Das südöstliche Hügelland.
Nach Sn Llorens, Arta, Son Serverà und Capdepera.
Im Südosten der Insel zieht sich ein ausgedehntes Hügelland hin, welches gegen das Meer zu
mehrere Vorsprünge bildet, von denen der Bec de Farrutx und das Cap de pera die bedeutendsten
sind. Wegen der Entfernung von Palma ist diese Gegend der von den Eigenthümern bisher
weniger besuchte und mithin auch weniger sorgfältig bebaute Theil der Insel. Grosse Strecken
desselben sind als Weideland oder Wald belassen, nichtsdestoweniger ist auch hier mancher Fortschritt
zu verzeichnen, namentlich von Seiten einiger der reicheren Besitzer von Artä. Vier Ortschaften
entfallen auf diesen Theil: Son Serverà, S“ Llorens, Artà und Capdepera, von denen aber nur
Artä von einer gewissen Bedeutung ist. An landwirthschaftlichen Reizen fehlt es in diesem Theile
durchaus nicht; auch ist er viel wasserreicher, als der südwestliche, und mithin einer grösseren
landwirthschaftlichen Entwickelung fähig. Wir wollen unseren Ausgangspunkt von Manacor nehmen
(auf diese wichtige Ortschaft kommen wir später noch zurück) und den Fahrweg, der über S° Llorens
nach Artä führt, schildern.
Die Fahrstrasse zieht sich von Manacor gegen Artä an einer fruchtbaren Ebene entlang.
Zur Rechten sieht man einen kegelartigen und zur Linken abgerundete, sich gegen die Ebene zu
verflachende Hügel. Der Manacor am nächsten gelegene Hügel heisst Roca del Castellet, mit dem
die Gebirgskette beginnt; dann kommen der Puig de St* Lucia und jener von Sa Cabana; hinter
Manacor erheben sich der Puig de Calicant mit einem weiss angestrichenen Thurm und etwas
weiter hin die Muntana de Tanguera. Rechts lassen wir den Weg liegen, der zum Kirchhof führt,
und gehen durch Weinberge und durch zahlreiche Feigenpflanzungen. In einem Weinberge steht
ein bedachter Thurm. Der Weg zieht sich auf flachen, meist kahlen Hügeln mit bald spitzigen,
kegelartigen Kuppen, bald tafelartigem Rücken weiter. Neben Oelbäumen liegen ein weisses
Possessionshaus und in der Ferne ein Bauernhaus. Vor sich hat man einen hübschen Ausblick auf
die Escuys oder Colls de Artä; auch sieht man einzelne Windmühlen, kleine Mandelpflanzungen,
einige Oel- und Johannisbrodbäume. Man biegt links in eine, gegen das Gebirge zu von sanften
Anhöhen umgebene Fläche ein. Nicht weit von den Escuys de Artä, die den Hintergrund bilden,
liegt S» Llorens mit kleinen Opuntien- und Granatäpfelgärtchen. Diese, von Manacor io km entfernte
Ortschaft hat 1896 Einwohner und 200, grösstentheils einstöckige Häuser. Häufig ist in
der Vorderseite der Häuser ein Holzpflock (Estaca) zum Anbinden der Lastthiere, statt des sonst
üblichen eisernen Ringes, eingemauert Durch die Calle de la Reyna gelangt man zur Kirche. Man
kann annehmen, dass dies die schon seit 1234 bestehende Pfarre von S 11 Maria de Bellver ist. Sie
hat einen modernen Hochaltar und sechs Seitenkapellen; die bemerkenswertheste von letzteren ist
die eine Rotunde mit Kuppel bildende Kapelle der Virgen Trobada, deren Bildniss ursprünglich
allein in dieser Kirche verehrt wurde. Wie Urkunden besagen, ist dasselbe kurz nach der Eroberung
mitten unter Gebüsch und Disteln aufgefunden worden, weshalb sie auch den Namen
S “ Lorens des Cardasar (Disteln = mallorquinisch Cards) erhalten hat. Die Kirche, welche, wie
die Ortschaft, von Manacor abhängt, hat eine kleine Fensterrose, ein unschönes Portal und auf der
linken Seite einen Thurm. Das Innere ist ein Tonnengewölbe mit Hochaltarkapelle. Ueber dem
Eingänge befindet sich eine Empore mit einer rechts gelegenen Kapelle und links einem Aufgange
und einem Taufbrunnen. In der Nähe ist eine Thonwaarenfabrik, und weiterhin steht eine Windmühle.
