von der Carretera 2 km entfernte Kirche von Sn Marcial, die Pfarre der Gemeinde von Marratxi,
der wir jetzt einen Besuch abstatten wollen.
Nach S n Marcial führt ein Weg von der Carretera d’Inca aus über den sanft erhöhten Boden
an dem stattlichen Hause von Son Veri, von einem viereckigen Thurm überragt, vorüber. Man
überschreitet nun den kleinen, theilweise bewaldeten Rücken und gelangt zu der in einer Vertiefung
liegenden unschönen Kirche von Marratxi. Dieselbe, gegenwärtig Sn Marcial gewidmet, gehört zu
den ältesten Landpfarrkirchen Mallorca’s. Sie wird urkundlich schon 1248 erwähnt und ist im
Jahre 1636 zu einer selbstständigen Pfarrkirche erhoben worden. Es ist anzunehmen, dass das Kirchengebäude
im Laufe der Jahre viele Umänderungen erlitten hat. In den Wölbungen ist das Datum
1714. Die Pfarrkirche steht isolirt und ist eine eigentliche Feldpfarre, da die Mitglieder der
3090 Einwohner zählenden Gemeinde von Marratxi sehr verstreut wohnen. Es giebt jedoch drei
Haupt-Caseríos oder Häusergruppen, nämlich La Cabaneta, den bereits erwähnten Plá de na
Tesa, wo die gleichnamige, von La Cabaneta 4 km abstehende Häusergruppe von Pont d’Inca
und Marratxi liegt, und Portol. Insgesammt hat der ganze Distrikt 857 Häuser, welche mit nur
wenigen Ausnahmen einstöckig sind. Die auf einem freien Platze liegende Kirche hat an
der Vorderseite zwei viereckige Thürme mit hässlichen Azelejos-Helmen und in der Mitte eine
Rose in Gestalt eines Kreuzes. Das Innere enthält ein Tonnengewölbe; auf jeder Seite sind
fünf Kapellen und eine Empore über dem Eingänge. Daran schliesst sich eine gewölbte Sacristei.
Die Statue von Sn Marcial soll aus dem 15. Jahrhundert stammen. Hübsch ist das aus einem
einzigen Stück rothen Marmors gearbeitete Taufbecken. Zur Rechten der Kirche ist die Rectoría
angebaut; links liegt der Kirchhof. Wenn man nun steil weiter hinaufsteigt, gelangt man zu der
Häusergruppe der Cabaneta, welche sich auf einem etwas hinter der Kirche gelegenen Hügel
lagert. Diese Rundbogenhäuschen liegen auf beiden Seiten des Fahrweges verstreut. Einige davon
erstrecken sich bis in das links davon gelegene Thal, wo auch die Casa Consistorial sich befindet.
Auf der anderen Seite liegt das zierliche Possessionshaus von Son Cos und an dem Ende
dieser Thalsohle die Häusergruppe von Marratxi. Weiter südwärts denselben Weg verfolgend,
gelangen wir nach Portol, 1 km von La Cabaneta entfernt. Dasselbe zählt 195 Häuser; sein
Kirchlein gehört zur Pfarrei von Marratxi, welches der Virgen del Carmen gewidmet ist. Der
Bau der Kirche erfolgte im Jahre 1878.
Nachdem man auf die Carretera zurückgekehrt und, diese weiter verfolgend, an Johannis-
brodbäumen und einem Bauernhäuschen mit einer Noria vorübergekommen ist, nähert man sich den
Gebirgen. Zur Linken bietet sich das grosse, mit einem viereckigen, bedachten Thurme versehene
Possessionshaus von Son Sureda dem Auge dar. Dasselbe gehört dem Márquez de Vivot und
liegt in prächtiger, die ganze Umgebung beherrschender Lage. Etwas weiter ab steht das grosse,
mit ausgedehnten Feigenbaumpflanzungen umgebene Possessionshaus von Son Salas. Der Weg
schlängelt sich jetzt am Abhange zwischen Oelbaumpflanzungen weiter und erreicht in Kurzem
mehrere Bauernhäuser und Weinberge und die r 145 Einwohner zählende Ortschaft Sta Maria. Dieselbe
hat 373 einstöckige Häuser mit kleinen Gesimsfenstern und viereckigen Thüren. Häufig sieht
man auch von Bogen gestützte Vordächer, wie sie namentlich bei den Hostals gebräuchlich sind.
An der Plaza de la Constitución liegt die Pfarrkirche. Ursprünglich war dieselbe eine Feldpfarre,
von welcher man annimmt, dass sie im Jahre 1236 gegründet worden ist. Die jetzige Kirche ist
im Jahre 1837 zum Theil neu aufgebaut worden. Sie ist der Nuestra Señora del Camino geweiht,
deren Bildniss am Hochaltäre angebracht ist. Sie hat einen in Zopfstyl gehaltenen, sehr unschönen
und im Jahre 1751 erbauten Thurm, welcher mit blauen Ziegeln gedeckt ist. Er erhebt sich 166 m
über das Meer. Das in Rococostyl gehaltene Portal aus Marmorgestein trägt das Datum 1758,
und die in ähnlichem Geschmacke erbaute Vorderseite ist mit kleinen, runden Fenstern durchbrochen.
Das Innere besteht aus einer von Rundbogen gestützten Wölbung, von denen gewundene
Rippen ausgehen, die sich in einer Rose mit Wappenschild kreuzen. Auf jeder Seite befinden sich
fünf Kapellen. Eine derselben, die der Nuestra Señora del Rosario geweihte, ist in eine kleine
Rotunde mit vier Altären ohne den Hochaltar ausgebaut, eine Bauart, die man sehr häufig in
mallorquinischen Kirchen findet. Ihr gegenüber steht die Kapelle, in welcher sich eine Orgel
befindet, welche von dem berühmten mallorquinischen Orgelbauer Jorge Bosch erbaut worden ist.
