Das neue Präpa ra t wurde wie das erste behandelt, nämlich entkalkt, in toto mit Hämalaun
gefärbt und in Paraffin eingeschlossen. Beim Schneiden stellte sich zu meiner-Genugtuung heraus,
daß der Kopf in bester Verfassung war. Das ganze Gehirn war in recht gutem Zustande, ebenso
z. B. das Riechepithel. Wenn also auch die Entwicklung des knorpeligen Schädelgerüstes nicht
s e h r viel weiter fortgeschritten war, so konnte ich doch nunmehr in mancher Beziehung
weitergehende Schlüsse ziehen, als es die Bearbeitung nur e i n e s Stadiums erlaubt hätte. Manche
Probleme wurden sogar je tz t erst der Bearbeitung zugänglich. —
Das S e p t u m n a s i zeigt kein abweichendes Verhalten im Vergleich zum jüngeren Stadium.
Der Vorderrand des T e c t u m a n t e r i u s erscheint aber schon so bedeutend modifiziert, daß
ich diesen Teil des Kraniums plastisch rekonstruiert habe (Fig. 22 und 23 geben Ansichten des Wachsmodells
dieses Teils schräg von vom und schräg von hinten). Wir sehen deutlich die starke Kompression
der proximalen Knorpelfortsätze des Tectum anterius. Bei Stadium V erschienen sie im
Querschnitt flach | j | / förmig, hier sind sie aneinander gerückt und so s tark aufgerichtet, daß sie
weiter hinten annähernd parallel und vertikal stehen.
Die von der P a r i e s a n t e r i o r ausgehenden, bei Stadium V nach vorn gerichteten Vorsprünge
(unterhalb und lateral von den eben genannten Bildungen) erscheinen hier ziemlich kompliziert:
sie sind einmal scheinbar kaudal gedrängt und entsenden ihrerseits je einen spangenförmigen
Fortsatz, schräg nach hinten und oben. Diese Fortsätze treten nun zu den seitlichen Ausläufern
der obersten Nasendachpartie so in Beziehung, daß beiderseits in sagittaler Richtung Öffnungen
entstehen, die unten vom lateralen Vorderrand des Tectum, lateral von den eben genannten
Fortsätzen und medial von den (von der Mitte des Tectum anterius ausgehenden) Dorsalfortsätzen
begrenzt werden.
Eine wesentliche Klärung erfährt die Frage nach der Bedeutung der von der Paries anterior
nach vorn ziehenden langen schmalen Knorpelspange. In ihrer Ausdehnung nach vorn h a t sich
nichts geändert; sie zieht genau so wie beim Stadium V dicht am Septum entlang, um oral ohne jede
Verbindung mit dem Septum frei zu enden. An ihrem kaudalen Verlaufe dagegen, also nicht weit
von ihrem Übergang in die Paries anterior, zeigt sich eine kleine, aber sehr wichtige Neubildung:
ein nach hinten gerichteter, mit dem ändern Knorpel homokontinuierlich verbundener Dorn, der
gleichfalls auf Fig. 22 und 23 gut zu sehen ist. Die Homologie dieses Gebildes, das uns erst die Beurteilung
des langen vorderen Fortsatzes ermöglicht, werde ich im vergleichenden Teile ausführlich
besprechen.
Studieren wir das N a s e n i n n e r e wieder vermittelst der Schnittserie, so zeigt sich zunächst
im vordersten Teile — kein sehr abweichendes Verhalten gegenüber den Bildern, die das
Stadium V bietet. Ebenso wie dort treffen wir einen relativ einfach gebauten Nasengang. Die
kompakten Leisten, die im oralen Teil dieses Ganges schräg nach oben steigen (deshalb im Querschnitt
beiderseits das 0 förmige Bild des Nasenlumens), ziehen auch hier am oberen Teil des Septums
entlang nach hinten, verbleiben aber je tz t nicht ganz so lange deutlich: sie flachen ab, ehe
durch Verbreiterung der Nasenkapsel die erste Bildung des Maxilloturbinale sich ankündigt. Dagegen
zeigen sich hier die ersten Anlagen einer Rinne, die als werdendes Jacobsonsches Organ
aufzufassen ist. Auf ihre Bedeutung will ich weiter unten noch eingehen.
Von einem Nasoturbinale ist auch hier nichts zu entdecken. —
Setzen wir unsere Untersuchungen nach hinten zu fort, so zeigt sich bald wieder die typische
Einrollung (Maxilloturbinale -f- Crista semicircularis). Im Querschnitt erscheint sie hier nicht
rundlich, sondern queroval; das Riechepithel — das sich hier in Form eines Blindsackes nach vorn
erstreckt — zeigt sich in der m e d i a l e n Hälfte der Knorpelhöhle (Fig.7). Lateral von diesem
epithelialen Sack kommt es noch einmal zu einer dorsoventralen Knorpelbrücke, so daß eine Zeitlang
Sulcus suprasept.
ein lateraler R aum abgeschlossen wird, der rings
von Knorpel umgeben, aber nur mit Bindegewebe
angefüllt ist. Diese Brücke oder Leiste verliert
später die Verbindung mit dem Tectum und kippt
sozusagen nach lateral-außen und unten um, so daß
es gewissermaßen zur Bildung eines Doppelbodens
kommt (Fig. 8), der den oberen Teil des sich bildenden
Recessus lateralis unter lagert. Weiter kaudal
gehen die beiden Ethmoturbinalia von der nunmehr
medialen Kante des oberen Bodens schräg
nach oben und innen ab, so daß wir ihn als Sammelleiste
auf fassen können. Die vordere Verbindung
Fig. 7. Serie IX, Objekttr. 208. Vergr. 10:1.
mit der Crista semicircularis, die einen zunächst stutzig machen könnte, ist ja entsprechend auch
bei Balaenoptera (d e B u r 1 e t , 1914, 1, Seite 167, Fig. 30) vorhanden.
Weiter kaudal kommt es zu — s i c h e r s e k u n d ä r e n — Verschmelzungen des la te ralsten
Teils des „oberen Bodens“ mit der Seitenwand, die sich immer wieder bald lösen. Schließlich
— etwa unter dem Ethmothurbinale I I — kommt es zu einer U n t e r b r e c h u n g der
m e d i a l e n Verbindung beider Knorpelboden, worauf der obere Boden, immer schmäler werdend,
Crista semicircul. Crista semicircul.
Frontale
Concha front.
Zahnanlage
als freie Spange nach hinten zieht, um zwischen den letzten kaudalen Schleimhautresten der E th moturbinalia
mit den Knorpelspangen in Beziehung zu treten, die vom kaudalen Rande des
Foramen cribrosum ausgehen.
Ehe übrigens die Crista semicircularis dorsal nach hinten zu verstreicht, bildet sich lateral
von ihr eine Schleimhautfalte, die wieder als beginnende Concha frontalis aufzufassen ist. Hier
bleibt es aber nicht bei dieser einzigen Concha frontalis, sondern es entstehen lateral immer wieder
neue Schleimhautleisten; im ganzen sind es fünf. Auf Fig. 8 sind die ersten vier dieser Falten zu sehen:
medial sehen wir den Rest des Epithelbezuges der Crista semicircularis, die selbst noch durch eine