die zunächst omnivor und schließlich reine Pflanzenfresser wurden, nahm sie nach und nach außerordentlich
zu durch immer stärkere Entwicklung der Muskeln und der Reibplatten, bei rein fleischfressenden
Formen nahm sie ab, und bei fischfressenden Formen, zu denen wohl auch die noch be-
zahnten Vögel der Kreidezeit, Ichthyornis und Hesperornis gehörten, is t wie bei den Cetaceen undPinni-
pediern die Fähigkeit, die Nahrung zu zerkleinern, nach und nach ganz oder fast ganz aufgegeben
worden. Die Muskulatur und die Reibplatten des Muskelmagens sind bei ihnen ganz zurückgebildet,
und ihr Magen ist sekundär wieder auf den ursprünglicheren Zustand der poikilothermen Reptilien
zurückgesunken. Ebensowenig aber wie bei den fischfressenden Säugetieren wurde damit die Homöo-
thermie wieder aufgegeben. Ihre Vorzüge sind so ausschlaggebend, daß, wenn sie einmal erworben
ist, sie auf das hartnäckigste festgehalten wird. Wenn Fischnahrung auch nicht im Stande war,
den Anstoß zur Entstehung der Homöothermie zu geben, so is t sie doch so reichlich zu erlangen
und offenbar auch ungekaut für einen Warmblüter so rasch verdaulich, daß die schon vorhandene
Homöothermie durch sie unschwer aufrecht erhalten werden kann, wie sich das ja auch bei den
Meeressäugetieren erweist.
Übrigens is t die Tatsache interessant, daß gerade bei denjenigen Reptilien, die als die nächsten
lebenden Verwandten der Vögel gelten müssen, nämlich bei den Krokodilen, der Versuch gemacht
ist, einen Muskelmagen zu erwerben, der dem der Vögel etwas ähnelt. Es kann angenommen werden,
daß die Neigung dazu auch bei den Dinosauriern zum Ausdruck kam und in dieser gestaltenreichen
Ordnung von Landreptilien nicht nur Anlaß zur Entstehung der Vögel wurde, sondern vielleicht auch
das Entstehen der pflanzenfressenden Formen von Dinosauriern selbst begünstigte. Doch liegt kein
Grund zu der Annahme vor, daß dadurch noch in irgend einer Gruppe der Dinosaurier selbst der
Anstoß zur Entwicklung von Warmblütigkeit gegeben worden wäre. Auch der ganze Bau der ebenfalls
in diese Verwandtschaft gehörigen Pterosaurier gibt uns keinerlei Andeutung, die es wahrscheinlich
machte, daß sie etwa Warmblüter gewesen sein könnten. Das schärfste Argument gegen
eine solche Annahme ist das vollständige Fehlen einer schützenden Hautbekleidung, die den Haaren
oder Federn gleichwertig wäre.
Der mächtige einheitliche Gedanke, unter dessen Wirkung Säugetiere und Vögel entstanden,
war tatsächlich derselbe bei beiden Gruppen. Es war in beiden Fällen das Bestreben, durch mechanische
Zerkleinerung der aufgenommenen Nahrung deren Verdauung zu erleichtern und zu beschleunigen,
was eine lange Reihe von günstigen Folgen auslösen mußte. Die morphologische Grundlage
aber, welche das Eintreten dieser Wirkungen erst ermöglichte, war in beiden Gruppen völlig verschieden.
Im einen Fall, der zum Entstehen der Säugetiere führte, ist sie im Auftreten getrennter
Zahnwurzeln zu erblicken, im ändern Fall, der die Vögel hervorrief, erfüllte das Auftreten eines
Muskelmagens diese Aufgabe.
