
 
		In   all  diesen  Fällen  handelt  es  sich  um  relativ  alte  Embryonen.  Bei  jungen  Feten,  wie  
 sie  d e   B u r l e t   und  ich  untersucht  haben,  sind  Rudimente  von  Nasenrachengängen  nicht  nachzuweisen. 
   E rst  relativ  spät  kommt  es  zu den von den genannten Autoren beschriebenen  Epitheleinsenkungen  
 und  zwar offenbar  ganz  unabhängig von  den Skeletteilen,  die  sonst mit diesen Gängen  
 in  Beziehung  treten.  Diese  A rt  der  Entwicklung  erinnert  etwas  an  die  selbständige  Formbildung  
 von Teilen des Integumentes, deren funktionelles V erhältnis zu bestimmten Organen durch Mißbildung  
 verloren gegangen ist.  So bildet sich z. B. bei Säugetieren, bei denen es infolge von Großhirndefekten  
 zum Zyklopismus  gekommen  ist,  zuweilen  ein  häutiger Rüssel  in  der  Medianebene,  obgleich  dann  
 •Nasenknorpel  und  äußere  Nasenöffnungen  oft  vollkommen  fehlen. 
 Die  Existenz  eines  Jacobsonschen  Organs  war  bei  Cetaceen  bisher  noch  nicht  einwandfrei  
 festgestellt worden.  D e  B u r l e t   (1914,  1)  beschreibt  bei  Balaenoptera  eine  Bildung,  die  „an   das  
 Jacobsonsche  Organ  dort,  wo  es  mit  der  Nasenhöhle  in  Verbindung  ist,  erinnert“ .  Nachdem  der  
 starke,  nach  oben  gerichtete  bindegewebige Wulst,  der  dem  vorderen  Nasenlumen  der  Bartenwale  
 das  charakteristische  fl  förmige  Qerschnittsbild  gibt,  nach  hinten  zu  allmählich  am  Septum  verstrichen  
 ist,  bleibt  als  letzter Rest  eine Rinne  oder Kerbe  in der  Schleimhaut  zwischen  Septum und  
 einer  Leiste,  die  als  kaudale  Fortsetzung  des  „Gipfels  dieses Wulstes“  aufzufassen  ist. 
 Ich  möchte  hier  nochmals  darauf  hinweisen,  daß  meines  Erachtens  die  L a g e   des  von  d e  
 B u r l e t   beschriebenen Gebildes nicht ohne weiteres als Beweis gegen dessen Homologie als Organon  
 Jacobsoni  angeführt  werden  darf.  Denn  wenn  auch  die  von M i h a l k o v i c s   (1899)  aufgestellte  
 strengere Definition des Organs und die Feststellung seiner Genese,  „als einer Ausstülpung des Nasenhöhlenepithels  
 in  den  v e n t r a l e n   Teil  des  medialen  Nasenfortsatzes“  für  die  Mehrzahl  aller  
 untersuchten  Säugetiefembryonen  richtig  zu  sein  scheint,  so  dürfen  wir  nicht  vergessen,  daß  das  
 so s tark modifizierte und vergrößerte Nasenseptum der Cetaceen sicherlich nicht in seiner Gesamtheit  
 der  Nasenscheidewand  anderer  Arten  homolog  ist.  Ich  halte  es  für  recht  wahrscheinlich,  daß  die  
 häutigen  Teile  der  Pars  respiratoria  bei  Walen  bedeutend  nach  oben  verlagert  wurden,  während  
 die  konservativeren  Elemente  des  Skelett-  und  Nervensystems  in  ihrer  ursprünglich  ventralen Lage  
 verblieben  sind.  Weiter  unten  werde  ich  noch  einige  Tatsachen  anführen,  die  sich  bei  der  Untersuchung  
 des Megaptera^Embiyo  IX   ergeben haben,  und die  als Beweise  für die  eben  ausgesprochene  
 Annahme  dienen  können. 
 Immerhin war es noch sehr zweifelhaft, ob die  von  d e   B u r l e t   beschriebene Schleimhautkerbe  
 wirklich  als  Anlage  eines  später  wieder  verschwindenden  Jacobsonschen Organs  anzusehen  sei,  da  
 sich doch ähnliche Bildungen leicht ganz mechanisch infolge Schrumpfung w ährend der Konservierung  
 bilden können,  so nicht nur in der Nase, sondern z. B.  sehr häufig  auch an den Epithelien des inneren  
 Ohres.,  An  dem von mir  zuerst untersuchten Embryo V  (Modell)  war überdies  eine derartige Rinne  
 oder  Kerbe  nicht  aufzufinden,  da  der  erwähnte  bindegewebige  Wulst  hier  kaudal  ganz  g la tt  ins  
 Septum  überging. 
 Ich habe schon früher berichtet, daß die Untersuchung des  Embryo IX   d e   B u r l e t s  Annahme  
 doch noch bestätigt ha t.  Am  Nasenseptum  des  Embryo  IX   zeigt  s ic h . eine völlig  entsprechende  
 Bildung,  nämlich  eine  Rinne  oder  Kerbe  in  der  Schleimhaut,  d i e   s i c h   a b e r   h i e r   a u f   
 e i n i g e n   S c h n i t t e n   d o r s a l s c h l i e ß t ,   s o  d a ß   w i r   e i n   v o l l s t ä n d i g e s   
 e p i t h e l i a l e s   R o h r   b e o b a c h t e n   k ö n n e n .   Die Fig. 24 zeigt diese Bildung, die natürlich  
 kein Kunstprodukt  sein kann,  selbst wenn man davon absieht,  daß  beim Embryo  IX   im  Gegensatz  
 zum  Stadium  V  die  Epithelien  ausgezeichnet  erhalten  sind. 
