Puig de Corp liegen, so geniesst man eine dreifache Aussicht auf die Thäler von Port V e y, von
Capdepera, mit dem fernen Menorca, sowie auf Artá. Durch die Calle del Molino in Son Servera
führt ein ziemlich breiter Weg nach Manacor. Im Thale liegen einzelne Bauernhäuser, umgeben
von Opuntiengärtchen und Eichen. Man gelangt, in einer von einem Hügelrande begrenzten Getreidefelderfläche
bald bergauf, bald bergab gehend, nach Sn Llorens, und der Weg mündet nun
in die Strasse ein, die wir, um nach Artá zu kommen, benutzt haben.
Von Artá nach Capdepera kommt man durch fruchtbare Felder und Mandelbaumpflanzungen
an runden Hügeln, Pujols genannt, vorüber. Der Weg zu den Olors trennt sich an dem Lavadero
von jenem nach Capdepera. In einer Vertiefung der Hügel gelangt man, den Recó des Pujols
umgehend, zu dem Torrent de sa Badeya, welchem entlang die Wasserleitung liegt und welcher
sich in den nach Cañamel herabfliessenden Torrent ergiesst. Hier übersieht man Capdepera. Ist man
über die Brücke des von Feigenbäumen umsäumten Torrent gegangen, sieht man rechts den felsigen
Puigget de na Majans, überragt von Ses Covas d’en Sureda. Links erblickt man das zwischen
Oelbäumen liegende neue Haus der Creu Veya. Der Weg zieht sich nun nach unten und führt
an mehreren Wassermühlen vorüber zu der Häusergruppe von S ’Heretat. Nicht weit davon
liegen Son Amoyana und Son Basso. Es folgen Windmühlen, dann der isolirt stehende Moli d’es
Camp Roig, hinter welchem der Weg gerade bis nahe an Capdepera führt. Wenn man dann steil
bergan an einem runden Thurm vorbeigegangen, tritt man durch die Calle de Palma in Capdepera
ein. Dieses ist eine kleine, nur 1419 Einwohner und 495 Häuser zählende Ortschaft, deren
Bewohner grossentheils Fischer und Seeleute sind. Eine lange Gasse, die einzige, welche fahrbar
ist, durchzieht den Ort; anfangs heisst sie Calle de Palma und an ihrem breiten Ende Calle del
Puerto. Es giebt auch zwei kleine Plätze: die unschöne Plaza Mayor und die kleine Plaza Vieja.
Die Häuser sind grösstentheils einstöckig. Da sich die Ortschaft in letzterer Zeit vergrössert hat,
so sind auch mehrere Neubauten in formvollendeter Form entstanden. Die Dachrinnen stehen im
Winkel unter dem Ziegeldach, um das Regenwasser aufzufangen, da hier Wassermangel herrscht,
und in Folge dessen hat man zahlreiche Cisternen angelegt. Nur die grosse Font de s’Aujub
erhält von einer Quelle gutes Trinkwasser.
Das alte Castell liegt auf einer kegelartigen, fast die Mitte des Thaies einnehmenden Anhöhe,
während sich die neue Kirche und ein Theil des Ortes am Abhange mehr gegen Westen zu befinden.
