ein schattiges Thal, reich an Obstbäumen und epheuumrankten Terrassen, wo unweit stämmiger
Nussbäume die krystallhelle Quelle des Beato Ramón entspringt. Es ist dies die beste Quelle der
Umgebung, sie speist zwei Sefareix. Etwas weiter oben fübrt ein Serpentinweg zur Cova des
Beato Ramón, einer kleinen, von alten, echten Pinien umstandenen Höhle im Felsen. In letzterer
befindet sich ein Reliefbild, welches den Seligen Ramon Lull darstellt, wie er seine Werke der
heiligen Jungfrau mit dem Kinde zu Füssen legt. Es ist dies die Höhle, in welche sich, wie wir
bereits sahen, der Selige zurückzuziehen pflegte. Ein hölzernes Kreuz oberhalb der Höhie bezeichnet
schon von Weitem ihre Lage. Von hier aus zieht sich ein breiter Weg durch den Wald von
Miramar gegen die Einsiedelei zu. Rechts geht ein Seitenweg zum Mirador des Tudons, von dem
man Miramar überblicken kann. Dann folgt jenes der Waldeinsamkeit, von dem man ringsum nur
den dichten, mit Bartmoos versehenen Eichenwald und einen Theil der in das Meer vorspringenden
Foradada sieht. Dann kommen die Cova des Contrabandol, eine kleine, von Eichen beschattete
Höhle, sowie die Ermita de S" Juan, eine grosse, viereckige Mauerumzäunung, ln derselben wachsen
ungepflegte Bäume in wirrem Durcheinander. Auch steht in der Mitte derselben ein kleines, dach-
loses Häuschen. Daneben befindet sich eine andere, oval gestaltete Höhle mit oben vorspringenden
Steinen (Pedras escupidoras), in der man noch das Häuschen, die Wege, die Cisterne, die
Bänke, ja noch einen alten Mandelbaum der alten Einsiedelei sieht. Wenige Schritte davon entfernt
ist der Mirador des Ermitans, ein breiter Felsen, von dem man, aus der Waldeinsamkeit
kommend, in entzückendster Weise die Foradada zwischen Eichen, im Hintergründe, Miramar, Son
Marroix und die Spitze des Puig Mayor überschaut. Steigt man von den alten Ermitas ein Stückchen
tiefer, so kommt man zum Puig del Verger, in welchem sich eine kleine maurische Kapelle
mit einem marmornen, die heilige Familie darstellenden Reliefbild befindet. Von hier aus geniesst
man die umfassendste Aussicht auf fast alle Häuser von Miramar. Von dieser Stelle führt ein Weg
zur Hospedería hinab. An der Bassa des Porcs und der kleinen Höhle Cova Busquera vorüber
gelangt man von den alten Ermitas zum Bufador des Ermitans, einer Felsenspalte, welcher im
Winter warme, im Sommer sehr kühle Luft entströmt. An der Seite derselben sind Tische und
Banke zum Ausruhen aufgerichtet. Derartige Spalten giebt es in Miramar noch zwei: die eine
nicht weit von hier, die andere am Wege zum Guix. Von hier führt ein ebener Weg zur
Einsiedelei.
Bevor wir die Ermita betreten, seien erst einige Worte über ihre Geschichte vorausgeschickt.
Wenn auch nicht authentisch erwiesen, so ist es doch wahrscheinlich, dass, nachdem
Philipp II. im Jahre 1601 das Haus und Gut von Miramar verschenkt hatte, einige der darin wohnenden
Einsiedler sich in der Nähe niederliessen und vielleicht die Einsiedeleien gegründet haben.
Die Ruinen stehen noch, wenn diese nicht gar schon älteren Ursprungs sind und bereits zur Zeit
Castañeda’s einzelnen Einsiedlern als Aufenthalt gedient haben. Nach dem Chronisten Paborde
Terrasa zog sich einer der Einsiedler, welche aus zwingenden Gründen im Jahre 1601 Miramar
verlassen musste, Namens Fr. Julian de la Madre de Dios, in die Einsiedelei von Nuestra Señora
del Refugio des Schlosses von Alaró zurück, wo er eine Zeitlang allein lebte. Im Jahre 1640
gesellte sich zu ihm ein junger Mann, Namens Juan Mir, der, im Jahre 1624 in Alaró geboren, schon
im 16. Lebensjahre sich dem Einsiedlerleben widmete und 1644 in feierlicher Weise professirte,
wobei er den Namen Juan de la Concepción annahm. Kurz darauf starb Fr. Julian. Mir aber entschloss
sich, einerseits veranlasst durch den Tod seines Collegen, wodurch er sehr niedergeschlagen
war, andererseits um dem zu starken Andrange der Besucher dieses Platzes aus dem Wege zu
gehen, eine andere Stelle aufzusuchen, was er auch mit Erlaubniss des Generalvicars der Diöcese
im Jahre 1646 ausführte. Er zog nach Miramar, besuchte die verschiedenen Einsiedeleien und betete
in der dortigen Kirche, dass die heilige Dreifaltigkeit ihn in seinem Vorhaben erleuchten möchte,
worauf er der Ermita von S “ Pablo und Sn Antonio den Vorzug gab, weil in derselben ein Altar
vorhanden war. Hierauf zog er nach Valldemosa, hoffend, er würde dort die Mittel zur Ausführung
seiner Pläne finden. Thatsächlich wurde er, als er zur Anhörung der Messe in die Karthäuser-
Kirche eintrat, von den Mönchen, und namentlich vom Pater D» Miguel Monserate Geli, auf das
Freundlichste aufgenommen. Unter dem Schutze des Letzteren, der sein Beichtvater wurde, und
mit Hülfe der in der Ortschaft gesammelten Almosen konnte er bald zur Einsiedelei von S“ Pablo
und Sn Antonio zurückkehren, wo er auch seinen Aufenthalt nahm,- Bald gesellten sich zu ihm
mehrere fromme Männer, welche mit ihm zusammenlebten. Allen war er in seinem Tugendwandel
ein gutes Beispiel. Sie bildeten so eine neue Einsiedlergemeinde, die noch fortbesteht. Mir liess
von D» Miguel Monserrate eine Ordensregel abfassen, die im Jahre 1670 in Palma gedruckt wurde.