Alle Kapellen haben Altäre in Zopfstyl. Verlässt man die Kirche und nimmt die kleinen Häuser
genauer in Augenschein, so bemerkt man, gleichfalls auf der. Plaza de la Constitución, das ältere,
kleine Ayuntamiento-Gebäude mit Halle, auf pseudoionischen Säulen ruhend. An den Fenstern
befinden sich vielfach Balcons. In der Kirche wird ein aus dem Jahre 1470 stammendes Bild auf-
bewahrt, das auf Goldgrund die heilige Jungfrau mit dem Kinde darstellt. In der linken Hand
hält das Kind einen Stiéglitz, den die heilige Jungfrau mit einem Faden festhält. Rundherum sind
Heiligenfigürchen angebracht, und im Giebelfelde ist die Kreuzigung Christi bildlich dargestellt.
Die Franziscanerkirche von Nuestra Señora de la Soledad liegt vor einem Platze, woselbst
ein altes gothisches Steinkreuz steht. Vorher war an dieser Stelle ein Minimen-Kloster, welches
aus der Nachbarschaft von Palma im Jahre 1682 nach Sta Maria verlegt wurde. Die Kirche ist
jetzt Hülfskirche der Pfarrei. Dieselbe, sowie das Klostergebäude wurden bei der Aufhebung
vom Márquez de la Fuen Santa de Palma angekauft und renovirt. Ihr Aeusseres weist eine Reihe
von Seitenfenstern, eine Rose und ein Portal in Zopfstyl mit dem Familienwappen auf. Am hinteren
Ende steht der Glockenthurm. Im Inneren hat sie fünf Kapellen auf jeder Seite und eine Empore
über dem Eingänge. In den Schlusssteinen der Wölbung ist das Kreuz von Calatrava zu sehen,
welchem Orden Dn Mariano angehörte. Das Klostergebäude enthält einen Hof mit von pseudoionischen
Säulen getragenen Segmentbogen. Sta Maria besitzt bedeutende Brennereien, wo die
berühmte Anisette bereitet wird, und eine Ziegelei, in deren Nähe einige Windmühlen stehen. Am
letzten Sonntage des April wird alljährlich in Sta Maria ein Jahrmarkt abgehalten.
Ein hübscher Ausflug von S ta Maria ist der nach dem nahe gelegenen Son Seguí. Wenn
man durch die Calle de Molinets Sta Maria verlassen hat, durchzieht man die auf der rechten Seite
von niedrigen, meist mit Strandkiefern bestandenen Höhen umgebene Ebene und kommt an zwei
Windmühlen vorüber.
Auf einem von Celtisbäumen beschatteten Platze steht das grosse Possessionshaus von Son
Seguí. Dasselbe hat einen viereckigen, bedachten Thurm. Eine breite, von Säulen getragene Halle
und ein von runden Säulen gestütztes Vordach befindet sich über der Treppe. An einer Seite des
Hauses befindet sich eine lange, von achteckigen Säulen getragene Rebenlaube. Vom Innern der
Zimmer, in welchen alte Bilder aus der Zopfzeit aufgehängt sind, gelangt man auf den Terrado
und zu einem kleinen Pomeranzengarten. Son Seguí hat einen sehr grossen Weinkeller (Cellé),
und zwar können in demselben 30 Tonnen Wein gelagert werden. Das Oratorium ist alten Ursprungs.
Eine Urkunde aus dem Jahre 1667 bestätigt die Stiftung einer noch bestehenden Pfründe,
wonach an allen Sonn- und Feiertagen im Oratorium während der Zeit, wo sich der Eigenthümer
oder seine Familie in der Possession aufhält, Messe gelesen werden muss. Dasselbe ist dem San
Cristo und der Nuestra Señora de la Piedad gewidmet. Wiewohl es als öffentliches Oratorium
betrachtet wird, ist es in Wirklichkeit Privatbesitzthum der Familie Oleza. An einer mit Oelbäumen
bepflanzten Lehne vorbei gelangt man von Son Seguí hinauf zu der in demselben Territorium auf
der Höhe des Puig de las Covas gelegenen Einsiedelei; nach der zweiten Barrera trifft man eine
Cypressenallee und am Ende derselben ein Gärtchen mit Brunnen und einer kleinen Kapelle mit
Holzbedachung. Im Innern sind alte Kupferstiche von Einsiedlern, ein Altärchen, sowie eine
historische Tablette vorhanden. Neben der Kapelle befinden sich kleine Zellen und die von den
Eremiten benutzte Küche. Das Ganze ist von einer hohen Mauer umgeben. Seit langer Zeit wird
die Kapelle nicht mehr von Einsiedlern bewohnt. Schön ist die Aussicht auf das ferne Palma und
das zwischen Cypressen hervorblinkende Sta Maria. Hinter der Ermita, in einer Höhe von 319 m
über dem Meere, geniesst man eine herrliche Aussicht auf die umliegende Ebene, die Bahia de
Palma, die Höhe von Llummayor und Randa, die Ebene gegen Artá zu, den Puig d’Inca,' die Sierra
und die verschiedenen am südlichen Abhange gelegenen Ortschaften.
Wir wollen nun durch die Calle de Inca Sta Maria verlassen, um die Carretera weiter
zu verfolgen. Gleich hinter der Ortschaft ist eine Guixeria oder Gypsfabrik. Indem man die
mächtige Sierra im Norden immer vor Augen hat und ihre schroffen, hohen Abstürze, sowie die
davorstehenden waldigen Hügel überblickt, die sich weiterhin gegen die Ebene verflachen, durch