die zwei wurzeligen Backzähne der Pinnipedier oder an die vorderen Backzähne der Carnivoren.
Da sie gedrängt standen, bildeten sie miteinander eine scharfe Säge im Oberkiefer, dem eine gleiche
mit alternierenden Zacken im Unterkiefer gegenüber stand.
Bei der anderen Gruppe mesozoischer Tierfresser, den Pantotheria oder Trituberculata (Phas-
colestes, Fig. 14), bilden je drei der scharfen Zacken, die jeder der hinteren Backzähne träg t, miteinander
eine dreikantige K rone m it einer dreieckigen Kaufläche (Fig. 17, S. 36). Zwischen diesen „Trigonen“
der oberen Molaren bleiben
dreieckige Lücken, in welche die
schmäleren „Trigonide“ der unteren,
alternierend stehenden Molaren eingreif
en. Die breiteren oberen Molaren
trugen je 3 Wurzeln, eine an jeder
Ecke, die schmäleren unteren nur je
12 2 hintereinander. Diesen Typus von
Backzähnen finden wir heute noch
unter den primitivsten unserer In sectívora,
den Zalanibdodonta, vertreten.
Höchst wahrscheinlich bestand
die Nahrung dieser kleinen,, ältesten
^ Säuger, die gewiß als Landbewohner
anzusprechen sind, hauptsächlich aus
Wirbellosen, aus Insekten, Schnecken,
Würmern und dergl. wie bei unseren
heutigen kleinen Insektenfressern.
Die mit den Vorderzähnen ergriffene
Beute wurde jedenfalls mit den Backzähnen
gekaut. War sie zu groß für
einen Bissen, so konnte sie wohl mit
14 den vorderen Backzähnen zerschnitten
werden. Denn diese waren bei
vielen Formen auffallend groß. Die
hinteren Backzähne konnten dann
m it ihren scharfen Spitzen und
Kanten den nicht zu starken Chitinpanzer
Fig. 12. Dromatherium sylvestre (Prolotheria), Trias, Nordkarolina. Unterkiefer
(ergänzt), Fig. 13. Phascolotherium (Triconodonta), unterer Jura,
England. Unterkiefer (ergänzt). Fig. 14. Phascolestes (Pantotheria), oberer
Jura, England. Unterkiefer (ergänzt). J Schneidezähne, C Eckzahn, P Prämo-
. laren, M Molaren. (Alle Figuren sehr stark vergrößert.)
der gekauten Insekten zerbrechen und die Weichteile zerreißen. Die so zwischen den
scharfen Sägezähnen der Triconodonten oder den kantigen und zackigen Stempeln der Pantotheria
zerkauten Bissen gelangten dann in breiartigem Zustand in den Magen.
Im Gegensatz zu einfachen Fangzähnen waren die als „Kauzähne“ dienenden hinteren Backzähne
zu kräftigem Kauen befähigt, und zwar dadurch, daß ihre Kronen mehrspitzig und ihre
Wurzeln getrennt waren. Als „Kauen“ muß bei den Tetrápoda jede Bearbeitung des in den Rachen
aufgenommenen Nahrungsbissens zwischen den oberen und unteren B ackzähnen bezeichnet werden.
Der Zweck des Kauens ist aber oft nur der, einzelne schwer verschlingbare Bissen durch Quetschen
zwischen den Zähnen in eine geeignete schluckgerechte Form zu bringen, wobei auch harte widerspenstige
Teile wie z. B. Knochen oder Kalkschalen zerbrochen werden können. Solches unechte
Kauen ist oft bei Reptilien zu, beobachten, so bei Krokodilen und vielen Eidechsen. Es genügt
dazu ein Gebiß mit etwas abgestumpften Fangzähnen.
