IV. Menorca.
nimmt die Braut nie mehr theil an irgend einer Vergnügung, ohne von ihrem Bräutigam begleitet
zu sein und Beide wohnen den Festen, welche ihre Familien feiern, bei. Gewöhnlich findet die
Vermahlung kurz nach der Regelung der Verträge statt; manchmal vergehen jedoch Jahre bis zu
ihrer Vollziehung. Auf dem Lande wird wohl dies Alles nicht so formell eingehalten, und die
Freier übernachten häufig im Lloch, wenn es weit abliegt; sie essen Abends mit der Geliebten und
schlafen bei den Missatjes.
An dem zur Vermählung bestimmten Tage geht der Bräutigam zwischen zwei unvermählten
Verwandten oder Freunden und von seiner Familie nebst den eingeladenen Personen begleitet in
das Haus der Braut, die ihm zur Kirche folgt, gleichfalls zwischen zwei unvermählten Braut-
mhrennnen. Nach der Vermählung und Brautmesse verlassen die beiden Neuvermählten die
Kirche, und alle Eingeladenen begleiten sie zu ihrem Hause. Früher war es Sitte, die Vermählung
wahrend emes Zeitraumes von acht oder zehn Tagen mit Gelagen und Unterhaltungen zu feiern;
La Cavalleria veya bei Ciudadela.
jetzt beschränkt man sich darauf, ein stilles Essen oder Frühstück zu veranstalten, zu dem alle
Verwandten und auch die Freunde eingeladen werden, wobei Jeder sich dabei eher traurig und
nachdenkend als lustig zeigt. Nach dem Essen entfernen sich Alle, und wenn die Neuvermählten
den höheren Klassen angehören, fahren sie gleich fort, um den Honigmond in einer ihrer Besitzungen
zuzubringen.
Die Taufe wird gewöhnlich fünf bis zehn Tage nach der Geburt des Kindes gefeiert Die
Verwandten und Eingeladenen begeben sich mit dem Vater des Kindes zuerst zur Kirche, wo der
Taufschein ausgefüllt und die entsprechende Eintragung in das Pfarrbuch gemacht wird. Kurz
darauf kommen die Frauen, die Hebamme voran, welche das Kind trägt, und zu ihrer Rechten die
Taufpathm; nach der Taufe kehren sie in umgekehrter Ordnung in das Haus des Getauften zurück.
Wenn Jemand stirbt, so verkündet es die Pf'arrglocke, damit die Gläubigen für ihn beten
können. Die Leiche wird 24 Stunden vor dem Begräbniss im Saale des Trauerhauses mit Kerzen
ringsherum auf einem schwarz behängten Tische ausgestellt, und während dieser Zeit halten die
Dienerschaft des Hauses und die Halbpächter, wenn es sich um eine wohlhabende Persönlichkeit
Vornehme Familien. Klerus. 327
handelt, Tag und Nacht Wache bei dem Sarge. Alle Leichen werden in einen Sarg verschlossen,
in Festkleider oder in Sudarium gehüllt. Wenn ein Landbewohner begraben werden soll, bringt
man ihn zuerst zu seiner Posada, wo ihn der Leichenzug abholt. Im Sarge wird er auf dem Rücken
eines Maulthieres unter Vortritt eines Mannes mit einem Glöcklein und einer Laterne unter Begleitung
T an cas-Soll für junge Schweine.
seiner Verwandten und Freunde, welche reiten, in ihre langen schwarzen Mäntel gehüllt,
was dem Zuge ein feierliches und wirklich trauriges Gepräge verleiht, zur Stadt oder Ortschaft
gebracht.
Vornehme Familien. Clerus.
Die grössteh Vermögen der Insel dürften kaum eine Million Duros überschreiten; es giebt
aber auf Menorca eine beträchtliche Zahl von begüterten Familien, die eine Art Adel bilden, ohne
jedoch mit wenigen Ausnahmen wirklich einen solchen auszumachen; auch brachte die Zerstörung
der Archive während der Einnahme von Mahon und Ciudadela durch die Türken mit sich,
dass die Erinnerung an viele Begebenheiten, die sich auf die Familien Menorca’s bezogen, Verloren
ging. In der Folge beschränkten sich die wenigen Gelegenheiten, die sie hatten, sich auszuzeichnen,