3. Regio ótica.
Pars otica der Basalplatte.
Die Basalplatte der knorpeligen Regio otica bei Bartenwalen zeichnet sich, wenn man die
Modelle von Balaenoptera und Megaptera von oben betrachtet, durch eine außerordentliche Breite
aus, die nach hinten zu in “der Regio occipitalis noch zunimmt. Diese ungewöhnliche Breite ist
aber einmal bei jüngeren Stadien noch nicht vorhanden und bei näherer Untersuchung älterer
Embryonen zeigt sich, daß nur eine relativ schmale dorsale Knorpellamelle, die der eigentlichen B asalplatte
beiderseits lateral ansitzt, oder auch die Dorsalwand der Ohrkapsel eine allzugroße Breite des
basalen Knorpels vortäuscht. Dies gilt besonders für Megaptera. Freilich finden sich auch hier
„Fissurae basicochleares“ , aber diese Öffnungen sind noch schmäler, undeutlicher und unregelmäßiger
als bei dem von d e B u r l e t (1914, 1) beschriebenen Exemplar von Balaenoptera.
Genau wie bei Megaptera finden sich bei Balaenoptera Laminae supracochleares, die deutlich
der Basalplatte angehören un d die n u r 1 a t e r a 1 in die Schneckenkapsel übergehen (siehe z. B.
die dafür sehr instruktive Figur 16 bei d e B u r l e t 1914, 1).
Oder mit anderen Worten: die von medial-unten kommenden basikapsulären Schlitze oder
Spalte erstrecken sich bis u n t e r die von der Basalplatte abgegliederten lateralen Knorpelcommissuren.
Es erhebt sich nunmehr die wichtige Frage, ob diese Verbindungen zwischen Ohrkapsel und
Basalplatte primär oder sekundär sind. D e B u r l e t konnte natürlich durch Untersuchung eines
einzigen Exemplares diese Frage nicht lösen, kommt aber „in Hinblick auf das künftige Schicksal
des Petrotympanicum der Wale“ zu der Vermutung, daß der Höhepunkt der Ausbüdung der knorpeligen
Verbindung schon vorbei ist und daß die je tz t noch bestehenden Commissuren als Rest einer
früher mehr oder weniger einheitlichen Verbindung aufzufassen sind.
Die Ergebnisse der Untersuchung des älteren Megapteraembryo IX, bei dem sich viel breitere
und deutlichere Fissurae basicapsulares finden (vgl. Fig. 10), schienen die H ypothese einer sekundären
Loslösung der Schneckenkapsel von der Basalplatte zu unterstützen. Die Überlagerung der
Schneckenkapsel durch seitliche Ausläufer der Basalplatte, Laminae supracochleares, findet sich hier
nur vorn und eine sehr schwache Verbindung dieser Ausläufer mit der knorpeligen Oberwand der
Schneckenkapsel ist nur auf sehr wenigen Schnitten festzustellen (Fig. 20).
Danach schien es mir kaum noch zweifelhaft, daß die Loslösung der Ohrkapsel, über deren
funktionelle Bedeutung uns die ausgezeichneten Arbeiten von B ö n n i n g h a u s (1903) aufgeklärt
haben, bei Walen als ein sekundäres Moment gegenüber einer ursprünglich festen Verbindung mit
der Basalplatte aufzufassen sei.
Immerhin war auffallend, daß bei manchen Säugetieren eine völlig isolierte Anlage der
Schneckenkapseln nachgewiesen war, eine T atsache, die in gewissem — wenn auch durchaus nicht
unüberbrückbarem —■ Gegensätze zu der bekannten Hypothese G a u p p s steht, die das Material
für die knorpeligen Schneckenkapseln teilweise aus der Basalplatte selbst hervorgehen läßt. G a u p p s
Untersuchungen an Echidna und die Befunde an vier verschieden alten Knorpelschädeln von
Didelphys (To e p l i t z 1917) lassen diese Theorie sehr wahrscheinlich erscheinen.