Das echte Kauen bewirkt aber eine Zerkleinerung der einzelnen Nahrungsbissen durch länger
fortdauerndes Zerreißen oder Zerdrücken ihrer Gewebe zwischen den Zähnen zu dem Zwecke, ihre
Verdaulichkeit dadurch zu befördern. Einspitzige Fangzähne sind zum richtigen Kauen nicht geeignet,
da damit die Gewebe n ur an einzelnen Stellen durchbohrt, nicht in kleine Teile zerrissen werden
können. Echtes Kauen ist nur möglich zwischen Zähnen, deren Kronen mehrspitzig sind oder eine
verbreiterte Mahlfläche besitzen.
Bei den jurassischen Pantotheria geschieht das Kauen ursprünglich nur mit hohen mehrspitzigen
Zähnen ohne Mahlfläche (Fig. 17, S. 36). Sie wirken nicht direkt auf einander, da sie alternierend
stehen, sondern die Kronen einer Zahnreihe greifen nur in die Lücken zwischen den Kronen,
der gegenüberstehenden Zahnreihe. Dabei wird ein zwischen die beiden Reihen geschobener Bissen
einige Zeit hindurch immer wieder von den mehrspitzigen Zahnkronen, die wie kurzzackige Gabeln
wirken, gefaßt und in die Lücken zwischen den gegenüberstehenden scharfrandigen Zähnen gepreßt.
E r wird dadurch zerbrochen oder zerschnitten, nicht bloß durchbohrt wie bei einspitzigen Fangzähnen.
Da sowohl die oberen wie die unteren Zähne gleichzeitig den Bissen in dieser Weise angreifen, so werden
seine einzelnen Teile in entgegengesetzter Richtung geschoben und seine so gekauten Gewebe werden,
seien sie h a rt oder weich, vielfach gebrochen und zerrissen. Das ist die ursprünglichste Form des
echten Kauens, wie sie sich bei den ältesten Säugetieren findet. Dabei wirken die beiden Zahnreihen
nur in vertikaler Richtung gegen einander, ohne sich in nennenswerter Weise seitlich gegen einander
zu verschieben. Die Kauflächen dieser Zähne stellen keine Mahlflächen dar. Die geringe seitliche
Verschiebung, deren die Kiefer fähig sind, dient nur zu dem Zweck, daß die dadurch genäherten
scharfen R änder der Zahnkronen m iteinander eine scherende Wirkung ausüben können. Mahlflächen
entstehen bei Säugetieren erst auf den Kauflächen von höher entwickelten Zähnen, die beim Kauen
direkt aufeinander treffen.
5. Die Zahnwurzeln.
Die Gestalt der Kronen an den Backzähnen der ältesten Säugetiere zeigt, daß sie zum
Kauen befähigt waren. Daß sie aber zu kräftigem und andauerndem Kauen bestimmt waren,
das beweisen ihre getrennten, langen Wurzeln, mit denen jeder von ihnen tief in den Kieferknochen
eingelassen war.
Das Vorhandensein von zwei oder mehr getrennten Wurzeln an den Backzähnen ist eines der
Merkmale, durch das sich Säugetiere mit Sicherheit unterscheiden lassen von Reptilien, die stets nur
einwurzelige Backzähne besitzen (mit Ausnahme von wenigen hochspezialisierten Dinosauriern). Die
Eigenschaft ihrer Backzähne, mit mehreren Wurzeln in den Kieferknochen befestigt zu sein, mag
zunächst nur als ein nebensächliches Merkmal der Säugetiere erscheinen. Denn seine größte wissenschaftliche
Bedeutung bestand bisher darin, daß es das einzige Merkmal war, welches den sicheren
Schluß erlaubte, daß gewisse, in mesozoischen Gesteinen gefundene kleine Kieferchen von Säugetieren
stammen und nicht von Reptilien. Andere Merkmale, die sie ebenfalls mit voller Sicherheit
als Säugetiere hätten erkennen lassen, wie etwa das Fehlen von Knochennähten im Unterkiefer,
sind oft sehr schwierig festzustellen.
Zoologien. H e ft 71.