Abgesondert von diesen liegen gegen Osten zu andere kuppenartige Hügel, welche das
Thal von dem Meere abzusperren scheinen. Dass das Schloss, sowie die Ortschaft nach dem benachbarten
Cap de Pera benannt worden sind, lässt sich annehmen, da letzteres in der Ursprache
Steincap bedeutet. Der König Dn Sancho von Mallorca stiftete im Jahre 1323 für das Oratorium
des Castells eine Pfründe. Dieses Datum lässt allein Muthmafsungen auf das Alter des Schlosses
zu. Nachdem im 16. Jahrhundert dasselbe in Folge seiner Unbedeutsamkeit geschlossen worden
war, wurden innerhalb seiner Mauern verschiedene Wohnhäuser aufgeführt und das Kirchlein 1577
zur Suffragan-Kirche von Artá erhoben. Das Schloss zählte im Jahre 1662 ca. 40 Insassen, von
welchen des Nachts vier Mann Wache hielten. Für die Ausübung letzteren Dienstes waren sie
von der Mahlsteuer befreit. Später wurden eigene Wächter angestellt. Trotz seiner geringen
militärischen Bedeutung erhielt Capdepera fortan einen im Range eines Hauptmanns stehenden
Gouverneur, und zwar bis zum Jahre 1854, wo das Schloss zum Verkaufe kam. Das Castell
bildet ein Dreieck und hat fünf Thürme, welche mit runder Tonnenwölbung versehen sind; nur
der beim Portal del Rey en Jaume gelegene Thurm hat ein spitziges Tonnengewölbe. Der Thurm
neben dem Portalet ist viereckig, hat aber eine spitzwinklige Kante. Rings um die Umzingelung
läuft ein Mauergang auf Kragsteinen mit Steinplatten, der zu den Schiessscharten führt. Zwei
Thore führen in das Innere: Es Portal del Rey en Jaume und Es Portalet. Auf der rechten Seite
des Schlosses befindet sich ein Kerker. Ein gepflasterter Weg leitet in Windungen zu der Casa
des Gobernador und der an dieselbe angebauten Kaserne. Letztere ist jetzt eine Ruine. Vom
Bogenhause des Gobernadors sieht man das darunterliegende Capdepera liegen; unweit davon
befindet sich das Pfarrhaus, jetzt ohne Dach. Neben dem isolirt stehenden Thurme Torre d’en
Baña wurde eine Windmühle aufgebaut, von deren Plattform man die ganze Umgebung überschauen
kann: die Fläche von Arta mit dem Puig de na Mayans, den Puig de Son Amoyana, die Colls
d’Artä mit einigen Bergspitzen im Hintergründe, die Muntana de sa Torre de Cahamel, weiterhin
die nahe gelegene, 234 m hohe Muntana de sa Cova Negra, von welcher der Puig de sa Font (oder
de sa Coma) ein Vorsprung ist, sowie die Ebene des Port und den Vorsprung des Cap de Pera.
Ein guter Stufen weg führt zur Kirche hinab, deren Dach 162 m über dem Meere liegt. Die Kirche
hat ein Spitzbogenportal, eine Rose und einen schwerfälligen Glockengiebel mit zwei Spitzbogen,
im Innern ein Schiff in gothischem Styl mit Pfeilern, zwischen denen einfach sich kreuzende Rippen
liegen. Eine der Seitenkapellen hat eine unregelmäfsige, in Zopfstyl gehaltene Wölbung, welche
eine Art Netzwerk bildet. Es hängen hier viele Exvotos; am Altäre steht eine moderne Mare de
Schloss von Capdepera.
Deu de s’Esperanza. Eine erhöhte Spitzbogenkapelle mit kleiner Luke befindet sich rechts beim
Portal und links die Kanzel, von welcher herab angeblich Sn Vicente Ferrer gepredigt haben soll.
Neben der Kirche befindet sich ein kleines, von einer Mauer umgebenes Terrat mit Cisterne. Die
Häuser innerhalb der Schlossmauer bildeten den ersten Bestandtheil von Capdepera; die starke
Vermehrung der Bevölkerung brachte es jedoch mit sich, dass bei dem beschränkten Raume des
Inneren bald ausserhalb der Mauer um das Schloss herum und am Fusse des Schlosshügels sich
Leute ansiedelten. Man führte in Folge dessen eine neue grössere Kirche auf, die im Jahre 1840
eingeweiht wurde. Diese, dem heiligen Bartholomäus geweihte Kirche liegt am Anfang, der Ortschaft.
An der Vorderseite hat sie eine Fensterrose mit vier platten Pfeilern, einen Giebel und
ein gewölbtes Thor, sowie einen Thurm mit Kuppel und an den Seiten vier Bogen in der Form
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