Die l e n e s t r a o v a l i s ist auffällig verlagert. Während wir gewohnt sind, sie nahe an der
Außenseite zu finden, liegt sie hier u n t e n , nur wenig nach vorn geneigt. Lateral wird sie von der
Crista parotica und hinten von der daran ansetzenden Cartilago Reicherti gut abgeschlossen (Tafelfig.
4).
Die ausgedehnteste Öffnung im Ohrgebiet stellt die Spalte dar, die vom Dorsalrand der Pars
canalicularis (diese als Pissura metotica kaudal ganz umgreifend) nach unten und dann nach vorn
zieht, wo sie vom Processus paracondyloideus unterlagert wird. Oben ist sie recht schmal; nach unten
zu wird sie allmählich breiter (Tafelfig. 1) und zieht je tz t wieder schmäler werdend nach vorn, ohne
daß es indes zu einer Berührung von Processus paracondyloideus und Ohrkapsel käme.
Als F o r a m e n j u g u l a r e können wir die sehr große Öffnung bezeichnen, die medial und
unterhalb von der Pars canalicularis liegt. Begrenzt wird sie medial von der Basalplatte, die hier
zum Teil allerdings schon der Regio occipitalis angehört, seitlich von der Medialkante des Processus
paracondyloideus und vorn von der ventralen Begrenzung des Foramen perilymphaticum, das dem
Foramen jugulare fast gegenüber liegt. Der seitliche Abschluß des Foramens ist übrigens nicht vollkommen,
da -S w ie eben beschrieben — der Processus paracondyloideus die Ohrkapsel nirgends
berührt.
Die Tafelfiguren 1 und 2 zeigen uns eine Reihe von kleineren Lücken im Knorpel, die zufällig
ziemlich regelmäßig verteilt sind. Auf beiden Seiten vorhanden sind freilich nur die drei
Öffnungen, die in einer geraden Linie liegen, die von der Mitte der Seitenwand der Pars canalicularis
nach hinten und etwas nach oben zieht. Die vorderste Öffnung durchbohrt die M a s s a a n g u l
a r i s . Rechts dringt sie allerdings nur von außen ziemlich weit ein, links dagegen kommt es zu
einem vollständigen Kanal, der das Crus commune (Sinus superior) erreicht. Ein Gefäß geht durch
diesen Gang nicht; er ist nur mit Bindegewebe gefüllt, das freilich in der Mitte des Hohlraumes
stark verdichtet erscheint.
Die nächste kleine Öffnung, die etwas weiter kaudal schon auf der Lamina alaris nahe der
Fissura metotica hegt, h a t keine weitere Bedeutung. Das letzte Foramen dagegen, das schon der
Regio occipitalis zugerechnet werden kann, steh t in interessanter Lagebeziehung zum D uctus endo-
lymphaticus, der nach seinem A u stritt aus dem Foramen endolymphaticum schräg nach oben zieht,
zunächst an der Ohrkapsel entlang, dann in einer flachen Furche der Lamina alaris, und der auf
b e i d e n Seiten unmittelbar neben dem eben genannten Foramen blind endet. Es ist recht wahrscheinlich,
daß wir es hier mit der ehemaligen Austrittsstelle des Ganges zu tu n haben. Bei einem
älteren Embryo sind diese Foramina nicht mehr vorhanden.
Die kleinen unregelmäßigen Lücken am oberen Rande der Fissura metotica sind als Vorboten
der beginnenden weiteren Loslösung der Pars canalicularis von der Lamina parietalis aufzufassen.
Sie finden sich übrigens auf beiden Seiten, während die drei kleinen Foramina, von denen eins etwa in
der Mitte der Lamina alaris, zwei übereinander an ihrem Dorsalrande liegen, nur rechts zu finden
sind. Irgend eine besondere Bedeutung kommt ihnen nicht zu.
Die in diesem Stadium vorhandenen Fissurae basicapsulares übergehe ich hier vorläufig. Sie
sind vorhanden, aber außerordentlich schmal und meist durch perichondrales Gewebe verschlossen,
so daß sie am Modell nicht mit dargestellt wurden. Auf ihre Bedeutung ist im vergleichenden
Teil einzugehen.
Innenraum der Ohrenkapsel.
