Galceran. Dann kommt die Hospedería von Miramar, dicht an der Strasse gelegen, ein Herbergshaus
mit 20 Betten, in dem jeder einkehrende Fremde drei Tage ohne Entgelt wohnen kann und
mit Bett- und Tischwäsche, Tischgeräth, Brennmaterial und Oliven versorgt wird. Von dem nahe
auf einem kegelförmigen Felsenvorsprunge gelegenen Mirador kann man die ganze Umgebung überschauen.
Wenn man etwas weiter Can Caló mit vielen Stallungen erreicht hat, so sieht man
schon auf einer tafelartigen Verflachung oberhalb steiler, ausgehöhlter Felsen Miramar liegen. Der
Anblick ist geradezu zauberhaft. Ein Pappelwäldchen umgiebt die Stelle, wo die ergiebige Font
Cubería entspringt, die Hauptquelle von Miramar. Die Quelle entspringt theilweise oberhalb des
Fahrweges, ergiesst sich in eine Tränke und fliesst unterhalb der Strasse zu einem Rundbogen-
Kapellchen mit Tisch und Sitzen aus Stein an den Seiten. Von hier führt ein Richtweg nach
Miramar hinab, einige Schritte weiter aber der Fahrweg, an einem grossen Felsen vorbei, zur
Carrera des Hauses.
Bevor wir Miramar selbst schildern, sei erst ein kurzer historischer Rückblick eingeschaltet.
Gegen Ende des Jahres 1276 gründete Jaime II. auf Anregung seines ehemaligen Seneschalls Ramon
Lull ein Collegium zum Unterricht in den orientalischen Sprachen, und namentlich in der arabischen,
an dem schon damals Miramar genannten Platze, damit die unter der Leitung Lulls stehenden
12 Minoritenmönche während ihres dortigen Aufenthalts in diesen Sprachen unterrichtet würden,
um dadurch sich in fruchtbringenderer Weise der Bekehrung der Ungläubigen widmen zu können.
Zur Ausführung dieses Vorhabens tauschte der König am 15. October 1276 sein Anrecht auf eine
Alquería von Deyá gegen das auf jene von Miramar aus, welche den Cisterziensermönchen des
Klosters von La Real gehörte, und erbat für das neue Seminar die päpstliche Genehmigung. Papst
Johann XXI. ertheilte dieselbe mittelst der in Rom am 16. November desselben Jahres erlassenen
Bulle. Man nimmt an, dass während der zwei oder drei Jahre, welche Ramon Lull in Miramar
zubrachte, letzteres einen Theil der Klostergemeiude gebildet hat, wo er als Oberer und Lehrer
thätig war. Nebenbei aber schrieb er wichtige Werke und führte ein Einsiedlerleben, um bei seinen
Arbeiten mehr Ruhe zu haben. Wegen des stetig zunehmenden Besuches der Kirche der Trinidad
zog er sich häufig in eine benachbarte Höhle zurück, die, wie die an ihrem Fusse entspringende
Quelle, bis auf die Gegenwart seinen Namen bewahrt hat. Die Alquería von Miramar umfasste
damals noch alle benachbarten Gründe gegen das Meer zu, von Plá del Rey bis zur Foradada.
Unter Jaime II. verliessen die Franciscaner aus unbekannten Gründen im Jahre 1300 Miramar.
Der König schenkte das Collegium mit den dazugehörigen Gründen dem Abte des Cisterzienser-
Klosters von La Real mit der Verpflichtung, dass dort immer zwei geistliche Mönche residir en
sollten. Gleichzeitig verbot er bei Strafe oder Annullirung der Abmachung, das Collegium und
seine Gründe ganz oder theilweise zu veräussern oder gegen Zins zu verpachten. Ausserdem
behielt sich der König für sich und seine Nachfolger die Ausübung der ganzen Gerichtsbarkeit an
jenem Platze und alle in demselben lebenden oder in Zukunft geborenen Falken als sein Eigenthum
vor. Trotz des Verbotes verpachteten die Mönche von La Real kurze Zeit darauf gegen
Zins einen Theil der Gründe von Miramar, in Folge dessen ihnen auch der König Dn Sancho den Besitz
entzog. Sie baten jedoch König Jaime III. um Gnade, welcher ihnen mittelst Ordre im Jahre 1337
das Collegium mit allen seinen Privilegien wieder zugestand, und zwar unter den zuerst gegebenen
Bedingungen. Bald entäusserten sich die Mönche aber wieder, wenn auch nicht der ganzen, doch
wenigstens eines Thsiles dieser Besitzung, was daraus hervorgeht, dass sie mittelst Vertrages vom
30. November 1337 in Gegenwart des Königs Jaime III. seinem Bruder, dem Infanten Dn Fernando,
die Gebäude, die Kapelle, die Gärten und die Quelle von Miramar abtraten. Der Infant war
darnach verpflichtet, zur Abhaltung des Gottesdienstes und zum Ablass der Sünden des Königs
und seiner Vorgänger für immer zwei Geistliche zu halten. Kraft Privilegiums des Königs Dn Juan I.
von Aragon ging im Jahre 1395 der Besitz von Miramar auf die Geistlichen Juan oder Sancho und
Nicolás Cuch über, die in der Lullschen Wissenschaft Unterricht genossen hatten. Letzterem folgte
ein anderer Geistlicher, Namens Juan Casellas. Um diese Zeit und in Folge des Umstandes, dass
diese Geistlichen das Oratorium und sein Zubehör unter dem Glauben an die heilige Dreifaltigkeit
erhalten hatten, kam der Name „Trinidad“ an Stelle des von Miramar in Gebrauch. Letzterer Name
wurde zuletzt ganz und gar verdrängt. Gleichfalls um diese Zeit wurde von dem frommen Könige
Dn Martin der königliche Alcazar von Valldemosa in eine Karthause umgewandelt. Damals wohnten
in Miramar Karthäusermönche, deren Orden sich der vorerwähnte Nicolás Cuch anschloss.
