Das ehemalige Kloster, ein einfaches Gebäude, ist angebaut. Ausserdem giebt es in Ciudadela noch
einige kleine Kirchen. Das Kirchlein von Sn José wurde im Jahre 1390 gegründet. Das Innere
ist sehr einfach und zeigt zwei Spitzbogen, deren erster vordem die rohe Empore enthielt, jetzt aber
ein Zimmer bildet und vorn auf einem zugespitzten Kämpfer ruht. Unweit der Domkirche liegt die
kleine , schlichte Kirche von Sn Miguel aus dem 17. Jahrhundert. Hinter derselben wächst ein
Riesen-Lorbeerbaum. Die kleine Kirche des Sn Cristo wurde von der Gemeinschaft der Cardadores,
welche im 17. Jahrhundert eine grosse Bedeutung hatten, erbaut. Um diese Zeit genoss der dortige
wunderthätige Sn Cristo grosse Verehrung und wurde in den Rogativ-Processionen herumgetragen,
was noch heutzutage bei grossen Dürren zu geschehen pflegt. Die Kirche von Sta Magdalena wie
auch das anstossende Spital bestanden schon im Jahre 1350; in den Jahren 1527 und 1734 hatte man
sie wiederholt aufgebaut.
Der jetzige, am Borne gelegene Gouverneur-Palast nimmt die Stelle des alten Alcazar ein,
den König Alfonso III. nach der Eroberung der Insel im Jahre 1287 zu errichten befahl und welcher
Jahrhunderte lang den General-Gouverneur von Menorca beherbergte. In Verfall gerathen und theil-
weise als Kaserne der Guardia civil verwendet, wurde er erst in neuester Zeit dem geeigneteren
Zwecke eines Rathhauses gewidmet.
Gar herrlich ist die Vorderseite des Gouverneur-Palastes mit seiner köstlichen Halle, welche
durch vier Strebepfeiler gestützt wird. Eine einfache Treppe mit bequemer Rampe führt in zwei
Aufgängen zu der eleganten Bogenhalle. Nach der Seeseite hin wurde an das alte Haus das
moderne Gebäude der Guardia civil angebaut, von dem man eine herrliche Aussicht geniesst.
In dem Municipal-Archiv werden viele alte Documente und Hunderte von kleinen Pergamenten
auf bewahrt.
Durch die Puerta del Mar hinabgehend, kommt man zur neuen hübschen, eisernen Hafenbrücke.
Verfolgt man von der Brücke aus westwärts das Quaiufer, und zwar unterhalb der auf
Felsen ruhenden, unschönen, rückwärtigen Seite des Theaters, so kommt man zu dem kleinen
Matadero unterhalb der neuen Muralla des Borne.
Der Hafen von Ciudadela, 1600 m lang und anfangs 80, im Innern stellenweise nur 40 m
breit, ist für kleine Schiffe ziemlich sicher und wäre noch besser, würde nicht die starke Risacca
häufig lästig, die namentlich bei Südwestwind eintritt und für grössere Schiffe gefährlich werden
kann. Er hat Quais von 600 m Länge; auch giebt es auf der Rhede eine hölzerne Vertauungsboje.
