auch des Winters wird der breitkrämpige Strohhut aus Palmito, mit Kattunfutter auf der Unterseite
der Krampe, verwendet. Schirme werden häufig, namentlich beim Ausreiten, aber meistens im
Futteral, getragen. Die Röcke, in der Regel aus Calicot aus Catalonien bestehend, pflegen in der
Regel schlicht zu sein. Einige Frauen auf dem Lande tragen noch auf der Insel verfertigte, gewöhnlich
blau gefärbte Stoffe, die halb aus Leinen und halb aus Wolle bestehen, Mitje Hane genannt,
welche einst in allgemeinem Gebrauch'wären. Recht sorgfältig zeigt man sich hinsichtlich
des Schuhwerks. Auch in den Goldschmucksachen des Landvolkes, bei welchen sich in den
meisten Gegenden ein gewisses charakteristisches Gepräge erhalten hat, ist auf Menorca gar nichts
Typisches bewahrt geblieben, und der am meisten getragene moderne Schmuck wird aus Frank-
reich und anderen Ländern eingeführt.
Wohnungen und Hausgeräthe.
Die Bauart der Häuser, wiewohl von der Phantasie eines Jeden abhängig, hat auf
Menorca eine gewisse Gleichförmigkeit, namentlich da hier keine Baumeister vorhanden sind
sondern die Maurermeister selbst die Häuser errichten und schablonenmässig eines nach dem
anderen copiren. Die Quadern werden, nachdem man mittelst compacter Kalksteinstücke den
Grund nivellirt hat, trocken aufgelegt, indem man die Fugen zustopft und sie mit in Wasser aufgelöstem
Gyps füllt, der sich so fest mit dem Kalkmergel verbindet, dass manchmal beim Abtragen
von alten Häusern die Steine eher brechen, als dass sie sich in ihren Fugen trennen. Dieses feste
Zusammenhalten gestattet auch, dass man dünne Scheidewände abheben und in einem Stücke trans-
portiren kann.
Die Fussböden fertigt man aus Balken (Lenams) von nordischen Tannen. Auf diesen ruhen
dünne Balken, Firas oder Fires genannt, von 5—6 cm, von viereckigem Durchschnitt. Dadurch
entsteht eme Art offene Täfelung, auf welcher die 5 cm starken Kalkmergelplatten (Cuarts) ruhen,
deren Fugen auf der unteren Seite mit Kalkmörtel zusammengefügt werden und nach innen zu
mit Gyps gefüllt sind. Gewöhnlich legt man heutzutage auf diese Pflasterziegel, deren in Ciu-
dadela und Mahon treffliche Sorten fabricirt werden, oder in seltenen Fällen solche aus Catalonien
oder Frankreich; manchmal belegt man sie auch einfach mit Gyps. Will man den Lärm im unteren
Stockwerke vermeiden, namentlich wenn der Fussböden statt aus Cuarts aus Brettern gebildet ist,
so bringt man unten eine flache Decke (Cel ras) an und füllt den leeren Raum mit Hobelspänen
aus, welche schlechte Schallleiter sind. In manchen Häusern, vorzüglich Mahon’s, haben die ebenerdigen
Wohnungen, insbesondere wenn ihre Räume als Schreib- oder Speisezimmer verwendet
werden sollen, hölzernen Fussböden, wesentlich in der Absicht, dieselben trockener zu erhalten.
