Esporlas hat von Palma aus die Carretera mit Valldemosa bis zu dem Hostal de ses Puntes
gemeinsam; an dieser Stelle zweigt sich die Strasse ab und fahrt in dem Thale von Esporlas
unweit des Torrenten weiter hinauf. Die Vegetation ist in der wasserreichen Thalsohle sehr üppig.
Zur Linken erscheint auf einer Anhöhe Canet, ein grosses weisses, weithin sichtbares Possessionshaus,
zu dem ein Fahrweg führt. Allem Anscheine nach hat Canet in früherer Zeit Esteban Egidio
gehört, dem Jaime II. im Jahre 1301 alle Rechte jenes Territoriums abgetreten hat. Das jetzige,
im Jahre 1860 von D» Vincente Gual y Vives de Canamas neu aufgebaute stattliche Haus hat zwei
Stockwerke, eine kleine Attica und unten eine flache Bogenreihe um den ziemlich breiten Hof.
Ueber dem Eingänge ist ein Wappen angebracht. Als Treppenpfeiler dient ein ausgearbeiteter
Stalaktit aus der benachbarten Höhle. Rechts von der Eingangshalle befindet sich die Kapelle,
deren Glockenbogen auf dem Hofe steht. Das Haus hat grosse, mit Azelujos gepflasterte Säle, ein
Saal jedoch weist Marmorfussboden auf. Ferner sind in dem Hause zwei hübsche Arquillas mit
eingelegter Arbeit. In Canet wird eine werthvolle Truhe (Caxa), mit Elfenbein- und Holzschnitzerei
verziert, aufbewahrt, ferner ein kleines in der Nachbarschaft aufgefundenes Monetair, enthaltend
84 Stück römische Kaisermünzen, ein alte bei Son Axalö gefundene Lanze, mehrere roth gefirnisste
römische Tiegel, eine Schüssel aus getriebenem Silber, verschiedene Waffen, darunter auch ein
Degen, angeblich von D» Bernardo Torella stammend. Die dazu gehörige Rüstung befindet sich
in Palma. Die Terrasse vor dem Speisezimmer eignet sich vortrefflich zu einem Ausguck auf
die schöne Umgebung. Die grosse Tafona hat vier Bigas, und da das Johannisbrod ein Haupt-
product dieses Landestheiles ist, so steht neben dem Hause eine sehr grosse Garrovera, die so
eingerichtet ist, dass die mit Johannisbrod beladenen Wagen zu der bedachten Terrasse hi’nfahren
können, wo die Wagen die bestimmten Waaren aufnehmen. Die Lage von Canet ist sehr schön.
Coulissenartig abgestuft zieht sich die Sierra dahin, in den prachtvollsten Linien gezeichnet und
mit ihren schroffen Spitzen sich von der durchsichtigen Bläue des Himmels scharf abhebend.
Unterhalb des Hauses liegt an der Lehne der nach italienischer Art eingerichtete Garten mit grossem
Bassin. Eine vielstufige Doppeltreppe führt zur Strasse hinab. Auf der anderen Seite liegt der
Obstgarten. Er ist ein grosses umzäuntes Viereck, dessen vergitterter Eingang, zu welchem sich
eine Allee hinzieht, der Treppe gegenüber liegt. Im Centrum des Gartens ist eine kleine, achteckige
Laube aufgestellt. Gegenüber von Canet liegt ein, theils kahler, theils mit Strandkiefern bewachsener
Hügel mit gleichnamiger Höhle. Eine schmale Mündung bildet den Eingang zur Cova, in welche
man sich in einem Fasse hinunterlassen muss. Man kommt in eine halbmondartige Erweiterung,
in welcher sich eine hübsche Säule befindet. Ein niedriger Gang, dessen Boden aus Mandelstein
besteht, führt jäh hinunter zu einem Saal, in welchem sich viele kleinere Tropfsteine befinden,
und weiter zu zwei grösseren Höhlen, welche den Eingang einer künstlichen Wölbung bilden.
Es folgen noch mehrere erweiterte Höhlungen. Durch ein Zimmerchen zieht sich ein schmaler
Gang nach oben, und man ist am Ende der Höhle angelangt.
