Gracia und unmittelbar unter der Ausbuchtung des vortretenden, ausgehöhlten Felsens, mit seinen
eigentümlichen Schichtungen auf einen breiten Platz mit der Brustmauer stossend, befindet sich
das Sanctuarium mit der Hospedería. Die Vorderseite der Kirche ist mit einem Glockenbogen und
einer runden Fensterrose versehen. Ueber der Rundbogenthür befindet sich ein kleines altes
gothisches Relief in einem von Krabben verziertem Kielbogen, welcher nach aussen Mariä Verkündigung,
nach innen die Grablegung darstellt. An der Seite der Kirche sind Stützpfeiler und
zahlreiche Wasserspeier angebracht, und vom Terrassendach derselben hat man eine prächtige
Aussicht auf den sich darüber wölbenden Felsen, wo die Nephrons ungestört, friedlich zu nisten
pflegen. Hinter der Kirche ist eine kleine, zum Theil künstliche Höhle im Felsen mit klarer
Tropfsteinquelle. Die Hospedería, welche gleichzeitig als Wohnung des Donat und seiner Familie
dient, enthält tonnengewölbte Räume; im Ganzen sind es neun Zimmer mit Betten und Möbeln und
eme Küche mit den nöthigen Geräthschaften. Die Wölbungsdachung der Hospedería bildet drei
Einsenkungen mit tonnenförmig gewellter Dachung. Die Kirche mit runden Fenstern und Thüren
hat im Innern Bogen und Zwickelkappen, eine Hochaltarkapelle und vier Seitenaltäre unter Bogen.
Die ursprüngliche Kapelle, welche eine Höhle war, in der zuerst die Mare de Deu aufgestellt
wurde und wohin sie dreimal zurückkehrte, befindet sich links unter der Empore mit Orgel.
Eme Treppe führt zu dem Kapellchen mit drehbarem Camarín, wo viele Exvotos-Kleider aufgehängt
sind.
Von Gracia gelangt man, links einbiegend, auf die fahrbare Strasse, welche quer über den
Puig de Randa fuhrt und die Ortschaft von Randa mit Llummayor über Son Creus in Zusammenhang
setzt. Man geniesst vom Coli einen wunderschönen Blick über Llummayor und die weite
Ebene mit der Sierra in der Ferne und die Insel Cabrera. Ein Pfad führt vom Coli weiter an ein
paar Kapellchen mit Holzkreuzchen vorüber nach der Einsiedelei von S» Honorato, welche von
Algaida 5 km entfernt ist. Sie liegt auf der Ostseite des Puig de Randa auf einem Felsen,
unmittelbar über Gracia, ist aber noch älter, als dieses Sanctuarium. Nahezu 30 Jahre waren
nämlich verflossen, seitdem einige Einsiedler sich an dieser Stelle niedergelassen hatten, als sie im
Jahre 1394 von den Allodial-Besitzern des Bodens die nöthige Schenkung erhielten, um eine dem
heiligen Honoratas geweihte Kapelle und ein Wohngebäude erbauen zu können. Es sind gegenwärtig
zehn Einsiedler in S» Honorato. Sie erhalten sich von den Almosen wohlthätiger Leute
von Algaida und Llummayor, wohin sie wöchentlich gehen, um Brod zu betteln. Gleichzeitig
suchen, sie durch Verfertigung von Körben und anderen Palmito-Sachen sich ihren Unterhalt zu
verdienen Wahrend der Arbeit tragen sie Säcular-Kleider. Das Fest des heiligen Honoratas
wird feierlich begangen.
tu X ° r dSr Tllür’ vor we lcher rechts und links je ein steinernes Kreuz steht, liegt ein kleiner
Platz, auf dem zwei immergrüne Eichen und eine einsame Cypresse stehen. Ueber dem Eingänge
ist der Name Jesus geschrieben, und in der Eingangshalle die Statue des heiligen Honoratas aufgestellt.
Das von einem Spitzbogenglockengiebel gekrönte Kirchlein ist einfach und schlicht. Auf
d n 6 befinden Slch zwei Seitenkapellen mit verkehlten pseudoionischen Säulen und Rundbogen.
