aufweisen. Das gänzliche Verschwinden so kleiner rudimentärer Zähnchen dürfte die Lebensführung
einer Tierform in keiner Weise beeinflussen. In der T a t haben ausgestorbene Canidae, die als die
Vorfahren je tz t lebender Formen gelten müssen, noch drei obere Molaren besessen, deren letzter
sehr klein war. Dieser letzte obere Molar ist bei der Weiterentwicklung der Familie zu den jetzt
lebenden Formen ganz verschwunden, so daß bei diesen s ta tt der ursprünglichen 3 oberen Molaren
nur noch 2 vorhanden sind. Es bedeutet das eine wenn auch geringe Verkleinerung der Mahlfläche
an den zum Zerkauen der Nahrung allein geeigneten bunodonten Molaren. Diese Verkleinerung
wird aber bedeutender, da auch die noch übrig bleibenden oberen und unteren Molaren sich gleich-
Gebiß des linken Oberkiefers von der Kaufläche. J Schneidezähne, C Eckzahn, R Reißzahn, M erster Mahlzahn.
Fig. 1. Canis lupus. Fig. 2. Viverra zibetha. Fig. 3. Mustela foina. Fig. 4. Felis sp. Fig. 5. Ursus arclos.
Fig. 6. Procyon lotor. Fig. 7. Meies taxus. (Fig. 1 u. 5 verkleinert, die ändern vergrößert.) ■'
zeitig etwas verkleinern. Die Fähigkeit zum eigentlichen Kauen, also zum Zerkleinern der aufgenommenen
Nahrungsbissen zwischen den Mahlzähnen, wird dadurch herabgesetzt, während die
Fähigkeit zur Aufnahme von Fleischnahrung, die den vorderen sekodonten Backzähnen, vor allem
den großen Beißzähnen gegeben ist, voll erhalten bleibt. Diese Entwicklungsrichtung spielte nun
die Hauptrolle bei der Weiterentwicklung der Carnivora. Die Kaufläche der Molaren wurde immer
mehr verkleinert dadurch, daß abwechselnd im Oberkiefer und im Unterkiefer der jeweils letzte
Molar immer kleiner wurde, bis er rudimentär und einwurzelig war und zuletzt ganz verschwand.
So entsteht aus einem Gebiß mit 2 oberen und 3 unteren Molaren, wie es für die modernen
Camdae eigentümlich ist, unter Verlust des letzten verkümmerten unteren Molar ein Gebiß mit 2
oberen und 2 unteren Molaren, wie es die lebenden Viverridae (Fig. 2) besitzen. Aus einem solchen
entsteht wiederum unter Verlust des letzten oberen Molar ein Gebiß mit 1 oberen und 2 unteren
Molaren, wie es die modernen Mustelidcie (Fig. 3) zeigen. Aus diesem Gebiß ergibt sich wieder unter
Verlust des nunmehr letzten unteren Molar ein Gebiß mit 1 verkümmerten oberen und 1 unteren
Molar, wie es die FeUdae (Fig. 4) auszeichnet, wie es aber auch den Hyaenidae eigentümlich ist und
ebenso der Gattung Cryjjtoprocta.
Aus diesen Ausführungen soll aber keineswegs geschlossen werden, daß etwa die Felidae von
Musielidae abzuleiten sind, diese von Viverridae usw. Es soll damit nur iestgestellt werden, daß
die Vorfahren der Felidae ein Gebiß besessen haben dürften, das in der Zahl der Molaren dem der
modernen Mustelidae entsprach und die gleiche Entwicklungsstufe darstellte, und daß deren Vorfahren
ein Gebiß von der Entwicklungsstufe der Viverridae besaßen. Ob diese selbst aber zur Familie
der Viverridae bezw. Mustelidae in dem Sinne zu zählen waren, wie wir diese Raubtierfamilien zur Zeit
auf fassen, bleibt eine Frage für sich. Tatsächlich verkörpern die Familien der rezenten fleischfressenden
Raubtiere, welche wohlentwickelte Reißzähne nach Art des Wolfes besitzen, in ihrem Gebiß
vier voneinander ableitbare Entwicklungsstufen, die durch eine stufenweise erfolgte Reduktion
der Molaren von einander unterschieden sind. Auf der ursprünglichsten Stufe, bei den Canidae,
ist der zum Zermalmen der Knochen dienliche Teil
dès Gebisses s tark entwickelt und bildet eine umfangreiche
Kaufläche. Diese Kaufläche ist bei den Viverridae
bereits verkleinert, noch mehr bei den Mustelidae und
ist f f r -den Felidae usw. so weit reduziert, daß sie
praktisch nicht mehr in B etracht kommt. Der einzige
übrig gebliebene obere Molar ist ganz verkümmert, und Kg s Cn„;j lupus Zähfie des linken Unterkiefers
der einzige untere Molar besteht nur noch aus dem von außen. R Reißzahn,
wohlentwickelten vorderen Teil, der den R eißzahn dar-
‘ stellt, während seine hintere, ursprünglich mahlzahnartige Hälfte kaum noch durch ein winziges
Höckerchen angedeutet ist. Die Fähigkeit zum richtigen Kauen ist diesen am weitesten entwickelten
Carnivoren völlig verloren gegangen.
Die scharfe Klinge, die der obere Reißzahn wie der vordere Teil des unteren Reißzahnes beim
Wolfe darstellt, und die miteinander die wirkungsvolle Knochenschere bilden, ist bei-all den verschiedenen
Formen fleischfressender Carnivora in wenig veränderter Form erhalten geblieben, möge
ihr Gebiß auf der Entwicklungsstufe des Wolfes, der Viverren, der Marder oder der Katzen stehen.
Begleitet und unterstützt sind diese sekodonten Reißzähne auch stets von einer wechselnden Zahl
vorderer Backzähne. Auch Eck- und Schneidezähne bleiben bei all diesen Raubtieren im wesent-
licken unverändert.
Wir sehen an der Schritt für Schritt sich vollziehenden Verkleinerung der Kaufläche der Mahlzähne,
daß das Zermalmen der Knochen innerhalb des Rachens, das bei den ursprünglichsten unserer
Carnivoren, den Canidae, noch eine wichtige Aufgabe des Gebisses war, bei den moderneren Formen
immer mehr eingeschränkt und schließlich völlig aufgegeben wurde. Bei den Hyänen wird das
Zertrümmern der großen Knochen, das vor dem Verschlingen nötig ist, schon bei der Nahrungsaufnahme
von, den ungemein kräftigen vorderen Backzähnen übernommen, soweit es nicht durch
die Reißzähne geschieht.
Im übrigen darf m an annehmen, daß, je kleiner die einzelnen von Knochen durchsetzten Bissen
sind, um so geringer die Aufgabe ist, die den Molaren noch zur nachherigen Verarbeitung dieser Bissen
zufällt. Sind die von der Beute abgobissenen Stücke, wie es bei den Camdae der Fall ist, Verhältnis