Das Thal gegen Esporlas, auf beiden Seiten von bewaldeten Hügeln begrenzt, ist äusserst
lieblich; in der kleinen Fläche wachsen meist noch junge Orangenbäume. In der Mitte rieselt das
von Pappeln beschattete Flüsschen herab. Zu beiden Seiten der Anhöhen liegen zwei grosse
Possessionshäuser, w o das Thal von Esporlas beginnt. Von hier sieht man schon in der Ferne
die Kirche liegen. Der Weg mündet jetzt in die bessere Fahrstrasse, welche Esporlas mit der
Carretera von Puigpunent verbindet. Das Thal ist mit Mandel- und Maulbeerpflanzungen bedeckt,
und man erblickt hier einzelne Landhäuser, sowie nicht weit von der Strasse eine kleine, ausser
Benutzung gestellte Windmühle, und am Hügelabhange liegt das Possessionshaus von Son Trias
mit ringsum roth angestrichenen Fenstern. Der Ort Esporlas, welcher in seinen verschiedenen
Gruppen 1544 Einwohner zählt, die als Marjadors einen weiten Ruf auf Mallorca gemessen, und deren
Weiber in Folge des Wasserreichthums und der Nähe von Palma sich als Wäscherinnen ernähren,
besteht aus ziemlich geraden, aber holprigen Gässchen. Daran stossen meist kleine zweistöckige
Häuser, 403 an Zahl, welche kleine Fenster mit vortretender Steinplatte haben. Die Mitte
durchzieht ein breiter Fluss, welcher aus der wasserreichen Granja kommt. Sein Wasser wird
zur Bewässerung der üppigen Gemüsegärten benutzt. Im Sommer ist der Fluss aber oft fast ganz
ausgetrocknet. Ueber denselben führt eine von Felsblöcken gebildete Brücke, welche auch von
Fuhrwerken benutzt werden kann. Hinter einer alten Windmühle zeigt sich in schöner Anordnung
eine Reihe von Häusern, deren Dächer mit Steinen beschwert werden müssen, damit der
Wind diese nicht zerstören oder ein ähnliches Unheil anrichten kann. Auf der anderen, mit der
Brücke verbundenen Seite liegt eine weitere grössere Häusergruppe, welche eine lange Gasse,
Carré de la Villa Veya genannt, bildet. Thalaufwärts sieht man gegen Son Cabaspre zu am Hügelabhange
die Possessionshäuser Son Simonet und Dameto. Nach Passirung einer mit Maulbeer-
und Mandelbäumen bepflanzten Strecke trifft man die andere Hälfte der Häuser von Esporlas an,
wo auch die Kirche von Sn Pedro Apostol liegt. Sie gehört zu den ältesten der Insel und ist
wahrscheinlich schon 1235 errichtet worden. Im Laufe der Jahrhunderte wurde sie jedoch vielfach
umgeändert, namentlich im Jahre 1852 mussten zur Stütze der baufällig gewordenen Kirche zwei
Pfeiler an der Nordseite und ein Glockenthurm an der Südseite angebaut werden. Die schmucklose
Kirche hat ein in Zopfstyl gehaltenes Portal mit der Figur des heiligen Petrus aus Pedra de San-
tagny. Der Thurm ist mit einem Kuppeldach versehen und von Rundbogenfenstern durchbrochen.
Die Kirche hat sechs Seitenkapellen; der Hochaltar ist derselbe, welcher früher im Nonnenkloster
von Sta Margarita in Palma stand. Neben der Kirche breitet sich ein Pomeranzengarten aus, welcher
der Rectoria gehört, und ihr gegenüber befindet sich das Haus von Moranta, dessen Terrasse 195 m
über dem Meere liegt.
Von dem südlichen Ende von Esporlas führt von der Fahrstrasse nach Palma ein gepflasterter
Schlangenweg nach der Font de la Figuera zu. Rechts lassen wir Son Trias liegen und biegen in
ein Thal ein, an dessen Abhange Son Rafal liegt, während das Seitenthal bei der Häusergruppe
von Colonclo ausmündet. Am oberen Ende desselben liegen die Häuser der Font de la Figuera,
zu welchen an einer Felsblockwand vorüber ein steiler Stufenpfad hinaufführt. In einer Seitenfurche
dieses Thaies, am Fusse des Puig de Terras, fliesst die ergiebige Font Figuera.
Nach La Granja führt von Esporlas ein Fahrweg durch ein ziemlich schmales Thal mit
grossen Mandelstein-Felsblöcken. Auf einem solchen Block ist das neue, äusserst schöne Haus
des Badaluch erbaut. In der Mitte des wirklich idyllischen Thaies fliesst ein Flüsschen, und am
anderen Ufer lagern sich den Felsblöcken gegenüber, mitten in Gärten stehend, die grauen Häuser
von Esporlas. Der Weg dorthin führt an einer Wolldecken-Fabrik vorbei. Tief im Thale, am Rande
des Flusses, wächst Pfahlrohr, während Eichen, Pappeln und astreiche Nussbäume sich über das
Flüsschen neigen. Das Klappern einer Wassermühle ist hier hörbar, während dieselbe Dicht sichtbar
ist, da sie von zahlreichem Gebüsch umgeben ist, und an der Mühle selbst ranken sich Weinstöcke
empor. Das Thal erweitert sich nun etwas und wird am Ende durch kleine baumreiche
Anhöhen abgesperrt. In der Mitte desselben, von einem grossen Garten getrennt, erhebt sich das
Haus La Granja, welches zur Zeit der Mauren eine Alqueria war und Alpich genannt wurde.
Gegenwärtig gehört es Dn Jorge Fortuny y Sureda, der mit seiner Familie die Sommermonate in
dieser prachtvollen Einsiedelei verbringt. Die leichte Bauart des Hauses von La Granja steht im
Einklang mit der angenehmen Umgebung. Eine schlanke Bogenhalle befindet sich auf der Frontseite,
und vor derselben liegt der wirklich bezaubernde Garten. Dem Eingänge gegenüber breiten
über einen Platz fünf alte Melia Azedarach mit starken Wurzeln ihre Aeste aus, so dass hier
unter dem Schattendach ein angenehmer Aufenthalt ist. Ein breiter Bogen mit Stufen bildet den
Eingang zu einer Halle mit flachen Bogen, die von ionischen Säulchen gestützt werden. In der
Hofmitte befindet sich ein Brunnen. Das Innere ist einfach, aber wohnlich und die Aussicht überaus
schön und lieblich. Von der Granja führt ein ziemlich guter Weg nach Banalbufar. Wenn man
den ersten Bergrücken überschritten hat, gelangt man durch ein felsiges Seitenthal mit niedrigen
Abhängen zu dem Coll de Son Valenti. Rechts liegt der Puig de Son Dameto, und dann erreicht
man bald die Fortsetzung des Weges nach Banalbufar.
Wir wollen das Thal von Esporlas nicht verlassen, bevor wir nicht von seinen reichhaltigen
Quellen Kenntniss genommen haben. Die wichtigste der Quellen Mallorca’s ist die Font de la
Vila, welche, wie bereits erwähnt, Palma mit Wasser versorgt. Sie entspringt am Fusse einer
Hügelreihe, und vereinigt sich mit mehreren anderen Bächen. Hier giebt es auch noch andere
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