III. Teil. Ueber verschiedene Gruppen von Säugetieren.
13. Entwicklung von Mahlflächen auf Kauzähnen.
Im ältesten Tertiär, dem unteren Paleocän, spielen Säugetier« eine hervorragende Rolle und
überraschen durch die Zahl und Mannigfaltigkeit: ihrer Arten. Ihre stattlichsten V ertreter erreichen
etwa die Große eines Schakals. TInter ihnen treffen wir einzelne Formen (ff®- Deltatherimn), die.
mit ihren scharfzackigen hohen Backzähnen als die größer und kräftiger gewordenen Nachkommen
der jurassischen Pantotheria angesehen werden könnten. . Während aber die Pantotheria vielfach
zahlreichere Zähne besaßen und ein Zahnwechsel bei ihnen noch nicht nachgewiesen werden konnte,1)
haben d if® frühtertiären Säuger stets nur eine beschränkte Zahl von Zähnen (höchstens 3 Schneidezähne,
1 Eckzahn, 7 Backzähne jederseits), aber ein vollständiges Milchgebiß.
Es sind. Placenial-Sängetiere, die im unteren Paleocän zum ■.ersten Male im Lauf der Erdgeschichte
auftreten, wenigstens als solche hier zum ersten Male unzweifelhaft sich nachweisen lassen.
Seither sind auf der ganzen Erde mit Ausnahme von Australien und Patagonien die Säugetiere fast
nur noch durch Placentalia dargestellt. Im Paleocän selbst gehören nicht nur die spärlichen Formen
mit scharfzackigen Backzähnen, die als reine Tierfawer. anzusehen sind, zu den Placentalia, sondern
auch die sämtlichen übrigen Säugetiere mit Ausnahme weniger Multituberculata.
Bei den reinen Tierfressern des Paleocän sind (in ähnlicher Weige wie bei Smo-pa, Fig. 19)
die hinteren Backzähne im Oberkiefer von ausgesprochen dreieckiger Gestalt (Trigone). Sie. sind
von einander durch dreieckige Lücken getrennt, in welche aber nur die hohe dreieckige Vorderhälfte,
das „Trigjiüid“ . (tr) der unteren Backzähne heim Kauen eingreift, während die viel niederere hintere
Hälfte, das4 ,Talonid“ (ta) dabei auf den gegenüberstehenden Inneniöcker, das „Protokon (p)
der oberen Backzähne trifft. Solche Backzähne, deren obere n a c h j f |p e in der Literatur als „ tn -
tuberkuläre” , die ihnen entsprechenden unteren als , .tuberkulo-sektonale bezeichnet werden, ha e
ich, um einen bequemeren einheitlichen Ausdruck zu benutzen, s c h o i y lÄ Ä . ii>tr lgonodont e
bezeichnet, welchen Ausdruck aber Rütimeyer bereits in etwas anderem Sinne verwendet hatte.
Ich ziehe daher vor, solche Zähne als „trigonale“ und ein Gebiß mit solchen Zähnen als „trigonales
Gehiß“ zu bezeichnen.
Trigonale Backzähne finden sich in dieser Form bereits bei den spärliphen uns bekannten
tierfressenden Säugetieren der Kreidezeit, deren besterhaltene wegen ihrer Ähnlichkeit mit der
rezenten Didelyhis (Fig. 21). als Marsupialia angesehen werden. Derartige Zähne weisen auf rem
tierische Nahrung hin, und zwar auf solche, bei der härtere Teile, wohl vornehmlich Knochen von
Wirbeltieren, zu zerdrücken sind. Denn das kann nur zwischen Zahnteilen gpshehen, welche beim
>) Neuerdings hat Broom 1916 bei Cyno.lo.Ua {Dmlcmodon) einen Wechsel der Schneide . Eck und vorderen Backzähne
nachweisen können Diese Feslslelhmg ist von fundamentaler Bedeutung. Damit ist eine der schwierigsten Fragen in der
Geschichte der Saugetiere aut die einlachste Weise gelöst, die nach dem Ursprung des Zahnweohsels bei den PlacenUil Saugctieic .
Denn wenn die Cvnodonta, die den Saugetierahnen am nächsten stehenden Reptilien, nicht monophyodonl sind, wie man bisher
annahm 'Sondern^ einen Zatawechsel besaßen wie die Placentalia, .dann ist zu erwarten, daß auch unter den ältesten Säugetieren IH lRBi Pantotheria ähnlichen Formen der gleiche Zahnwechsel sieh finden muß. Die Frage nach einem Neuerwerb des
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weehsel stufenweise (Sparassodonüil.fast ganz aufgegeben hat.
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