Sein Nachfolger Casellas und sein Gefährte Sanz verzichteten jedoch, allem Anschein nach zwischen
1396—1400, auf das Collegium zu Gunsten mallorquinischer Einsiedler, welche sieh den Jeronimiten
anschlossen, aber nur bis zum Jahre 1443 in dieser Ordensgemeinschaft verblieben. Unmittelbar darauf
ging es auf die Dominikaner über, welche aber schon 1477 Miramar verlassen mussten, um in das
Kloster in Palma, von dessen Insassen die Pest viele hingerafft hatte, einzutreten. Im Jahre 1479
vereinigte der König Dn Fernando de Aragon das Haus und das Collegium von Miramar mit der
Rectoría von Muro. Während dieser Zeit brachte in Miramar Maese Nicolás Calafat aus Valldemosa
die Buchdruckerkunst in Blüthe, indem er im Jahre 1485 eine Abhandlung von Gerson, im Jahre
1487 das Werk des Geistlichen Francisco Prats, „Devota Contemplación“ betitelt, und 1488 den
Breviario Mayoricense veröffentlichte. Francisco Prats und Dn Bartolomé Caldentey erhielten von
Fernando el Católico im Jahre 1492 das alte Collegium mit den dazu gehörigen Gründen geschenkt.
Diese Geistlichen hatten sich wohl schon dort vorher Studien halber niedergelassen, vielleicht,
um die Lehre der Arte Luliana kennen zu lernen,, welche Caldentey auf dem zu
diesem Zwecke von der adeligen D«a Ines de Quint an der Universität von Mallorca, d. h. im
Estudio General, gegründeten Lehrstuhl lehrte. Die Eigenthümer des Collegiums, Caldentey und
Prats, verpachteten gegen Zins einen Theil am 26. Juli 1493 an Jaime Gallard, der mütterlicherseits
wahrscheinlich Grossvater der seligen Catalina Tomás wa r, die seit ihrer frühesten Jugend mit
seinen Oheimen Bartolomé Gallard und Maria Tornas von 1540—1550 als Waise auf jenem Gute
lebte, welches auch den Namen des Käufers erhielt. Zu jener Zeit bewohnte Miramar Dn Nicolas
Montanyás, Domherr der Kathedrale und Inquisitor von Mallorca, das Besitzthum, welches er 1537
durch königliche Schenkung erhalten hatte. Später trat er dasselbe an Dn Antonio Castañeda aus
Valladolid ab, welcher, vorher Capitán im Heere Karl’s V., diesem auf dem unglücklichen Kriegszuge
nach Algier 1541 gefolgt wa r, schiffbrüchig und enttäuscht auf Mallorca landete und
den Degen mit der Einsiedlerkutte vertauschte. Castañeda starb 1583 oder 1584, 78 Jahre alt,
nachdem er 42 Jahre in Miramar ein frommes Einsiedlerleben geführt hatte. In der Mitte der
heiligen Dreifaltigkeitskirche liegt er vor der Hochaltarkapelle begraben. Im Mai 1615 wurden
jedoch seine Gebeine aus dem Grabe herausgenommen, ein Theil derselben als Reliquien von den
dabei betheiligten Personen mitgenommen, der Rest aber in einer noch jetzt vorhandenen Glasurne
verschlossen. Nach seinem Ableben verblieben in Miramar Einsiedler bis ums Jahr 16 0 1, wo
König Philipp III. das Haus mit sämmtlichen Privilegien dem Geistlichen Onofre Nebot schenkte.
Die Einsiedler verstreuten sich in den nahen Bergen oder bezogen andere Einsiedeleien. Nachträglich
erhielt das Haus der Trinidad wiederholt königliche Privilegien. Trotzdem die mehr oder
minder hochgestellten Pfründner nicht einmal in demselben wohnten, zogen sie dennoch die Erträgnisse
ein. Die Kirche diente ununterbrochen Cultuszwecken, und im Jahre 1688 wurde in
derselben der in der benachbarten Ermita von Sn Pablo und Sn Antonio wohnende Einsiedler Juan
Mir vor der Hochaltarkapelle bestattet. Sein Bild war mit demjenigen von Castañeda im Oratorium
von Miramar aufgestellt. Erst eres befindet sich jetzt in der Ermita, letzteres in Miramar. Im Jahre
1 1 1 wul'de das noch immer der Krone angehörige Miramar oder Trinidad durch Decret der Cortes von
Cadiz an Dn Gabriel Amengual verkauft, von welchem es auf den Arzt Morey überging, der 1837
die baufälligen Gebäude des Collegiums und der Kirche zum grossen Theil abtragen liess. Dann
erwarb es Juan Serra aus La Puebla. Von Letzterem habe ich es 1872 in meinen Besitz gebracht.
Die Ueberbleibsel der Häuser wurden nach Thunlichkeit wiederhergestellt, und der Name „Miramar“
kam wieder zur Geltung. Von dem vierseitigen Wohngebäude wa r nur eine Seite übrig geblieben,
ie, mehrfach umgemodelt, noch besteht, von der Kirche nur die linke Seitenkapelle, in der man
aussei an Festtagen nur selten Messe las. Der Schutt war zu den Grundmauern einer halbrunden
Terrasse verwendet worden. Neuerlich ist dieser Platz, auf dem über 600 Jahre ein Tempel
^es*an,^en ^a^ e > in einen fruchtbaren Blumengarten umgewandelt worden. Das Haus
von iramar ist, wie schon erwähnt, nur' ein Viertel des alten Gebäudes mit einem Hof in der