und ist mit Conglomerat-Massen und herabgerollten Felsen am Ufer und einzelnstehenden Klippen
davor versehen. Bei der Spitze sind schräg geschichtete Felsen und eine kleine Seehöhle; dann
kommen senkrechte Abstürze, wo Wasser von der kleinen oberen Quelle herabrieselt, undeutlich
gewellt geschichtet; darüber erblickt man Kiefern und das weiss blinkende Haus der Estaca. Hinter
demselben liegt der kleine Calö, wo die Fischer unter den steilen Felsen ihre Boote an das Ufer
ziehen und einige mit Pinienzweigen und Balken oben eingedeckte, an den Seiten trocken gemauerte
Escars haben, und wo ihre Häuschen stehen, bereits 14 an der Zahl, zu deren Erbauung
ich ihnen die Erlaubniss gegeben habe; die untersten werden bei grossen Stürmen manchmal von
den überfluthenden Wellen benetzt. An stürmischen Tagen arbeiten die Fischer nach dem Meter
auf meinen Gründen, und so bilden sie eine kleine, glückliche Dependenz der Weinberge. Auch
den Stufen weg, sowie den Weg, auf dem sie auch mit einem Maulthiere die Fische hinaufschaffen
können, habe ich ihnen ausbessern lassen, doch ziehen sie meistens den Transport mit Körben vor.
Die Foradada.
Weiter gehend, erreicht man das Häuschen des Guix, von welchem aus der von mir erbaute Fahrweg
am Meere entlang zur Foradada führt und nach vier Thalfurchen in den steilen Wenden dieser
Halbinsel vorspringt. Es ist ein malerischer Felsen, das am Meere weit sichtbare Kennzeichen
meiner Einsiedelei. Die Foradada sa bona nennen sie die Fischer, denn, weit vorspringend, gewährt
sie an der schutzlosen Küste auf der einen oder anderen Seite kleinen Barken einen momentanen Schutz.
Man kann auch westlich von derselben ankern, wobei man vor Ost- und Nordostwinden geschützt
ist, dem Nord, Nordwest und West aber ganz ausgesetzt bleibt, so dass es nur bei ganz schönem
Wetter im Sommer gerathen ist, hier vor Anker zu liegen.
Die Foradada besteht gleichsam aus zwei Theilen: aus einem niedrigen Vorsprunge, der zu
einer Art von tiefem, abgerundetem Sattel (Coli) herabsinkt, aus dem man auf die Torre de Deyä
und das Cap Gros blickt, und aus der hohen Masse des durchbrochenen Felsens, der, aus dunkel-
röthlichen Conglomerat-Massen bestehend, mittelst einer starken Wand den Ausgang zum Estar
gegen das wildtobende Meer schützt und die Playola der Foradada bildet. Bei einer kleinen Hütte
und einer Aushöhlung des Gesteins befindet sich der Ausgang zum Felsen der Foradada, wo man
erst mühsam hinaufklettern muss. Die Aussicht ist eine der schönsten, die man von hier auf das
nahe Miramar geniesst. Der hintere, niedrigere, rückenartige Vorsprung der Foradada, welcher
auch eine kleine Cocö-Quelle, wo sich das Regenwasser ansammelt, aufweist, wird von einem
Wächterhäüschen überragt und besitzt gegen Soller zu geneigte Schichtungen. Am Ufer desselben,
gegen den Guix zu, kommen hinter der Playola grosse Felsblöcke, und dann bilden vorstehende
Felsen vom Berg gegen das Meer zu eine breite, lange Höhle mit Sand in ihrem Grunde, Sa Cova
del Sal benannt. Hier herrscht zur Sommerzeit die herrlichste Kühle, und man lauscht gern dem
sanften Plätschern des Meeres, das im Winter die Wellen so hoch hinaufwirft, dass das Wasser
in den Aushöhlungen des Gesteins verbleibt und im Sommer Salz hinterlässt, welches die Frauen
der nahen Anhöhen manchmal hier sammeln. Nach dieser Höhle kommen zwei grosse Felsen,
dann steile Wände mit herabgerollten Steinen am Fusse und der tiefe Coli, der die Halbinsel der
Foradada mit der steilen Küste verbindet, neben welchem ein guter Reitweg zu dem hochgelegenen
Son Marroix hinaufführt.
