Kauen direkt aufeinander treffen, wie es hier bei dem wohlentwickelten Talonid (ta) der unteren
und dem ihm gegenüberstehenden Protokon (p) der oberen Backzähne der Fall ist.
Solange das Talonid (ta) n u r ein unbedeutender Zacken am H interrande der unteren Backzähne
war wie bei dem mesozoischen Amblotherium (Fig. 17), griff noch die ganze dreieckige Krone der
oberen Backzähne nur in die Lücken zwischen den hohen Trigoniden (tr) der unteren. Die in diesem
Zustande noch s tark vorragende Hauptspitze der oberen Backzähne, das Protokon (p), tra f zwar im
Grunde der Lücke schon auf das kleine Talonid (ta), berührte es aber n u r mit einer Spitze. Diese
ursprünglichsten Kauzähne der Säugetiere besaßen noch keine Mahlfläche, und ein Zerdrücken von
harten Nahrungsteilen war noch nicht möglich. Dagegen eignete sich ein solches Gebiß vorzüglich
Fig. 17. Amblotherium (Pantotheria; ergänzt). „Prototrigonal.“ Obere Zähne mit hohem Protokon (p), untere mit hohem
Tngonid [tr) und sehr schmalem, kurzem Talonid (ta). Fig. 18. Centeies (Zalambdodonta). „Mesotrigonal.“ Obere Zähne
mit hoher Krone, aber niederem Protokon (p) und Andeutungen eines Hypokon (h); untere.Zähne mit hohem Trigonid (tr)
und kurzem aber breitem Talonid (ta). Fig. 19. Sinopa (Creodonta). „Trigonal“ (känotrigonal). Obere Zähne mit niederem
Protokon (p), untere mit mäßig hohem Trigonid (tr) und langem, breitem Talonid (ta). Fig. 20. Gymnura (omnivore
Insectívora). „Tetragonal.“ Obere Zähne mit niederem Protokon (p) und wohlentwickeltem Hypokon (A), untere mit fast
gleich hohem Trigonid (tr) und Talonid (ta).
zum Zerreißen von weicheren Tierleibern beim Kauen, besonders auch zum Zerbrechen der Chitinhüllen
von Insekten. Es findet sich hauptsächlich bei den jurassischen Pantotheria und kommt
je tz t noch bei einigen der primitivsten Insectívora (Chrysochloris) und Marsupialia (Notoryctes) vor.
Diese altertümlichste Form von trigonalen Backzähnen m it sehr kleinem oder ganz fehlendem1)
Talonid, welche stets hoch und scharfzackig sind, aber noch keine eigentliche Mahlfläche aufweisen,
möchte ich als „prototrigonal“ bezeichnen. (Vergl. S. 17.)
E rst wenn bei solchen Zähnen das Talonid (ta) sich so vergrößert ha t, daß es beim Kauen
auf einen umfangreicheren Teil des nunmehr niedriger gewordenen Protokons (p) trifft, können da,
x) Das vollständige Fehlen eines T alonids bei den rein „trituberkulären“ unteren Molaren von Menacodon oder
Chrysochloris möchte ich nur als eine Rückbildungserscheinung auffassen.
wo beide sich berühren, nennenswerte Mahlflächen auf ihnen entstehen, welche beim Kauen aufeinander
wirken wie ein Hammer auf einen Ambos, oder wie zwei Backen eines Nußknackers. So
entstand zunächst das „mesotrigonale“ .Gebiß mit noch kleinen Mahlflächen wie bei Centetes
(Fig. 18 u. 22), das noch die m eisten der lebenden Zalambdodonta zeigen, das aber auch schon mehrere
der jurassischen Pantotheria (Diplocynodovtidae) besaßen. Das Talonid (ta) zeigt schon die ganze
Breite des Trigonid (tr), is t aber noch sehr kurz.
Zuletzt aber h a tte sich ein Gebiß ausgebildet, au dessen Backzähnen das nunmehr auch länger
gewordene Talonid (ta) die volle Ausdehnung des hohen Trigonid (tr) erreicht und eine entsprechend
große Mahlfläche besitzt wie bei Sinopa (Fig. 19) oder Didelphis (Fig. 21). Gleichzeitig mit den
unteren Molaren verlängern sich auch die oberen, die nun nicht mehr breiter sind als lang. Diese
Form ist es, die als „trigonales“ Gebiß im eigentlichen engeren Sinn des Wortes zu verstehen is t (mit
„trituberkulären“ oberen und „tuberkulosektorialen“ unteren Zähnen), die auch seit der Kreide
Fig. 21. Didelphis aurita (Marsupialia); Trigonales Gebiß A des Oberkiefers von der Kaufläche; B des Oberkiefers und Unterkiefers
von außen. Oben erster Schneidezahn vergrößert; zweiter und dritter Prämolar (p) stark vergrößert; Molaren
ausgesprochen trigonal.
die typische Backzahnform der tierfressenden Säuger darstellt. Nur zum Unterschied gegenüber
den altertümlicheren Formen des trigonalen Gebisses könnte sie auch als „känotrigonal” bezeichnet
werden. Mit diesen Zähnen war den Säugetieren das Zerdrücken oder Zerstampfen von harten
Nahrungsteilen wie Knochen ermöglicht. Die bisher hohen scharfen Zacken der Backzähne wurden
dabei niederer. Der gewaltige F o rtsch ritt und der entscheidende Vorgang bei dieser Umbildung
der Zähne lag darin, daß damit zum erstenmal, abgesehen von den Multituberculata, die Backzähne
der Säugetiere ansehnliche Mahlflächen erhielten, zwischen denen ha rte Nahrungsstoffe zerquetscht
werden konnten.
Mit solchen trigonalen Backzähnen, wie sie die Tierfresser des Paleocän und der Kreide tragen,
sind stets verlängerte Eckzähne vereinigt, sowie kräftige Prämolaren, die oft höher sind als die
hinteren Backzähne (vergl. Didelphis Fig. 21). Mit dieser Ausrüstung waren vermutlich erst die
Voraussetzungen gegeben zum Auftreten von richtigen Wirbeltierfressern.
14. Entstehung von Wirbeltierfressern.
Die ursprünglichsten Tierfresser unter den Tetrapoden mußten sehr viel größer sein als ihre
Beutetiere, da sie diese ja unzerstückelt als einen einzigen Bissen verschlingen mußten. Das ist in