nur Diejenigen ein, welche die nautische Laufbahn einschlagen wollten, sondern auch viele andere
junge Leute, denen das Studium der Mathematik, Geographie, Physik und des Zeichnens, das man
dort lehrte, auch zur Verfolgung anderer Laufbahnen geeignet erschien. Nach vielen Projecten für
Vermehrung der Lehrfächer erzielte man die Gründung eines Colegio de segunda Enseñanza,
aggregirt dem Instituto Balear (der Provinz). Hierzu benutzte man das Personal, das Gebäude und
das Material der nautischen Schule und vermehrte nur die Zahl der Professoren für den Unterricht in den
neuen Gegenständen. Das Collegium wurde im Jahre 1865 eröffnet und wirkte mit Regelmäßigkeit
bis 1869, w o das Ayuntamiento von Mahon für gut hielt, ein freies Institut zu gründen und die
nautische Schule aufzuheben. Das freie Institut wurde im Jahre 1874 in ein officielles umgewandelt,
welches sich den eingeführten Aenderungen und den herrschenden Schulgesetzen anzupassen hat.
Gegenwärtig leiten das Institut ein Director, der gleichzeitig Professor ist, ein Secretär, ebenfalls
Professor, und ausserdem vier Professoren (Catedráticos).
Dass auf Menorca das Lesebedürfniss kein geringes ist, möge das Erscheinen folgender fünf
Zeitungen zeigen: El Bien Público (unabhängiges Organ) wird täglich mit Ausnahme der Festtage
herausgegeben; der ebenfalls täglich erscheinende El Liberal ist demokratisch-republikanisches Organ.
Die populär-katholische Bevölkerung hat auch ihre eigene Zeitung (El Mahonés) und erscheint wöchentlich
zweimal, während El Anunciador ein dreimal wöchentlich herausgegebenes Handels- und
Anzeigenblatt ist. Die vierzehntägige La Revista A picola ist ein Organ für Bienenzüchter.
Bücher werden in der Regel wenig gelesen. Von Bibliotheken giebt es nur die öffentliche
von Mahon mit 13526 Bänden, die aber nur sehr wenig benutzt wird und meistens nur im Sommer
wegen der darin herrschenden Kühle Besucher findet. Diejenige des Seminars von Ciudadela mit
7000 Bänden dient nur für den Gebrauch der Anstalt selbst. Ausser der bischöflichen Bibliothek in
Ciudadela giebt es noch einige kleine Privatbibliotheken von 1000—2000 Bänden, von denen jedoch
keine nennenswerth erscheint.
Religiöse Bildung und Aberglauben.
Die religiöse Bildung wird auf Menorca nicht besonders gepflegt, dafür ist aber das Volk
religiös aus Gefühl, und zwar, wenigstens nach den Aeusserlichkeiten zu urtheilen, in stärkerem
Grade in Ciudadela, als in Mahon, was wohl in dem zahlreichen Clerus in der ersteren Stadt und
dem regen Verkehr mit Fremden in der letzteren seine Erklärung findet. Auch in dem Grusse ist
auf Menorca der religiöse Stempel aufgedrückt. Alabat sia Deu (Gott sei gelobt), worauf der
Andere erwidert: Per sempre alabat (für immer gelobt), sagen viele der älteren Leute, namentlich
in der Gegend von Ciudadela; Ave Maria Purísima (sei gegrüsst, unbefleckte Maria) wird vielfach
beim Eintreten angewendet. Die Sitte, den Rosenkranz als Abendgebet zu wählen, ist namentlich
in den Häusern auf dem Lande eine sehr weit verbreitete.
Wenn die JECalkbrenner das Feuer in ihren Oefen anzünden,, thun sie es mit einer Fackel,
die sie an der Lampe, welche vor einem Bildnisse der Mutter Gottes des Toro brennt, angezündet
haben, nachdem sie knieend ein Gebet verrichtet, damit Gott sie vor den Gefahren ihrer Arbeit
beschütze. Auch hat sich noch die Sitte erhalten, durch einen Geistlichen alle Häuser am Ostersonnabend
einsegnen zu lassen. Der Pfarrer und seine Kapläne theilen sich die Arbeit, so dass nicht
ein einziges Haus, mag es noch so entlegen sein, übergangen wird. Eine eigenthümliche Sitte ist es
auch, dass an den grossen Festtagen und den Tagen der Titular-Heiligen eine Flasche (Barracha)
mit vier oder sechs Seitenlöchern mit Kölner Wasser, das mit Wasser vermischt ist (Aygo d’olor
genannt), in der Kirche von einem Messner herumgetragen wird, der Denjenigen, welche Almosen
spenden, davon giebt. Man beobachtet dieselbe Sitte nicht npr in Mahon, sondern auch in den
Ortschaften.
Sibilas, wie sie auf Mallorca und zur Zeit der Mönche im Kloster des Carmen in Mahon
bestanden, giebt es gegenwärtig in keiner Kirche Menorca’s mehr. Man nennt heutzutage Sibilas
die Messknaben (Monaquillos), welche bei den festlichen Matineen der Weihnachtszeit die Geistlichen
zur Kanzel begleiten, welche die Lectionen singen sollen.
In der Diöcese von Menorca werden Processionen weniger häufig als früher, aber doch
immer noch zahlreich abgehalten, und zwar sowohl grosse öffentliche Processionen durch die
Strassen, oder solche, die sich auf einen Pfarrsprengel beschränken; ferner Processionen innerhalb
der Kirchen. Die Fronleichnams-Procession mit dem allerheiligsten Sacrämente wird überall,
namentlich in Mahon, höchst feierlich begangen und stark besucht unter Betheiligung der Behörden,
Brüderschaften u. s. w .; die gesammten Truppen der Garnison bilden auf dem ganzen Wege (dessen
Balcons und Fenster mit Teppichen bedeckt werden) Spalier und schliessen sich dann der Procession
Hof des Seminario von Ciudadela.
an, um das grosse Gefolge zu vervollständigen; es werden Altarbauten zum Aussetzen des Allerheiligsten
aufgestellt
Die Menorquiner sind gewissenhaft in Befolgung religiöser Gebräuche hinsichtlich der Erfüllung
der Osterpflicht, der Fasten u. s. w. Betreffs der letzteren sei bemerkt, dass Diejenigen,
welche auf Menorca fasten, gewöhnlich früh eine Schale Kaffee ohne Milch und etwa 25 gr Brod
zu sich nehmen; beim Mittagessen ist keine Beschränkung vorhanden, und das Abendessen besteht
aus einer Schüssel voll Gemüse. In den Zwischenräumen von einer Mahlzeit zur anderen wird die
Enthaltung von Speisen streng berücksichtigt.