Der Weg zieht sich längs der Einsattelung der Escuys de Artá hin, welche nur mit
Haidekraut, Mastixsträuchern und anderen Gebüschen bewachsen sind. Vom Rücken schlängelt
sich der Weg in eine breite Ebene hinunter, welche von zwei, fast kahlen Hügeln begrenzt wird.
Ausgedehnte Oelbaumpflanzungen und einzelne Johannisbrod- und Maulbeerbäume gedeihen in dem
steinigen Boden. In einiger Entfernung von der Fahrstrasse liegt Xiclati, der Familie Zaforteza
gehörig, einst eine Alquería. Durch einen grossen Wald gelangt man zum Possessionshause von
Bellpuig, das wir seines historischen Interesses wegen näher beschreiben wollen.
Kurz nach der Eroberung wurde im Distrikt von Artá ein Prämonstratenser-Kloster unter
dem Namen Nuestra Señora de Bellpuig gegründet. Die Mönche tauschten 1425 ihre Renten und
Vortheile gegen die Ortschaft Os in Catalonien ein, und die Besitzung Bellpuig, auf welcher jenes
Kloster sich befand, ging an Dn Alberton Dometo y Cotoner über, dem 1637 der Titel eines Márquez
de Bellpuig verliehen wurde, der seit jener Zeit mit der Besitzung der Familie Dameto verblieben
Hinter dem Rücken gegen Artá.
ist. Die alte Kirche von Bellpuig ist jetzt in ein Bauernhaus umgewandelt. Ein Flügel des Klosters
steht noch; der andere ist eine Ruine. Auf den Hauptfahrweg zurückgekehrt, geht man zwischen
Erdbeerbäumen und Haidekrautgebüsch hin. Schön ist der Blick auf Artá mit dem befestigten
Hügel von Sn Salvador. Man kommt durch ein kleines, fruchtbares von beiden Seiten mit steilen
Hügeln umgebenes Thal. Hier führt der Weg zwischen Mandeln- und Feigenpflanzungen hindurch
und dann durch die Calle de Palma nach Artá.
Artá, mit 4206 Einwohnern, gehört zu den anmuthigsten Ortschaften der Insel. Es liegt
inmitten eines wasserreichen Thaies, das von Obstgärten und waldigen Hügeln umgeben ist. Die
Häuser, 1167 an der Zahl, sind meist klein und einstöckig. Einzelne modernere Häuser, so namentlich
die Posadas von Palmensaner Herren, zeigen Wappenschilder über dem Eingänge und Thürpfosten
aus schwarz geadertem Marmor. In der Calle Major sind auch verschiedene elegant gebaute Häuser
zu finden. Die Gassen, meist eng, häufig ansteigend, sind zum Theil ungepflastert; vielfach sind
auch Gärtchen mit Pomeranzen und anderen Obstbäumen an den Häusern. Rechts von der Strasse
nach Manacor befindet sich ein sog. Vorstadttheil der Ortschaft mit ca. 50 Häusern, welcher
Sta Catalina genannt und mit dem einen Ende der Ortschaft von Artá zusammenhängt. Von der
kleinen Plaza de la Constitución führt die Calle de la Paroquia zu der auf einer Anhöhe gelegenen
Kirche. Um in diese zu gelangen, muss mail erst eine steile Treppe mit drei Abstufungen zum
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