wenigstens während einer Reihe von Jahren. Wann dieser Geruch schließlich verschwunden ist, läßt
sich nicht mehr feststellen. Er wurde nicht mehr beobachtet, und da kein besonderer Wert auf diese
Beobachtung gelegt wurde, so wurde auch der Zeitpunkt des Verschwindens nicht im Gedächtnisse
behalten. Ungefähr läßt sich darüber folgendes angeben: der Geruch wurde zuerst beobachtet, als
der junge Mann größerer Schüler war, scheinbar wurde er zuletzt gegen, das Ende der zwanziger
Jahre bemerkt, er kann aber auch noch länger bestanden haben. Dieser Geruch war dem Betreffenden
so angenehm, daß er zu den Zeiten, wo derselbe auftrat, gerne an der Haut roch, und ihn auch
eventuell zu erzeugen versuchte. Hieraus folgte dann wieder, daß er, wenn die Umstände günstig
zu sein schienen, untersuchte, ob der Geruch wieder aufgetreten sei. Dieser Geruch verschwand
wieder, sobald die erwähnten äußeren Umstände sich änderten, bestand also immer nur kurze Zeit.
Unter anderen Verhältnissen, als den angegebenen, wurde dieser Geruch niemals beobachtet. Das
war eben auch der Grund, warum diese Beobachtung als etwas ganz Besonderes dem Betreffenden
auffiel und in seinem Gedächtnisse haften blieb. Es war übrigens ein Geruch, der mit nichts anderem
zu vergleichen war, der daher auch kaum zu beschreiben ist. Ob dieser Geruch unter ähnlichen Umständen
auch bei anderen Menschen auftrat, wurde nicht beobachtet, da der junge Mann damals
an einer solchen Feststellung kein Interesse hatte. Eine dieser genau entsprechende Beobachtung ist
mir von einem jungen Mädchen bekannt geworden.
Diese beiden Beispiele zeigen deutlich, wie veränderlich die Sekrete der Schweißdrüsen je nach
den Umständen sein können. Daß das Sekret der Hautdrüsen unter verschiedenen Umständen nicht
nur quantitativ, sondern auch qualitativ sehr verschieden sein kann, steht also nach dem bisher Gesagten
jedenfalls außer Zweifel, und daß es nach beiden Richtungen hin durch das Nervensystem
beeinflußt werden kann, ist sehr wahrscheinlich.
Aus dem soeben über die Funktion der Schweißdrüsen Mitgeteüten geht hervor, daß sowoh l
die a-Drüsen wie die e-D rüsen als „D u ftd rü sen “ anzusehen sind und daß b e id e auch
g e s c h le c h tlich -r e iz e n d wirkende D ü ft e e rzeugen können. E benso wird wohl sich er
der „R a ssengeru ch“ und der „ In d iv id u a lg e ru ch “ von beiden erzeugt. Bei den m e isten
S äu g etier en kommen ja fast nur die a-Drüsen in Betracht, doch gibt es auch bei ihnen Hautdrüsenorgane,
in denen die e-Drüsen überwiegen, bei den Pr im a ten dagegen, und namentlich beim Mens
ch en , beide Drüsenarten und in zunehmendem Maße die e-Drüsen. Auch fe ttb e r e ite n d sind
a u g en sch e in lich b e id e D rüsena r ten. Dagegen sind die e -D rüsen diejenigen Organe, welche
die Fähigkeit der sta rk en W a sserabson deru ng besitzen, und das erzeugen, was man für gewöhnlich
unter Schweiß versteht. Sie kommen daher auch im wesentlichen als die „wärmer
egu lie ren d en “ Organe in B e tra ch t. Wenn man, wie beim Pferde, findet, daß auch die
a-Drüsen ein verhältnismäßig wasserreiches Sekret absondem, das zur Wärmeregulierung dienen
kann, so ist das eine Ausnahme, welche auf besondere, uns noch unbekannte Bauverhältnisse dieses
Tieres zurückgeführt werden muß. Wahrscheinlich ist die so zustande gekommene Wärmeregulierung
aber doch nicht so vollkommen, als wenn das Pferd mit e-Drüsen versehen wäre. Wie ich oben schon
ausführlicher besprochen habe, is t d ie se wärmeregulierende F u n k tion der e-Drüsen für die
P r im a ten und n am en tlich für den Menschen von sehr w e sen tlich e r B ed eu tun g.
Ich will jetzt noch kurz auf einen ändern Punkt eingehen, der nach Untersuchungen der letzten
Zeit ebenfalls nicht unwichtig zu sein scheint. Schwalbe (1914) und Fahrenholz (1914) haben sich
im selben Jahre mit der Bedeutung der äußeren P a r a s iten für die Phylogenie der Säugetiere und
des Menschen beschäftigt. Da diese äußeren Parasiten auf der Haut leben, so liegt es sehr nahe,
anzunehmen, daß auch die Hautdrüsen für ihr Vorkommen von Bedeutung sind. Nach den Ergebnissen
der eben genannten beiden Forscher läßt sich das allerdings zunächst noch nicht annehmen.