Nach derselben leben die Einsiedler noch heutzutage. Allem Anscheine nach haben schon in damaliger
Zeit alle Einsiedler Mallorca’s diese Regel befolgt, indem sie eine Art Congregation bildeten,
wiewohl sie an verschiedenen Punkten der Insel weilten. Als ihr Oberhaupt erkannten sie den
Superior von Valldemosa für die Einsiedelei von S» Pablo und S» Antonio an. Die gesunde und
angenehme Lage von Valldemosa brachte es mit sich, dass diese Einsiedelei besonders für alte und
kränkliche Einsiedler sich geeignet erwies. Mir starb am 12. Juli 1688, nachdem er 48 Jahre seines
Einsiedlerlebens fromm und gottesfürchtig verbracht hatte. Die Einsiedler verblieben in der Einsiedelei
von S» Pablo und S» Antonio, die nach der Grundsteinlegung der neuen Kirche im Jahre
1703, welche an die Stelle des ursprünglichen Altars von S “ Pablo und S “ Antonio trat/ihren
Namen mit jenem der Concepción de Maria Santísima vertauschte.
An ein mit Cypressen bepflanztes Plätzchen stösst die Einsiedelei. Der Eingang in dieselbe
erfolgt durch eine viereckige Thür mit kleinem Vordache, das von einem Kreuz überragt wird,
auf dessen beiden Seiten abermals zwei Kreuze sich befinden. Ziehen wir an einem Glockenzuge
mit hölzernem Griffe, so erklingt nach kurzer Pause eine dumpfe Stimme von innen und spricht:
„Ave Maria purísima“ . „Sens pecat concebuda“ ist die Antwort, und die Thür geht auf. Ein
Mann, in Folge der Askese hohläugig und die Stimme dumpf, als wenn sie aus dem Grabe käme,
steht in brauner Kutte vor uns; es ist der Superior und gleichzeitig Koch der kleinen Gemeinde.
So wirkt derselbe in doppelter Weise: für den Geist und für den Körper, aber in letzterer Beziehung
nur mäfsig, denn die braven und bescheidenen Leute nehmen sehr wenig Nahrung zu sich.
Gegenwärtig wohnen deren acht dort; alle sind sehr arbeitsam. In neuerer Zeit haben sie aus
ihren eigenen Reihen die schon verwaist gewesene Einsiedelei von Ternellas bei Polienza wieder
bevölkert. Ihren Unterhalt erwerben sie mit Arbeiten in Gemüsegärten, mit der Pflege von Oel-
baumterrassen und durch Brennen von Kohlen. Gleichzeitig, sammeln sie Almosen, namentlich
Naturalien, von den Bewohnern der benachbarten Ortschaften ein. Letzteres geschieht jedoch nur,
wenn ihnen die Nahrungsmittel ausgegangen sind. Sie sind auch in vielfachen Beziehungen sehr
geschickt und können deshalb etwaige Reparaturen an ihren Gebäuden u. s. w. selbst vornehmen.
So verrichten sie u. A. Maurer-, Tischler-, Schuster-, Schneider-Arbeiten u. s. w.
Kehren wir nun zur Schilderung der Einsiedelei zurück. Die Eingangshalle ist mit Fayencebildern
und allerhand Gemälden behängt, welche phantastische Darstellungen der Hölle, des Teufels,
des heiligen Anton u. s. w. aufweisen; auch ist ein ehemals die Kirche von Miramar schmückendes
Portrait, den Padre Mir, in der Gestalt eines graubärtigen Greises mit Kutte darstellend, vorhanden.
Von der Eingangshalle gelangt man, ein paar Stufen hinaufsteigend, in einen kleinen, schön
gepflasterten Hof, wo links ein Brunnen mit der Aufschrift Jesus Maria und dem Datum 17 13 stéht.
Der Brunnen liefert gutes Wasser. In diesem Hofe erhebt sich dem Eingänge gegenüber die Kirche
mit einer viereckigen Thür, einer Fensterrose und einem einfachen Glockenbogen. Der Abputz ist
in den Fugen mit Steinchen ornamentirt. Das Innere zeigt eine schlichte, und zwar doppelte
Kappenwölbung, sowie drei zopfige Altäre, einen Hochaltar, welcher der heiligen Dreifaltigkeit
gewidmet und mit einer schlechten Nachahmung des Bildes von Miramar und mit einer Statue von
Mariä Empfängniss versehen ist, ferner zwei Seitenaltäre. Der Boden ist mit Azulejos gepflastert.
Die früher an den Seiten befindlichen modernen Chorbänke sind vor einigen Jahren, als die
Wölbung der Kirche mit vergoldeten Leisten und Rosetten verziert wurde, in einer Art von
Empore über dem Eingänge und an den Seiten untergebracht worden. Zu diesen Chorbänken
haben die Einsiedler direct von ihrer Wohnung aus Zutritt. Häufig pflege ich ihrem um 2 Uhr
Nachmittags stattfindenden Chor beizuwohnen. Die guten Einsiedler singen hierbei unter Harmonium
Begleitung einige Stücke. Das Wohngebäude steht vor der Kirche; in demselben ist zur linken
Seite ein Gang mit einem hübschen, neu gewölbten Speisezimmer, in welchem ein Tisch und ein
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