite befinden sich zwei Kapellen und eine Empore über dem Eingang. Der westliche
Theil des Ortes zieht sich längs der Fahrstrasse hin, an der auch die Hostals liegen.
Eingang des Castell de Alaró.
Die Strasse nach Lluch geht an der Escuela de primera Ensenanza vorbei durch das
steinige Thal; in der Mitte desselben erhebt sich der kegelförmige Hügel Puig de s’Escudd, und
hier trennt sich das Thal in zwei Flügel. Wir betreten den links abführenden Weg und blicken
auf die terrassirten Lehnen des Puig und nähern uns den ernsten Bergen. Der rechte Zweig des
Thaies heisst Es Comellar dels Horts. Beide Seitenthäler weisen steile Felsenwände auf. Sie
bilden hier eine Art Felsenkegel, Es Cavall Bernat genannt. In Biegungen durchzieht man das Thal
und sieht nun Son Estera und einige Bauernhäuschen. Der Weg führt jetzt auf einen Hügel, auf
dem Son Canta liegt. Die Strasse windet sich nun um den Vorsprung des Puig Mayor de Lluch
und gelangt zum Puig de Barracár, auf dem Coli gelegen, von welchem man das Thal gegen
den Castell übersieht. Von dem in Retjas eingeteilten Wege übersieht man das breite Kesselthal mit
dem davor liegenden Puig Tomi und dem PosSessionshaus von Sa Coma, im Grunde die terrassirten
Felsen. Unterhalb desselben sind Felder, während oben nur magerer Buschwald wächst.
Weiler schreitend, übersieht man ein Stück der Alfubera und den Vorsprung des Bec de
Farrutx und im Grunde der mit Strandkiefern bekleideten Ausbuchtung auf der Seite des Puig
Mayor La Puebla, Muro und Campanet. Das Kesselthal ist zu Ende. Steile Wände rägen auf
beiden Seiten empor, und von der Strasse schaut man in schwindelnde Tiefen. Der Weg bricht
sich nun durch einen steilen Felsen, Sa Brexa genannt, Bahn. Weithin blickt man von hier auf
das untere Torrententhal bis zur Coma hinauf, auf die Ebene, die Bucht von Alcudia und den
ganzen Höhenkreis vom Bec de Farrutx bis nach Randa. Beim Hinabsteigen erblickt man das Haus
El Guix Comasema. Herrlich ist der Rückblick auf den Pitonen von Sa Brexa mit dem duftigen
Hintergrund, sowie auf den Salt de la Bella Donna. Eichen, Myrten und Weissdorngebüsche
wachsen üppig an den Ufern der Font del Guix, welche sehr stark salzhaltig ist. Nach Ueber-
schreitung einer über den Torrenten gebauten einbogigen Brücke folgen starke Einschnitte in dem
gypsigen Boden, und in Windungen führt der Weg in die Sohle des Thaies von Lluch und zu
dem Colegio de Nuestra Señora.
Um von Caimari nach dem nur 2 km entfernten Selva zu gelangen, muss man ein Stück
Weges gegen Moscari zu einschlagen, den vom Gebirge herabkommenden Arm des Torrent de
Buger überschreiten, und man gelangt auf guter Fahrstrasse durch Mandelbaumpflanzungen und
Felder und zuletzt durch die Calle de Levante nach Selva.
Selva mit 114 1 Einwohnern in 510 Häusern liegt recht anmuthig auf einer Anhöhe. Der
rechte Theil, von der übrigen Ortschaft getrennt, wird von der Calle del Olivar gebildet und
besteht aus einer doppelten Reihe terrassenförmig gebauter Häuser, die sich bis zum Rücken des
Hügels erstrecken. In das eigentliche Selva gelangt man, wie wir oben sagten, durch die Calle
de Levante, an mehreren Gärtchen vorüber. In den Gassen sieht man ab und zu rohen Mandelstein
hervorblitzen. Ein Theil des Ortes ruht auf solcher Steinmasse. Auf einer Anhöhe liegt die
Pfarrkirche, welche nach einigen Chronisten im Jahre 1300 errichtet wurde. Zu gleicher Zeit
erfolgte durch Jaime II. noch die Gründung von zwölf anderen Kirchen. Der Ort war früher nur
eine einfache Alquería und wurde Hilvar genannt. Die Kirche muss aber schon früher bestanden
haben, denn in der Bulle von Innocenz IV. wird eine solche unter dem Namen Sn Lorenzo de Selva
erwähnt, welchem Heiligen sie auch jetzt noch gewidmet ist. Im Jahre 1855 entstand ein grösser
Brand im Innern der Kirche und zerstörte auch die Wölbung derart, dass dieselbe abgetragen und
neu aufgebaut werden musste. Keine Pfarre Mallorca’s hat so viel Suffragan-Kirchen, als die von
Selva, nämlich vier: Mancor, Caimari, Moscari und Biniamar. Vor der Kirche befindet sich ein
Brunnen, und daneben vereinsamt eine Cypresse. Eine dreirampige Gradinade mit 42 Stufen führt
zur Kirche hinauf. Der ziemlich grosse Bau hat noch eine alte Façade. Ein Spitzbogenportal führt
in das ziemlich geräumige Innere, dessen Wölbungen von Bogen gestützt und von Pfeilern getragen
werden. Der neugothische, aus Marés-Quadern aufgebaute Hochaltar ist im Jahre 1883
eingeweiht worden. Zu beiden Seiten sind sechs Kapellen.
Der Weg von Selva nach Inca führt durch die steile Calle de la Cruz, bei einem
Steinkreuz vorbei und dann durch die Calle de la Rosa den Hügel hinab. An letzterem Theile
dieses Weges stehen eine kleine Kalkfabrik und zwei Backöfen. Bald erhebt sich zur Rechten
ein länglicher Hügel mit flachem, sich gegen die Ebene zu senkendem Rücken, auf welchem Windmühlen
stehen. Dies ist Inca. Wir wollen jetzt aber diesen Ort liegen lassen und ihn erst später
einer eingehenden Betrachtung unterziehen, weil wir vorerst nur den Ortschaften an den südlichen
Lehnen der Sierra einen Besuch abstatten.
Von Inca führt von der Calle de Biniamar ein Fahrweg nach dem benachbarten Mancor.
Gleich zu Anfang lässt man einen direct nach Biniamar führenden Weg zur Linken liegen und geht
rechts gegen die Gebirge zu an einem Bauernhause vorüber. Der Boden ist ein leicht bröckeliger
Kalkstein. Die Fabrica de Son Bonafé, eine Dampfmühle mit hohem Schornstein, liegt am be