Der nördliche Abhang der Sierra und ihre Höhen.
Nach Valldemosa, Miramar, Soller und Pollenza.
Die nordwestliche Gebirgskette Mallorca’s, welche sich vom Freu der Dragonera bis zum Cap
de Formentor hinzieht, hat auf ihrem nördlichen Abhange die schönsten Gegenden der
Insel. Die Perlen der Umgebung Neapels, die Gefilde von Sorrento und Amalfi, sind nicht herrlicher,
als diese Gebirgslandschaften. Fünf Ortschaften bliöken auf diesen Abhang seewärts: Estallenchs,
Banalbufar, Valldemosa, Deyä und Soller. Die sechste Gemeinde Lluch liegt im Gebirgshochthal,
während Pollenza, dem letzten Abschnitte der Sierra zugehörig, dem Meere östlich zugewendet ist.
Von Andraitx wenden wir uns zu der westlichst gelegenen Ortschaft Estallenchs. Ein
Weg nach dort führt durch das hügelige Thal der Coma Freda an schmucken Häusern vorbei,
welche von Orangen- und Citronenbäumen umgeben sind. Nach Ueberschreitung des Bachbettes
steigt man langsam auf der anderen Seite des Thaies hinauf. Vom Possessionshaus von Sempol
führt der steile, halb gepflasterte Weg am Bachrande entlang nach Estallenchs. Der andere Pfad
schlängelt sich steil zu der Koppe hinauf, überschreitet den Sattel und wendet sich, in seiner Mitte
die Gypsfäbrik La Gramola berührend, gegen die Tiefe zu. Gypsblöeke liegen dort viele an
der Strasse.
Bevor wir nach Estallenchs weitergehen, wollen wir erst noch westwärts die Höhen gegen
die Sierra de ses Basses durchziehen. Von dem Coli de sa Gramola windet sich der Weg durch
mehrere Thaleinsenkungen und weiter hinauf auf einen mit Buschwerk bedeckten Hügel. Von der
Sierra de ses Basses beschaut man die Thäler von S ’ Arracö und Andraitx, sowie das freie Meer.
Vier Vorsprünge der Basses umgehend, gelangt man an den Häuschen der Basses mit einer Quelle
vorüber, auf den nächsten Vorsprung, von wo das Meer von drei Seiten, gegen die Küste, gegen
S ta Ponsa und hinter der Trapa, überblickt werden kann. In mehrfachen Windungen gelangt man
am Thäle der Trapä an.
Vom Coli de sa Gramola biegt ein anderer Weg am Fusse des felsigen Abhanges nach
dem Thale ein, welches auf der einen Seite von den Bergen de Ses PJanas d’en Vert, der hohen
Mola de s’Escrop, links von der Höhe, der Vangelica, von welcher auch die schöne Coma ihren
Namen hat, umsäumt ist, zu deren Linken ein alter, in ein Haus umgewandelter Thurm steht. Am
Fusse eines in das Thal vorspringenden Felsens entspringt die Quelle Sa Font de ses Fonta-
nelles. Ein schmaler Weg entlang an einem Bächlein, Torrent des Corral genannt, führt zu einem
felsigen Höllenthal, begrenzt von den Höhen der Mola de s’ Escrop. Zwischen den Felsblöcken
wuchern reichlich Fächerpalmen und Mastixsträucher. Ungemein romantisch ist der Ausblick unten
auf die ferne Cala. Am unteren Theile der Coma, an Strandkiefern vorbei, windet sich der Pfad
weiter an den Lehnen der Hügel gegen die Torre nova de la Vangelica zu. Dieser Thurm wurde
im Jahre 1619 erbaut und mit Barbett-Brustwehren von 2 Fuss Stärke und einer Wurfluke über der
Thür versehen. Steil bergabgehend, gelangt man zwischen Fächerpalmen-Gebüschen über die
kleine Coma de sa Torre nova und über natürliche Felsenstufen zur Coma del Jeu Jups, einem
schmalen, von einem Torrent durchzogenen Felsenthale, auf dessen linker Seite sich uns der Berg
der Moleta darbietet. In einer Vertiefung entspringt die Font del Grau de vall, und am Fusse der
Felsenwände erweitert sich, gegen das Meer geschützt, der Puig del Grau zu einer mit einem
Bauernhaus besetzten Ackerfläche, Grau de vall genannt. Auf der breiten Steinmauer, zu deren
Bau man die von den nahen Feldern aufgelesenen Steine genommen-hat, führt der Weg weiter über
mehrere Bergrücken. Ein steiler Stufenweg führt bei dem Thale Font del Nus, wo einige Häuschen
stehen, vorbei zu dem Torrent de ses Serveras, an dessen Bett ein Kalkofen steht. Nach Passirung
des weisslichen Puig des Casteilet sieht man schon das Thal von Estallenchs, die Gestalt eines
Schwalbennestes darbietend.
Estallenchs, eine der kleinsten Ortschaften Mallorca’s, liegt anmuthig am Fusse des Gebirges,
das Meer vor Augen, und zählt 155 meist einstöckige Häuser mit 562 Einwohnern. Die Gassen
sind nur oberflächlich gepflastert, deshalb auch vielfach holprig. Die aus Mauerwerk bestehenden
Häuser sind schwärzlich. Einzelne von ihnen sind mit Ziegeln gedeckt. Hölzerne Kreuze an den
Die Mola de s’ Escrop.
Eckhäusern tragen die Namen der Stationen, welche an dem Kreuzwege liegen. Einfach und
schmucklos, wie die ändern, ist das Ayuntamiento-Gebäude. Ein alter Thurm de Can Tem Alemaöy,
neben welchem eine Palme steht, erinnert an die Bedrohung der Ansiedlung durch die Barbaresken.
Die Terrasse ist 151 m über dem Meere gelegen. Der obere Theil der Ortschaft heisst El Arrabal.
Auf einem von Celtis-Bäumen beschatteten Plätzchen steht die Kirche der Degollación de Sn Juan
Bautista. Nach den Chronisten soll sie 1422 erbaut sein. Ein später wegen Baufälligkeit neu aufgeführter
Theil zeigt ein einfaches Tonnengöwölbe mit zwei Seitenkapellen. Die alte Kirche hat
einen Thurm mit einer Sonnenuhr und dem Datum „A ny 1699“ . Das Innere bietet ein Tonnengewölbe
mit sich verengender Hochaltarkapelle dar. Ueber dem Eingänge ist eine Orgel-Empore
mit zwei Kapellen auf jeder Seite. Estallenchs ist wasserreich. Unterhalb der Ortschaft ziehen
sich schöne Terrassen hin.
Ein Abstecher zum Port de Estallenchs, wie die dahinterliegende Cala genannt wird, verlohnt
sich der Mühe. Der Weg führt am Hause Hera d’en Garriga vorbei, zwischen Oel- und
Mandelbäumen hindurch zur kleinen Quelle Font d’en Matas und dann weiter .hinab zur