Fraglich war es mir nur, ob sie auch für Placentalier gilt. Bei Lepus findet sich, wie N o o r-
d e n b o s (1905) und V o i t (1909) nachgewiesen haben, in f r ü h e n ontogenetischen Stadien eine
Fissura basicochlearis, die die g a n z e Pars cochlearis von der Basalplatte trennt. Wir haben hier
also eine isolierte Anlage der knorpeligen Schneckenkapsel. Auch bei Bradypus cucidli, offenbar einem
sehr jungen Embryo, konnte nach d e B u r l e t (1914, 1, S. 150) das gleiche Verhalten konstatiert
werden. Somit erschien es möglich, wenn auch sehr unwahrscheinlich, daß es sich bei den Walen
ebenso verhielte.
D i e U n t e r s u c h u n g d e s j ü n g s t e n M e g a p t e r a e m h i y o I I I z e i g t
n u n a b e r i n d e r T a t, daß d i e S c h n e c k e n k a p s e l s i c h v ö l l i g i s o l i e r t
a n l e g t . Die gesamte knorpelige i nk;. t . ; ; \ . / '
Pars cochlearis der Ohrkapsel ist hier / r Je \ H n
durch eine relativ b r e i t e , von ^ ^ « w *
Bindegewebe erfüllte Spalte von dem I lk(fY (
basalen Knorpelbalken getrennt l V n O \ f - 4 - a g i. semiiun.
(Fig. 28) und nur vorn findet sich \ ............................................../ Duct- coebuar.
auf wenigen Schnitten eine v o r - . . / ......) .............L—~ p«™. *«„«,*.
k n o r p e l i g e Verbindung, die J O J /JL
ganz entsprechend der Lamina sup-'U ------------------------------------------------ ------------ i.„ _ c a w m m o tVmP.
räcochlearis liegt. Selbst die Pars "f~7 . / \ syau
. . . . - T -------------- /a\ --- ----4- N. facialis
canalicularis besitzt nur kaudal sehr ■ ■-
schwache, undeutliche vorknorpelige M H N H . Fig. 28. Serie III, Objekttr. 120. Vergr. 10 : 1 .
Verbindungen mit der Basalplatte.
W i r h a b e n h i e r a l s o d i e s e h r i n t e r e s s a n t e T a t s a c h e v o r u n s ,
d a ß d i e V e r b i n d u n g z w i s c h e n O h r k a p s e l u n d B a s a l p l a t t e d o c h
e i n e n s e k u n d ä r e n Z u s t a n d r e p r ä s e n t i e r t u n d d a ß d i e w i e d e r e r f
o l g e n d e u n d n u n m e h r d e f i n i t i v . e L o s l ö s u n g a l s e i n e n t w i c k l u n g s g
e s c h i c h t l i c h e r V o r g a n g 3. O r d n u n g a u f z u f a s s e n i s t .
Ziehen wir mm die wahre Bedeutung dieser Vorgänge in Betracht, so kommen wir zu Aufschlüssen
über zahlreiche morphologisch wichtige Elemente der knorpeligen Regio otica.
Zunächst ergibt sich, daß die Lamina supracochlearis, die dorsale flügelartige Verbreiterung
der Basalplatte über den vorderen Polen der Schneckenkapseln, aus der Basalplatte selbst und nicht
etwa aus der oberen Wand der Pars cochlearis hervorgeht. Freüich ist bisher noüh kein Stadium
untersucht worden, bei dem die Laminae supracochleares n u r mit der Basalplatte und nicht mit den
Ohrkapseln in Verbindung stehen. Aber als indirekten Beweis für die hier vertretene Anschauung
führe ich die Tatsache an, daß beim Megapteraembryo I I I die Laminae (knorpelig) vollständig
fehlen und beim nächsten mikroskopisch untersuchten Stadium V, wo sie schon sehr deutlich vorhanden
sind, m i t d e r B a s a l p l a t t e s t e t s i n d e u t l i c h s t e m h o m o k o n t i n
u i e r l i c h e n Z u s a m m e n h ä n g e s t e h e n , während sich der zuweilen scheinbar
breite Übergang in die Schneckenkapseln bei genauerer Untersuchung der Schnitte
Zoologica. Heft 69. 9