 Nunmehr halte ich es freilich für ganz sicher, daß wir es mit einem typischen Jacobsonschen Organe  
 zu  tu n   haben,  das — nach  der  Terminologie  von M i h a l k o l v i c s   —  hier  sogar in  seiner  „vollkommenen“ 
   Form  vorliegt.  In   dieser  Anschauung  bestärken  mich  wesentlich  noch  zwei  Punkte,  
 nämlich  erstens  das  Auftreten  der  noch  zu  besprechenden  Cartilágines  paraseptales  (Cartilágines  
 Jacobsoni)  und  ferner  der  Verlauf  der  von  mir  als  
 Nervi  septi  narium  gedeuteten,  zum Nervus  spheno-  
 palatinus  gehörigen  Nervenstränge. 
 !  IX,  Objekttr. 184.  Vergr.  100:4. 
 Daß  sich  hier  die  Jacobsonschen  Organe  nicht  
 wie sonst nach  Art einer Drüse  anlegen,  wie dies  etwa  
 S e y d  e 1  (1899)  beschrieben  ha t,  sondern  durch  
 Tiefersinken  einer  epithelialen  Rinne  entstehen  (also  
 etwa  entsprechend  der  Bildung  einer  Zahnleiste),  ist  
 auch  für  andere  Säugetiere  nachgewiesen  worden. 
 Ähnliches  läßt  sich  nach  G a r n a u l t   bei  der  R atte   
 und  nach Mi h a l k o v i c s   bei  Katzen  und  Eichhörnchen  
 beobachten.  Die  Genese  des  Organs  bei  Bartenwalen  
 ist  also  durchaus  nicht  ungewöhnlich. 
 Wenn wir je tz t unsere bisherigen Betrachtungen nochmals überschauen,  so können wir  sagen,  
 daß die beiden für die Auffassung der basalen Knorpel so wichtigen Gebilde, nämlich die Stensonschen  
 Gänge  und  das  Jacobsonsche  Organ,  beide  zweifellos  in  der  Ontogenese  noch  nachweisbar  sind  und  
 daß  ferner  aus  der  zeitlichen  Aufeinanderfolge  ihres  Auftretens  der  Schluß  gezogen  werden  darf,  
 daß die Stensonschen Gänge sich in der Stammesgeschichte viel länger erhalten haben,  als das  Jacobsonsche  
 Organ.  Somit haben wir  auch  hier  zu  erwarten,  daß  die Knorpel  der  Stensonschen  Gänge  
 (Cartilágines ductus nasopalatini) sich länger erhalten haben, als die sonst zur Stütze der Jacobsonschen  
 Organe  dienenden Cartilágines  paraseptales.  Es  handelt  sich  je tz t  nur  noch  darum,  die  theoretisch  
 anzunehmenden  und  höchst  wahrscheinlich  vorhandenen  Cartilágines  ductus  nasopalatini  morphologisch  
 zu isolieren.  Wenn wider  alles Erwarten  auch diese Knorpel  aus der Ontogenese des Bartenwalschädels  
 verschwunden  sein  sollten,  so  könnten  die  langen  paraseptalen  Spangen,  zu  deren  
 Betrachtung  wir  jetzt  wieder  zurückkehren,  nur  enorm  verlängerte  und  nach  vom  ausgezogene  
 Laminae transversales darstellen.  Dann freilich müßte ein (oraler) Übergang ins Septum nachgewiesen  
 werden.  Bei  Balaenoptera  konnte  d e   B u r l e t   (1914,  1)  nicht  feststellen,  wie  weit  die  Spange  
 oral  reicht  und  ob  sie  ins  Septum-übergeht,  da  ihm  einige  Schnitte verloren gegangen waren.  Ging  
 die  Spange wirklich ins Septum über, wie  es  d e   B u r l e t   für möglich hielt,  so konnte  sie natürlich  
 nur  als  Lamina  transversalis  anterior  aufgefaßt  werden. 
 Es  war  aber  nach  allen  ändern  Befunden  viel  wahrscheinlicher,  daß  die  Cartilágines  ductus  
 nasopalatini doch vorhanden wären.  Dann sind sie im oralen Ende der Spangen enthalten, und deren  
 kaudaler  Teil  ist  als  Nasenseitenwand  +   einem  Teil  der  Lamina  transversalis  anterior  aufzufassen.  
 Eine  Verschmelzung  der  oralen  Teile  der  Spange  niit  dem  Septum  ist  auch  in  der  Tat  nirgends  
 nachzuweisen. 
 Unsere  Aufgabe  ist  es  jetzt,  den  hypothetisch  postulierten  Knotenpunkt  von  Lamina  transversalis  
 anterior und Cartílago ductus nasopalatini nachzuweisen.  Da diese Gebilde beim Embryo V  
 und  auch  bei  jüngeren  Stadien  architektonisch  völlig  homogen  ineinander  übergehen  (wie  Tafelfig.  
 1  und 2 zeigen), so müssen wir sehen, ob nicht  bei  älteren Embryonen noch weitere Reste  vorhanden 
 Zoologica.  H e it  69.