Ein in vier Rampen von der Puerta de la Fuente hinabführender Weg mündet in den Hafenweg,
d. h. den Gós de Sn Juan, ein. Das Hortet von Olives hat ein hochgelegenes Häuschen in
Renaissancestyl mit hübscher Aussicht auf die Stadt; daneben liegt jenes von Esquella und hierauf
jenes vom Marquez d’Albranca mit durch Treppen und gemauerte Beete sorgfältig eingetheiltem
Gärtchen, welches wohl das hübscheste ist, und schliesslich jenes des Conde de Torre Saura, ganz
mit Orangenbäumen bedeckt und mit einem Häuschen oben. Als eine wahre Merkwürdigkeit sind
die bereits im allgemeinen Theil von uns abgebildeten Schweineställe Solls de d’alt d’es Peñal zu
erwähnen, die, vom Ayuntamiento gebaut, in doppelten Reihen zu zehn und acht stehen und dazu
dienen, die Schweine im Sommer unterzubringen, welche weder im Innern der Stadt Ciudadela,
noch im Innern irgend einer Ortschaft der Insel gehalten werden dürfen. Herrlich ist der Blick
von dem Wege, der den Hafen beherrscht. Ein breiter, felsiger Weg mit dem Fort von Sn Nicolás
zur Rechten, gegen welchen^ an Sturmtagen das Meer mächtig brandet, verbindet die Strasse mit
der gerade gegen Ciudadela zu führenden. Der achteckige Thurm oder Castillo von Sn Nicolás,
mit Cordon oben,, einer von neun Tragsteinen gebildeten Wurfluke auf der Thür und gepflastertem
Zugang, der den Wall durchschneidet, hat eine in den Felsen gehauene Fussunterlage und gleichartigen
Wallgraben. Erwähnenswerth ist der bei dem Degollador befindliche Bufador, ein tiefes
Felsenloch, in welchem an Sturmtagen das hinaufbrausende Wasser ein dumpfes Donnern
verursacht.
In unmittelbarer Nähe von Ciudadela liegt bei dem Borne oder Planada der kleine, recht
nette Hort d’en Vigo. Am schönsten ist aber die Viñeta von Dn Bernat Olives; es befindet sich
dort ein grösser Gemüsegarten, darunter ein kleiner,.wo Bananen wachsen. Der Weg führt durch
Weinberge, mit herrlichen Rosen und anderen Blumen umsäumt; dann kommt eine schöne Orangenpflanzung.
Von der Terrasse des hübschen, rosenfarbigen Hauses hat man eine schöne Aussicht
auf Ciudedela, sowie auf die weiss blinkende Torre del Ram.
Das Leben ist in Ciudadela noch stiller, als in Mahon, denn die grössere Zahl des Clerus
und die Gegenwart des Bischofs geben wohl nur den Kirchen einen gewissen Glanz. Ein
charakteristischer Zug ist die gewaltige Menge von Schuhmachern; man kann sagen, dass fast
die gesammte Jugend sich diesem Handwerk widmet. Die reicheren Herren leben sämmtlich zurückgezogen
in ihren Häusern, nur Nachmittags sieht man sie zu irgend einer ihrem benachbarten Besitz-
thümern fahren oder in dem Kaffeehause und, wenn das Wbtter schön ist, vor diesem unter den
Hallen der Hauptstrasse sitzen. An Sonntagen ändert sich die Physiognomie Ciudadela’s allerdings
sehr, denn das ganze Landvolk strömt dann aus der Umgebung dorthin.
Der beliebteste Spaziergang Ciudadela’s ist der schon besprochene Weg oberhalb des
Hafens, und mit Recht geben ihm von Alters her die dortigen Bewohner den Vorzug, da er schöne
Meerwärts aus der Nähe von Bellavista.
Ausblicke auf das Meer und die nebelhaften Umrisse Mallorca’s im Hintergründe gewährt. Im
Sommer ist das Baden für die Bewohner Ciudadela’s ein Hauptvergnügen, und die Ufer der nahen
Calas sind gegen Sonnenuntergang mit Hunderten fröhlicher Knaben und schwatzender Mädchen
besetzt. Manche bringen ein Körbchen mit und nehmen auf dem Felsen des Ufers einen Imbiss,
ergötzen sich daran, Napfschnecken von den Riffen abzulösen, oder blicken auf das spiegelglatte
Meer, in welchem die Fische fröhlich herumplätschern und über dem manche ferne Rauchsäule
eines Dampfers sichtbar wird, und kehren dann in der sternenhellen Nacht, heiter singend, zur
Stadt zurück.
Im Süden von Ciudadela.
Der Süden oder Mitjorn von Ciudadela ist jenes flache, gegen Osten aber stark erhöhte
Land, das sich von der tiefen Furche des Barranc d’Algendar bis zu dem flach vorspringenden Cap
des Trutx hinzieht. Meist steinig und einförmig, weist er doch viele sanfte, fruchtbare Mulden auf
und bietet in der Hochebene der Murvedras das Gegenstück zu jener der Cutaynas im Osten dar.