Viele Punkte der Küste Mallorca’s sind schön und wild, kaum aber einer bietet so viel
malerische, unbelauschte Schönheiten, wie dieser. Um die ganze wilde Pracht der Foradada
kennen zu lernen, muss man an einem Nachmittage bei Meeresstille, wenn der Schatten auf die
dunkle Aushöhlung tiefer herabgesunken ist und’ der über dem Loch der Foradada nistende Fischadler
kreischend die Lüfte durchkreist oder einen silberglitzernden Fisch zu seinem Horste hinauf-
bringt, mit dem Boote die Halbinsel entlang fahren. Dann hört man das Jauchzen .der grossen
Silbermöwen, die wie stille Schildwachen auf den Felsenspitzen stehen und sich in der Abendsonne
letzten Strahlen sonnen und harfenähnliche Töne ausstossen: ein Bild des friedlichen, zufriedenem
Nichtsthuns. Die Welle kost das bemooste Ufer, wo die grossen Mayas umherkriechen, oder fällt
plätschernd von einem kaum emportauchenden Riff zurück. Wir sind im Schatten und geniessen
die labende Kühle, das Boot schlüpft zwischen einem Riff und den steilen Wänden hindurch, von
deren Grossartigkeit man von oben keine Ahnung hat. Doch still jetzt: die Ruder treiben kaum
den Kahn, und man biegt um die Spitze der mächtigen Halbinsel. Welch ein Anblick! Hunderte
von Cormoranen, die sich da sonnten, fliegen empor, tauchen nieder und hüpfen im Wasser,
Schaaren von Puffinen ergreifen den Flug, Tausende von Mauerschwalben umkreisen zischend nach
allen Richtungen die Felswände. Ein förmliches Gewühl hat die unerwartete Erscheinung des
Bootes in der Vogelwelt hervorgerufen. Es ist ein Gejauchze, ein Geschrei, ein Plätschern von
Wogen ohne Ende. Selbst die friedlichen Tauben fliegen verscheucht von Höhle zu Höhle, welche
sich wie luftige Dome über uns ausbreiten. Nur die Silbermöwen bleiben still auf ihren Felsenwarten,
als wären es Marmor-Statuen, auf den rothen Felsen aufgesetzt. Bleibt man aber einen
Moment still, so hört man zuerst nur das Tröpfeln der Meerestropfen, die von den Rudern auf die
Fläche niedergleiten, dann aber beleben sich phantasmagorisch die scheinbar verlassenen Felsenwände.
Aus jedem Loche blickt ein vorsichtiger, furchtsamer Cormorán mit seinem grauen Köpfchen hervor,
oder alte erfahrenere strecken ihren langen Hals aus dem durch ihre Excremente weiss geränderten
Gesimse der Felsen, andere tauchen aus der Fluth empor und verstecken sich in den Seehöhlen,
bis endlich auch die entferntesten mit schweren Flügelschlägen zurückkehren, da sie sehen, dass
ihnen keine Gefahr droht. Alle nehmen ihr Alltagsleben wieder auf, und selbst der Adler schreit
zufrieden von seinem Horste. Zieht man von der vorspringenden, den Sporn eines Panzerschiffes
ähnlichen Spitze weiter, so trifft man eine Reihe von Seehöhlen, kleine und grosse, welche das
Meer einschlürfen und in die man mit dem Boot hineinfahren kann.. Es sind zwei riesig grosse,
gleichsam feuchte, gothische Dome und von einem Kranze von Zoophyten und Seetang umgeben,
für welche die stets zerstörende Welle eine Art Stufen ausgewaschen hat; eine wahre Nereidenbank,
wo man sich an Sommertagen auf einem Algenbett gern ausstreckt und hinab in die Tiefe schaut,
wo die Aktinien sich öffnen und die Napfschnecken sich anschmiegen, die Seeigel und Seesterne
ihre Heimath haben. Endlich erweckt das Schnaufen einer Robbe, die mit ihren grossen gutmüthigen
Augen uns anglotzt, uns aus solchen Träumereien.
Die Foradada bildet gegen Osten ein Cap, hinter welchem sich die Einbuchtung des Coli
darbietet; hier befindet sich der im Sturme weittönende Bufador. Dann folgen geschichtete Felsen
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