Die Bedachungen haben dieselbe Bauart wie die Fussböden, nur mit dem Unterschiede,
dass die hierzu verwendeten Kalkmergel-Quadern nur 3 cm Stärke haben; dieselben heissen Quints
und waren, wie die Cuarts, schon 1613 im Gebrauch. In alter Zeit verwendete man Rohrdecken
(Canisos), wie man deren noch manche auf dem Lande, namentlich in der Gegend von Ciudadela,
sehen kann, und Holztäfelungen, meistens sehr einfacher Art. Die Dächer werden mit Hohlziegeln
gedeckt und haben eine Neigung von nicht.über 15°.' Manche Hausdächer sind in weiss getünchte
Abstufungen eingetheilt, wodurch sie auch fester .werden, da in diesen Reihen die Hohlziegel nicht
pur geweisst, sondern auch eingemauert sind. Manche haben nur einen solchen Streifen in der
Mitte, einige wenige sind durchweg geweisst. In alter Zeit ragten die Dachungen als Aleros hervor,
wie man deren noch einige wenige, namentlich in Ciudadela, sieht; sie waren von Holz oder
Stein, wie beispielsweise an dem Hause Saura. .... . Pas Aeussere der Häuser ist auf Menorca ungemein müchtern; und wenn wir einige
reichere Häuser von Ciudadela ausnehmen, von denen manche recht schön sind, und manches
Haus bei Mahon aus der englischen Periode, das einige Architekturspuren aufweist, unterbricht
selten eine Profilirung die einförmige glatte Tünche. Sie haben auf dem Lande stets die Thür
nach Süden; bei den älteren findet man gar keine oder nur ein kleines Fenster gegen Norden, das
man dann im Winter sorgfältig verschliesst, ja manchmal mit Baumwolle dicht macht; und man
nennt ein Haus schlecht gebaut (esguerrat), wenn seine Thür nach Norden liegt. Nur bei neueren
Häusern findet man ein paar Fenster oder eine geschlossene Halle gegen Norden, wenn nach dieser
Seite hin die Aussicht schön ist. Es herrscht überhaupt auf der Insel im Allgemeinen eine grosse
Vorliebe und Sucht für Aussichten, und vielleicht ist es gerade der verhältnissmätsige Mangel
daran, welcher dies bewirkt. Fast jedes Besitzthum und auch v ie le . Häuser in den Städten
haben ihre Aussichtswarte (Terrat),' welche einen weiten Ueberblick gewährt, und gar sehr freuen
sich die Leute, wenn man das Haus, das sie bewohnen, schön gelegen findet
Sehr allgemein sind auf Menorca die herablaufenden Fenster, welche von den Engländern
eingeführt wurden und die nur die Hälfte der Fensteröffnung offen lassen; bei manchen kann man
nach Belieben die obere oder die untere Hälfte öffnen. Das Fehlen von eisernen Gittern und hölzernen
Pfosten, welche fast allenthalben durch Jalousien ersetzt sind, die auch sehr leicht gebaut
zu sein pflegen, spricht für die grosse Sicherheit, die man auf der Insel geniesst. In Mahon und
Pflug (Arada).
auf dem Lande werden die Jalousien meist dunkelgrün angestrichen, in Ciudadela gelblich, holzfarbig.
Gleichfalls durch die Engländer wurden die hervortretenden Erker eingeführt, die man in
Mahon Bainder nennt, wohl corrumpirt aus Bow Window. Sie sind zumeist rechtwinkelig oder
von achteckiger Grundform.
Ein charakteristischer Zug Menorca’s ist das viele Weissen der Häuser. Jeden Sonnabend
Nachmittag werden die Häuser, bei denen, mit Ausnahme von ein paar blauen in Mahon, einigen
gelblichen in Ciudadela und etlichen hochrothen, namentlich in Alayor, Weiss die einzige ver-‘
tretene Farbe ist, aussen und innen getüncht, und diese Manie, wie man es fast nennen möchte,
geht so weit, dass man sich nicht nur auf die Wände beschränkt, sondern auch die Bedachung,
den Rücken der benachbarten Umfassungsmauern, ja manchmal sogar die benachbarten Felsen
weisst. Das Weissen haben wohl die Menorquiner von den Arabern überkommen; aus den weissen
Koubbas sind die weissen Kirchen entstanden. Allerdings mag das Weissen auch zum grossen
Theil in der ausserordentlichen Reinlichkeit der Menorquiner seinen Grund haben. Dieselbe ist
namentlich in den Häusereingängen, sowohl in der Stadt, wie in den Ortschaften und auch auf
dem Lande, ganz auffallend, und fast jeden Augenblick hat man den Besen in der Hand. Es muss
übrigens betont werden, dass das viele Weissen nicht nur dem Reinlichkeitssinne entspringt, sondern
auch nöthig ist, um das sonst leicht verwitternde Marés zu erhalten, zumal da letzteres
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