Über den Innenraum der Ohrkapsel des Embryo V läßt sich leider noch nicht viel aussagen,
da ihre Knorpelwände noch sehr wenig differenziert sind.
Als vom Knorpel umschlossene getrennte Räume kann man allenfalls stellenweise die Höhlen
flür den Canalis semicircularis anterior und für den Canalis semicinularis lateralis bezeichnen __
alle anderen Räume kommunizieren durch sehr weite Öffnungen miteinander. Später wächst dann
auch Knorpel zwischen den seitlichen und hinteren Bogengang ein, so daß diese beiden Kanäle
beim Embryo IX getrennt verlaufen.
Um wenigstens eine Übersicht über den Aufbau des häutigen Labyrinths zu erhalten, habe
ich — wie schon bemerkt w u rd e g - ein Plattenmodell davon angefertigt (Fig. 9), das doch immerhin
von der Lage der einzelnen Teile zu einander ein viel besseres Bild gibt, als es durch das Studium
der Schnittserie allein gewonnen werden kann.
Sehr auffällig erscheint auf den ersten Blick die flache Form des D uctus cochlearis, der übrigens
nur 1% Windungen aufweist. Nicht nur der Ductus selbst ist fast überall (ausgenommen eine kurze
etwa zylindrische Strecke vor der Mündung in den Sacculus) stark zusammengedrückt und von
lang-elliptischem Querschnitt, sondern die Spirale als Ganzes ist auch außerordentlich flach, wie
die Abbildung zeigt. Von einer Kegelform der Spirale kann man überhaupt nicht reden, da sich
zwar an der Stelle wo der D uctus konvex gegen den Sacculus blickt, eine ganz flache kaudal gerichtete
Erhebung aus der Spiralebene zeigt, die aber nach b e i d e n Seiten hin wieder oral abfällt.
De B u r l e t (1914,1) beschreibt den Ductus cochlearis von Balaenoptera in mancher
Beziehung ähnlich; er ist dort auch nicht eng gerollt und in seiner Gesamtheit sehr flach, wenn
auch nicht so eben, wie bei Megaptera.
Ein völlig abweichendes Verhalten zeigt jedoch die Orientierung der Schneckenachse zur
Hauptachse des Craniums bei den beiden genannten Arten. Nach d e B u r l e t verläuft die
Schneckenachse nahezu vertikal, bei Megaptera dagegen hegt sie rostro-kaudaH Während also die
Spiralebene bei Balaenoptera nahezu horizontal hegt (bei der üblichen Orientierung des Schädels
mit horizontaler Lagerung der Schädelachse), hegt sie bei MegapteraV geradezu vertikal. Daher läßt
sich auch hier aus Frontalschnitten nicht leicht ein räumhches Bild vom Ductus cochlearis gewinnen.
Ich möchte schon je tz t bemerken, daß wir es hier, anscheinend mit Lageverhältnissen zu tun
haben, die durch die fetale Krümmung der Balkenplatten bedingt sind. Die relativ geringe Anzahl
der Windungen erscheint beim Embryo IX schon vermehrt.
Ich lasse nun eine kurze Beschreibung des Modells folgen.
Der Ductus cochlearis ist im Verhältnis zu den Bogengängen ziemlich groß. E r geht schräg
dorsal-kaudal aufsteigend in den Sacculus über, hier eine plumpe, oral gerichtete Bildung, die mit
dem U triculus noch eng verbunden ist. An der medial-kaudalen Grenze von Utriculus und Sacculus
geht der Ductus endolymphaticus ab, zunächst dorsal-lateral, dann — nach seinem D u rch tritt in
die Schädelhöhle — mehr nach hinten. Über seinen weiteren Verlauf wurde schon berichtet.
Annähernd halbkreisförmig ist nur der Canalis semicircularis anterior und lateralis gestaltet. Der
Canalis semicircularis posterior dagegen zeigt, wenn das Crus commune mit in Betracht gezogen wird, die
Gestalt eines sphärischen Dreiecks, da er an seiner lateral-ventralen Peripherie fast rechtwinklig geknickt
ist. Von Ampullenbildungen ist nur die des Canalis semicircularis anterior deutlich. Auch der
Saccus endolymphaticus ist gerade nur als eine kleine, flache Verlängerung des Crüs commune sichtbar.