Näher scheint es nach diesen zu liegen, daß das Vorkommen der Läuse, um solche allein handelt es
sich und zwar hauptsächlich wieder um Kleiderläuse, von der Beschaffenheit des Blutes abhängig ist.
Das Blut der verschiedenen Menschenrassen scheint so verschieden zu sein, daß die Läuse es nicht
vertragen können und zugrunde gehen, wenn sie auf Individuen einer ändern Rasse hin sich verirrt
haben. Nach den Untersuchungen von Fahrenholz handelt es sich übrigens bei diesen verschiedenen
Rassenläusen nicht um verschiedene Arten, sondern um Varietäten. Wenn der durch die Drüsensekrete
erzeugte Geruch der Haut diesen Parasiten unangenehm sein würde, so würden sie voraussichtlich
überhaupt nicht Individuen von fremden Rassen bekriechen. Das ist aber der Fall, sie
scheinen dann aber nach kurzer Zeit zugrunde zu gehen. Allerdings wäre ja immer die Annahme noch
möglich, daß das Drüsensekret auf sie giftig wirke, so daß sie infolge dessen nach kurzer Zeit, nach
einigen Tagen, wie es scheint, zugrunde gehen. Das müßte noch näher untersucht werden, liegen
doch überhaupt von diesen Parasitenuntersuchungen nur die ersten Anfänge vor.
Hierhin gehört auch eine ganz vor kurzem erschienene Arbeit von Frickhinger (1916) über das
Geruchsvermögen der K le id e r lau s. Er hat eine ganze Reihe von chemisch stark riechenden
Mitteln erprobt und ist zu dem Ergebnisse gekommen, daß dieselben bei der Kleiderlaus eine wahrnehmbare
Geruchsempfindung nicht auslösten. Ebenso wurden tierische Gerüche untersucht, aber
auch hier schien die Kleiderlaus den verschiedensten Tieren gegenüber, wie Pferden, Meerschweinchen,
Mäusen, Ratten, keinerlei wahrnehmbare Geruchsempfindung zu besitzen. Was den Menschen anbetraf,
so schien es nach den Versuchen, daß es wohl nicht so sehr der einfache menschliche Hautgeruch, ist,
welcher die Läuse anlockt, als vielmehr eine bestimmte optimale Wärme und der menschliche Schweißgeruch
zusammen. Die Kleiderlaus bevorzugt eine bestimmte Wärme, etwa 20—-25 Grad. Schweißgeruch
mit starker Temperaturerhöhung scheint auf die Kleiderlaus abschreckend zu wirken. Hierin
erblickt Frickhinger eine Möglichkeit, die Tatsache zu erklären, daß die Läuse stark fiebernde Menschen
verlassen, um sich ein neues Opfer zu suchen. Es wurde sodann untersucht, wie der Schweißgeruch
verschiedener Menschen auf die Läuse ein wirkt. Hierbei ergab sich das sehr interessante Resultat,
daß der Schweiß einer Versuchsperson (es konnten nur drei Personen benutzt werden) die
Läuse deutlich anlockte, bei einer zweiten Versuchsperson waren die Ergebnisse schwankend, der
Schweiß wirkte auf die Läuse bei weitem nicht so anreizend wie der der ersten Person. Bei den Versuchen
mit der dritten Person endlich versagten die Läuse immer, sie schienen hier direkt durch den
Schweißgeruch abgeschreckt zu werden. Frickhinger betont dann, daß die gewonnenen Ergebnisse
sich mit den Erfahrungen der Praxis gut in Einklang bringen lassen. Man hat aus dem Felde oft
mitgeteilt, daß gewisse Menschen sehr rasch verlausen, während andere wieder durch Wochen hindurch
mitten unter Verlausten waren, ohne jemals von Läusen belästigt zu werden. Man muß danach
also annehmen, daß gewisse Menschen durch ihren Schweißgeruch die Läuse anlocken, andere aber
sich als indifferent erweisen oder die Läuse sogar durch ihren Geruch direkt abstoßen. Frickhinger
kommt daher zu dem Ergebnisse, daß die Kleiderlaus mit ihrem Geruchssinne wohl imstande ist,
die Nähe bestimmter Menschen wahrzunehmen. Es scheint mir aus dem eben Mitgeteilten hervorzugehen,
daß die Kleiderlaus mit einem sehr engbegrenzten Geruchsvermögen ausgestattet ist, welches
aber für ihre besonderen Lebensbedingungen ausreicht. Vielleicht ist diese Beschränkung sogar für
sie von Vorteil, da sie durch andere Gerüche, welche dem Menschen oder seiner Kleidung anhaften,
nicht abgestoßen werden kann, sondern nur auf den spezifisch menschlichen Geruch reagiert.
Zoologiea. Heft 78.