Die Hochaltarkapelle, zu der marmorne Stufen hinaufführen, ist tonnenförmig. Ein altes steinernes
Weihwasserbecken trägt das Datum 1736. Hinter der Kirche sieht man die kleine Sacristei mit
Kappengewolbe, die Zellen der Einsiedler und die Werkstätte der Einsiedelei. Der kleine Garten
vor der Kirche bietet eine schöne Aussicht gegen Süden auf Llummayor, Campos, Las Salinas und
Cabrera. Etwas weiter oben befindet sich eine Cisterne mit Brunnen. Von einem Mirador oberhalb
der Felsenabstürze, welche horizontale Schichtungen bilden, geniesst man einen hübschen
Blick auf die Ebene mit Felanitx und Manacor, den Puig de Sn Salvador bis zur Bucht von Pollenza
und auf Montesion und Porreras.
Von Sn Honorato geht ein Pfad nach Cura hinauf, während der Hauptweg nach dort
beim Coli von der Strasse nach Randa sich abtrennt und in steilen Serpentinen die Höhe erreicht.
Auf der hoehsten Spitze des Puig de Randa, dem sog. Puig de Cura, stehen noch Reste des
einstigen Collegiums der lateinischen Schule, welche Ramon Lull, der sich gegen das Jahr 1275
auf diese Anhöhen zurückzog, gegründet hat. Nach der Ueberlieferung lehrte Ramon Lull selbst dort
während einiger Zeit seine Wissenschaft in dem Collegium, das von einigen seiner Schüler und
Nachfolger bis zu Ende des 15. Jahrhunderts in Thätigkeit erhalten wurde. Die Gebäude, aus der
Zeit Ramon Lulls stammend, geriethen aber allmählich in Verfall, und König Juan II. de Aragon gab
den Einsiedlern von S “ Honorato, die sich mit den Künsten und der Arzneikunde befassten, die Erlaubnisse
auf der Höhe von Randa Häuser, Zellen, Aemter und ein Monasterium zu Ehren Ramon Lull’s
wieder aufzubauen. Die Schule für Primär-Unterricht und Latein wurde 1481 einem Geistlichen
übertragen, und während einiger Zeit hatte dieselbe im Lande einen grossen Ruf, namentlich für
den lateinischen Unterricht. Man zählte Ende des 16. Jahrhunderts bis 100 Schüler aus Palma und
anderen Gegenden der Insel. Die Anstalt wurde dann von der Universidad literaria von Mallorca
abhängig und bestand bis Anfang dieses Jahrhunderts. Neben der Kirche hat man in den Thürmen
den optischen Militärtelegraph aufgestellt.
Das Gebäude hat Aehnlichkeit mit einem Castell; die einförmigen schmucklosen Mauern
sind nur von kleinen Fensteröffnungen durchbrochen. Beim Eintreten stösst man auf die durch
Colegio de Nuestra Señora de Cura.
Pfeiler gestützte Kirche mit einer Sonnenuhr aus dem Jahre 1663. Die Wölbung wird von Rundbogen
und Wandpfeilern getragen. Die sich verengende Hochaltarkapelle wurde 1868 renovirt;
sie enthält auf dem Altar das alte Bild der heiligen Jungfrau, welches unter dem Namen Mare de
Deu de Cura verehrt wird. Die Kirche nimmt eine der Seiten des grossen rechtwinkligen Hofes
ein. Herrlich ist die Aussicht von der Dachung des Telegraphenthurmes, der 548 m über dem
Meere steht; sie ist eine der umfassendsten Mallorca’s. Nach Süden zu sieht man die Ebene mit dem
Cap Salinas und dem Solobrar de Campos, dann Cabrera, die Bahia de Palma von Calafiguera
und den Illetas bis nach Galatzö. Weiterhin erblickt man die hügelige Ebene von Sta Maria, den
Hügel von Son Seguí und in klaren Umrissen die ganze Gebirgskette mit den Höhen des Teix,
den Puig Mayor de Soller, de Lluch und Tomi, dann die Hügel von Pollenza, Cap Formentor und
del Pinar, die Doppelbucht von Pollenza und Alcudia, den Bec de Farrutx, die Colls de Artá und
die Gruppe des Puig de S“ Salvador. Unten breitet sich die mit Ortschaften besäete Ebene aus;
im Hintergründe erhebt sich die massige Rundung des Puig de Randa, der Puig de Son Colet und
de s’ Heretat, welche beide den Hügel von Llummayor bilden, sowie der runde Hügel von Llummayor
gegen Osten. Durch die Hauptthür kommt man in eine grosse gewölbte Halle, die hinter
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